Historisches
Alzheimer A.,Über eine eigenartige Erkrankung der Hirnrinde.Allgemeine
Zeitschrift fur Psychiatrie und Psychisch-gerichtliche Medizin. 64:146-8, 1907.
1906 stellte A. Alzheimer seinen Fall vor: "Bei der Frau machte sich eine
rasch zunehmende Gedächtnisschwäche bemerkbar, sie fand sich in ihrer Wohnung
nicht mehr zurecht, schleppte die Gegenstände hin und her, versteckte sie,
zuweilen glaubte sie, man wolle sie umbringen und begann laut zu schreien." Für
viele seiner Kollegen war dies ein weiterer Fall des "Alterschwachsinns" - eine,
wie man damals glaubte, zwingende Folge des Älterwerdens. Aber Alzheimer stellte
die These auf, dass es sich hierbei um eine Krankheit handelt und nicht um einen
natürlichen Alterungsprozess. Was damals als revolutionäre Hypothese galt, ist
längst bittere Wahrheit geworden.
Die Zusammenfassung in Alzheimers
Artikel
A. berichtet über einen Krankheitsfall, der in der Irrenanstalt in Frankfurt
a. M. beobachtet und dessen Zentralnervensystem ihm von Herrn Direktor Sioli zur
Untersuchung überlassen wurde. Er bot schon klinisch ein so abweichendes Bild,
dass er sich unter keiner der bekannten Krankheiten einreihen ließ, anatomisch
ergab er einen von allen bisher bekannten Krankheitsprozessen abweichenden
Befund.
Eine Frau von 51 Jahren zeigte als erste auffällige Krankheitserscheinung
Eifersuchtsideen gegen den Mann. Bald machte sich eine rasch zunehmende
Gedächtnisschwäche bemerkbar, sie fand sich in ihrer Wohnung nicht mehr zurecht.
schleppte die Gegenstände hin und her, versteckte sie, zuweilen glaubte sie, man
wolle sie umbringen and begann laut zu schreien. In der Anstalt trug ihr ganzes
Gebaren den Stempel völliger Ratlosigkeit. Sie ist zeitlich und örtlich gänzlich
desorientiert. Gelegentlich, macht sie Äußerungen, dass sie alles nicht
verstehe, sich nicht auskenne.. Den Arzt begrüßt sie bald wie einen Besuch und
entschuldigt sich, dass sie mit ihrer Arbeit nicht fertig sei, bald schreit sie
laut, er wolle sie schneiden, oder sie weist ihn voller Entrüstung mit
Redensarten weg, welche andeuten, dass sie von ihm etwas gegen ihre Frauenehre
befürchtet. Zeitweilig ist sie völlig delirant, schleppt ihre Bettstücke umher,
mit ihren Mann and ihre Tochter und scheint Gehörshalluzinationen zu haben. Oft
schreit sie viele Stunden lang mit gräßlicher Stimme. Bei der Unfähigkeit. eine
Situation zu begreifen, gerät sie jedesmal in lautes Schreien, sobald man eine
Untersuchung an ihr vornehmen will. Nur durch immer wiederholtes Bemühen gelang
es schließlich, einiges festzustellen.
Ihre Merkfähigkeit ist aufs schwerste gestört. Zeigt man ihr Gegenstände. so
benennt sie dieselben meist richtig. gleich darauf aber hat sie alles wieder
vergessen. Beim Lesen komm sie von einer Zeile in die andere, liest
buchstabierend oder mit sinnloser Betonung; beim Schreiben wiederholt sie
einzelne Silben vielmals, lässt andere ans und versandet überhaupt sehr rasch.
Beim Sprechen gebraucht sie häufig Verlegenheitsphrasen, einzelne paraphrasische
Ausdrücke (Milchgießer statt Tasse), manchmal beobachtet man ein Klebenbleiben.
Manche Fragen fasst sie offenbar nicht auf. Den Gebrauch einzelner Gegenstände
scheint sie nicht mehr zu wissen. Die Gang ist ungestört, sie gebraucht ihre
Hände gleich gut. Die Patellarreflexe sind vorhanden. Die Pupillen reagieren.
Etwas rigide Radialarterien, keine Vergrößerung der Herzdämpfung, kein Eiweiß.
Im weiteren Verlaufe treten die als Herdsymptome zu deutenden Erscheinungen
bald stärker, bald schwächer hervor. Immer sind sie nur leicht. Dagegen macht
die allgemeine Verblödung Fortschritte. Nach 4 1/2 jähriger Krankheitsdauer
tritt der Tod ein. Die Kranke war schließlich völlig stumpf, mit angezogenen
Beinen zu Bett gelegen, hatte unter sich gehen lassen und trotz aller Pflege
Decubitus bekommen.
Die Sektion ergab ein gleichmäßig atrophisches Gehirn ohne makroskopische
Herde. Die größeren Hirngefäße sind arteriosklerotisch verändert. An Präparaten.
die mit der Bielschowskyschen Silbermethode angefertigt sind, zeigen sich sehr
merkwürdige Veränderungen der Neurofibrillen. Im Innern einer im übrigen noch
normal erscheinenden Zelle treten zunächst eine oder einige Fibrillen durch ihre
besondere Dicke und besondere Imprägnierbarkeit stark hervor. Im weiteren
Verlauf zeigen sich dann viele nebeneinander verlaufende Fibrillen in der
gleichen Weise verändert. Dann legen sie sich zu dichten Bündeln zusammen und
treten allmählich an die Oberfläche der Zelle. Schließlich zerfällt der Kern und
die Zelle, und nur ein aufgeknäueltes Bündel von Fibrillen zeigt den Ort, an dem
früher eine Ganglienzelle gelegen hat.
Da sich diese Fibrillen mit anderen Farbstoffen färben lassen als normale
Neurofibrillen, muß eine chemische Umwandung der Fibrillensubstanz stattgefunden
haben. Diese dürfte wohl die Ursache sein, daß die Fibrillen den Untergang der
Zelle uberdauern. Die Umwandlung der Fibrillen scheint Hand in Hand zu gehen mit
der Einlagerung eines noch nicht näher erforschten pathologischen
Stoffwechselproduktes in die Ganglienzelle. Etwa 1/4 bis 1/3 aller
Ganglienzellen der Hirnrinde zeigt solche Veränderungen. Zahlreiche
Ganglienzellen, besonders in den oberen Zellschichten. sind ganz verschwunden.
Über die ganze Rinde zerstreut, besonders zahlreich in den oberen Schichten,
findet man miliare Herdchen, welche durch Einlagerung eines eigenartigen Stoffes
in die Hirnrinde bedingt sind. Er läßt sich schon ohne Färbung erkennen. ist
aber Färbungen gegenüber sehr refraktär. Die Glia hat reichlich Fasern gebildet,
daneben zeigen viele Gliazellen große Fettsäcke. Ein Infiltration der Gefäße
fehlt völlig. Dagegen sieht man an den Endothelien Wucherungserscheinungen,
stellenweise auch eine Gefäßneubildung.
Alles in allem genommen haben wir hier offenbar einen eigenartigen
Krankheitsprozess vor uns. Solche eigenartigen Krankheitsprozesse haben sich in
den letzten Jahren in größerer Anzahl feststellen lassen. Diese Beobachtung wird
uns nahe legen müssen, dass wir uns nicht damit zufrieden geben sollen, irgend
einen klinisch unklaren Krankheitsfall in eine der uns bekannten
Krankheitsgruppen unter Aufwendung von allerlei Mühe unterzubringen. Es gibt
ganz zweifellos viel mehr psychische Krankheiten, als sie unsere Lehrbücher
aufführen. In manchen solchen Fällen wird dann eine spätere histologische
Untersuchung die Besonderheit des Falles feststellen lassen. Dann werden wir
aber auch allmählich dazu kommen, von den großen Krankheitsgruppen unserer
Lehrbücher einzelne Krankheiten klinisch abzuscheiden und jene selbst klinisch
schärfer zu umgrenzen.
Auszug aus der
Krankengeschichte von Auguste D, der Patientin bei der der Nervenarzt Alois
Alzheimer das Krankheitsbild als erstes vor etwa 100 Jahren diagnostizierte.
Zu Mittag
ißt Auguste D. Blumenkohl und Schweinefleisch. »Was essen Sie?«
»Spinat! «
Sie kaut das Fleisch.
»Was essen Sie jetzt?«
»Ich esse erst Kartoffeln und dann Meerrettich.«
Dr. Alzheimer zeigt ihr nochmals mehrere Gegenstände. Nach kurzer Zeit
weiß sie nicht mehr, was man ihr gezeigt hat. Dazwischen spricht sie immer
wieder von »Zwillingen«.
»Schreiben Sie >Frau Auguste D.<«
Sie schreibt »Frau«, das andere hat sie inzwischen vergessen.
Sagt man ihr jedes einzelne Wort, so schreibt sie es hin. Anstelle
von »Auguste« schreibt sie »Auguse«.
Am Abend spricht sie viel flüssiger. Sie verwendet dabei Worte, die einen
Gedanken nicht richtig wiedergeben, und zeigt ein krankhaftes Festhalten an
einer einmal gefaßten Vorstellung. Dr. Alzheimer ist zufrieden mit dem
Ergebnis seiner Erstuntersuchung. Daß eine Patientin während des Schreibens
ihren Namen vergißt, hat er bislang in seiner ärztlichen Laufbahn nicht
erlebt. Er bezeichnet ihr Verhalten als »amnestische Schriftstörung«
und beschließt, in den folgenden Tagen seine Untersuchungen an Auguste D.
fortzusetzen.»
»Welchen Namen hat Ihr Mann?«
»Mein Mann ist augenblicklich nicht da.«
»Wie heißt Ihr Mann?«
Die Antwort kommt auf einmal, schnell und als ob sie erwachte.
»August Wilhelm Karl; ich weiß nicht, ob ich das so angeben kann.«
»Was ist Ihr Mann?«
»Kanzlist - ich bin so verkehrt - so verkehrt - ich kann nicht.«
»Wie lange sind Sie schon hier?«
»Zwei Tage wohl . . «
»Wo sind Sie hier?« |
28. November
1901 Auguste D. ist ständig ratlos und ängstlich. Sie sagt immer
wieder:
»Ich will mich nicht schneiden lassen«, dabei verhält sie sich wie blind,
geht herum, tastet anderen Kranken ins Gesicht und bekommt dafür Schläge von
ihren Mitpatienten. Fragt man sie, was sie macht, sagt sie: »Ich muß Ordnung
machen.«
»Wo sind Sie hier?«
»Im Augenblick; ich habe vorläufig wie gesagt, Mittel habe ich nicht. Man
muß sich eben - ich weiß selbst nicht - ich weiß gar nicht - ach liebe Zeit,
was soll denn?«
»Wie heißen Sie?«
»Frau D. Auguste! «
Wann sind Sie geboren?«
»Achtzehnhundert und . . .«
»In welchem Jahr sind Sie geboren?«
»Dieses Jahr, nein, vergangenes Jahr.«
»Wann sind Sie geboren?«
»Achtzehnhundert - ich weiß nicht . . .«
»Was habe ich Sie gefragt?«
»Ach, D. Auguste . .«
»Haben Sie Kinder?«
»Ja, eine Tochter. «
»Wie heißt sie?«
»Thekla! «
»Wie alt ist sie?«
»Sie ist verheiratet in Berlin, Frau Wilke.«
»Wo wohnt sie?«
»Wir wohnen in Cassel! «
»Wo wohnt Ihre Tochter !«
»Waldemarstraße -nein, anders . . .«
»Wie heißt Ihr Mann?« |
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Karl C. Mayer |
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