Depression Seite 5
Zur Einteilung und Terminologie:
Definition nach dem ICD 10 Kapitel V
ICD-10 Homepage Affektive Störungen
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Dieser Block enthält Störungen deren Hauptsymptome in einer Veränderung der Stimmung oder der Affektivität entweder zur Depression - mit oder ohne begleitender Angst - oder zur gehobenen Stimmung bestehen. Dieser Stimmungswechsel wird meist von einer Veränderung des allgemeinen Aktivitätsniveaus begleitet. Die meisten anderen Symptome beruhen hierauf oder sind im Zusammenhang mit dem Stimmungs- und Aktivitätswechsel leicht zu verstehen. Die meisten dieser Störungen neigen zu Rückfällen. Der Beginn der einzelnen Episoden ist oft mit belastenden Ereignissen oder Situationen in Zusammenhang zu bringen. |
F32 Depressive Episode |
Bei den typischen leichten (F32.0), mittelgradigen (F32.1) oder schweren (F32.2 und F32.3) Episoden, leidet der betroffene Patient unter einer gedrückten Stimmung und einer Verminderung von Antrieb und Aktivität. Die Fähigkeit zu Freude, das Interesse und die Konzentration sind vermindert. Ausgeprägte Müdigkeit kann nach jeder kleinsten Anstrengung auftreten. Der Schlaf ist meist gestört, der Appetit vermindert. Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sind fast immer beeinträchtigt. Sogar bei der leichten Form kommen Schuldgefühle oder Gedanken über eigene Wertlosigkeit vor. Die gedrückte Stimmung verändert sich von Tag zu Tag wenig, reagiert nicht auf Lebensumstände und kann von so genannten "somatischen" Symptomen begleitet werden, wie Interessenverlust oder Verlust der Freude, Früherwachen, Morgentief, deutliche psychomotorische Hemmung, Agitiertheit, Appetitverlust, Gewichtsverlust und Libidoverlust. Abhängig von Anzahl und Schwere der Symptome ist eine depressive Episode als leicht, mittelgradig oder schwer zu bezeichnen. |
Inkl.: Einzelne Episoden von: - depressiver Reaktion - psychogener Depression - reaktiver Depression (F32.0, F32.1, F32.2) |
Exkl.: Anpassungsstörungen ) depressive Episode in Verbindung mit Störungen des Sozialverhaltens ) rezidivierende depressive Störung |
F32.0 Leichte depressive Episode zurück zum Seitenanfang |
Gewöhnlich sind mindestens zwei oder drei der oben angegebenen Symptome vorhanden. Der betroffene Patient ist im allgemeinen davon beeinträchtigt, aber oft in der Lage, die meisten Aktivitäten fortzusetzen. |
F32.1 Mittelgradige depressive Episode |
Gewöhnlich sind vier oder mehr der oben angegebenen Symptome vorhanden und der betroffene Patient hat meist große Schwierigkeiten, alltägliche Aktivitäten fortzusetzen. |
F32.2 Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome |
Eine depressive Episode mit mehreren oben angegebenen, quälenden Symptomen. Typischerweise bestehen ein Verlust des Selbstwertgefühls und Gefühle von Wertlosigkeit und Schuld. Suizidgedanken und -handlungen sind häufig und meist liegen einige somatische Symptome vor. |
Einzelne Episode einer agitierten Depression Einzelne Episode einer majoren Depression [major depression] ohne psychotische Symptome Einzelne Episode einer vitalen Depression ohne psychotische Symptome |
F32.3 Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen |
Eine schwere depressive Episode, wie unter F32.2 beschrieben, bei der aber Halluzinationen, Wahnideen, psychomotorische Hemmung oder ein Stupor so schwer ausgeprägt sind, dass alltägliche soziale Aktivitäten unmöglich sind und Lebensgefahr durch Suizid und mangelhafte Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme bestehen kann. Halluzinationen und Wahn können, müssen aber nicht, synthym sein. |
Einzelne Episoden: - majore Depression [major depression] mit psychotischen Symptomen - psychogene depressive Psychose - psychotische Depression - reaktive depressive Psychose |
F32.8 Sonstige depressive Episoden |
Atypische Depression Einzelne Episoden der "larvierten" Depression o.n.A. |
F32.9 Depressive Episode, nicht näher bezeichnet zurück zum Seitenanfang |
Depression o.n.A. Depressive Störung o.n.A. |
F33 Rezidivierende depressive Störung | |||
Hierbei handelt es sich um eine Störung, die durch wiederholte depressive Episoden (F32.-) charakterisiert ist. In der Anamnese finden sich dabei keine unabhängigen Episoden mit gehobener Stimmung und vermehrtem Antrieb (Manie). Kurze Episoden von leicht gehobener Stimmung und Überaktivität (Hypomanie) können allerdings unmittelbar nach einer depressiven Episode, manchmal durch eine antidepressive Behandlung mitbedingt, aufgetreten sein. Die schwereren Formen der rezidivierenden depressiven Störung (F33.2 und .3) haben viel mit den früheren Konzepten der manisch-depressiven Krankheit, der Melancholie, der vitalen Depression und der endogenen Depression gemeinsam. Die erste Episode kann in jedem Alter zwischen Kindheit und Senium auftreten, der Beginn kann akut oder schleichend sein, die Dauer reicht von wenigen Wochen bis zu vielen Monaten. Das Risiko, dass ein Patient mit rezidivierender depressiver Störung eine manische Episode entwickelt, wird niemals vollständig aufgehoben, gleichgültig, wie viele depressive Episoden aufgetreten sind. Bei Auftreten einer manischen Episode ist die Diagnose in bipolare affektive Störung zu ändern (F31.-). | |||
Inkl.:
Rezidivierende Episoden (F33.0 oder F33.1): |
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Exkl.: | Rezidivierende kurze depressive Episoden |
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F33.0 Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode | |||
Eine Störung, die durch wiederholte depressive Episoden gekennzeichnet ist, wobei die gegenwärtige Episode leicht ist (siehe F32.0), ohne Manie in der Anamnese. | |||
F33.1 Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode | |||
Eine Störung, die durch wiederholte depressive Episoden gekennzeichnet ist, wobei die gegenwärtige Episode mittelgradig ist (siehe F32.1), ohne Manie in der Anamnese. | |||
F33.2 Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome | |||
Eine Störung, die durch wiederholte depressive Episoden gekennzeichnet ist, wobei die gegenwärtige Episode schwer ist, ohne psychotische Symptome (siehe F32.2) und ohne Manie in der Anamnese. | |||
Endogene Depression ohne
psychotische Symptome Manisch-depressive Psychose, depressive Form, ohne psychotische Symptome Rezidivierende majore Depression [major depression], ohne psychotische Symptome Rezidivierende vitale Depression, ohne psychotische Symptome |
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F33.3 Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode mit psychotischen Symptomen zurück zum Seitenanfang | |||
Eine Störung, die durch wiederholte
depressive Episoden gekennzeichnet ist; die gegenwärtige Episode ist schwer, mit
psychotischen Symptomen (siehe F32.3), ohne vorhergehende manische Episoden.
Endogene Depression mit
psychotischen Symptomen |
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F33.4 Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert | |||
Die Kriterien für eine der oben beschriebenen Störungen F33.0-F33.3 sind in der Anamnese erfüllt, aber in den letzten Monaten bestehen keine depressiven Symptome. | |||
F33.8
Sonstige rezidivierende depressive
Störungen
F33.9 Rezidivierende depressive Störung, nicht näher bezeichnet |
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Monopolare Depression o.n.A. |
F34 Anhaltende affektive Störungen zurück zum Seitenanfang |
Hierbei handelt es sich um anhaltende und meist fluktuierende Stimmungsstörungen, bei denen die Mehrzahl der einzelnen Episoden nicht ausreichend schwer genug sind, um als hypomanische oder auch nur leichte depressive Episoden gelten zu können. Da sie jahrelang, manchmal den größeren Teil des Erwachsenenlebens, andauern, ziehen sie beträchtliches subjektives Leiden und Beeinträchtigungen nach sich. Gelegentlich können rezidivierende oder einzelne manische oder depressive Episoden eine anhaltende affektive Störung überlagern. |
F34.0 Zyklothymia |
Hierbei handelt es sich um eine andauernde Instabilität der Stimmung mit zahlreichen Perioden von Depression und leicht gehobener Stimmung (Hypomanie), von denen aber keine ausreichend schwer und anhaltend genug ist, um die Kriterien für eine bipolare affektive Störung (F31.-) oder rezidivierende depressive Störung (F33.-) zu erfüllen. Diese Störung kommt häufig bei Verwandten von Patienten mit bipolarer affektiver Störung vor. Einige Patienten mit Zyklothymia entwickeln schließlich selbst eine bipolare affektive Störung. |
Affektive
Persönlichkeit(sstörung)
Zykloide Persönlichkeit Zyklothyme Persönlichkeit |
F34.1 Dysthymia |
Hierbei handelt es sich um eine
chronische, wenigstens mehrere Jahre andauernde depressive Verstimmung, die weder schwer
noch hinsichtlich einzelner Episoden anhaltend genug ist, um die Kriterien einer schweren,
mittelgradigen oder leichten rezidivierenden depressiven Störung (F33.-) zu erfüllen.
Konstante oder konstant wiederkehrende Depression über einen Zeitraum
von mindestens 2 Jahren. Dazwischenliegende Perioden normaler Stimmung
dauern selten länger als einige Wochen, hypomanische Episoden kommen
nicht vor. Keine oder nur sehr wenige der einzelnen depressiven Episoden
während eines solchen Zweijahreszeitraums sind so schwer oder dauern so
lange an, dass sie die Kriterien für eine rezidivierende leichte
depressive Störung (F33.0) erfüllen. Wenigstens während einiger Perioden
der Depression sollten mindestens 3 der folgenden Symptome vorliegen: 1. verminderter Antrieb oder Aktivität, 2. Schlaflosigkeit, 3. Verlust des Selbstvertrauens, 4. Konzentrationsschwierigkeiten 5. Neigung zum Weinen, 6. Verlust des Interesses oder der Freude an Sexualität oder anderen angenehmen Aktivitäten, 7. Gefühl von Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung, 8. erkennbares Unvermögen mit den Routineanforderungen des täglichen Lebens fertig zu werden, 9. Pessimismus im Hinblick auf die Zukunft oder Grübeln über die Vergangenheit, 10. sozialer Rückzug, 11. verminderte Gesprächigkeit Fakultativ, kann ein früher (in der Adoleszenz oder in den 20-ern) oder ein später Beginn (meist zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr, im Anschluss an eine affektive Episode) näher gekennzeichnet werden. |
Anhaltende ängstliche Depression Depressiv: - Neurose - Persönlichkeit(sstörung) Neurotische Depression Exkl.: Ängstliche Depression (leicht, aber nicht anhaltend) Wenn neben einer dysthymen Störung auch eine majore Depression besteht, wird dies als "double depression” bezeichnet. |
F34.8
Sonstige anhaltende
affektive Störungen
F34.9 Anhaltende affektive Störung, nicht näher bezeichnet |
F38 Andere affektive Störungen Hierbei handelt es sich um eine Restkategorie für Stimmungsstörungen, die die Kriterien der oben genannten Kategorien F30-F34 in Bezug auf Ausprägung und Dauer nicht erfüllen. |
F38.0 Andere einzelne affektive Störungen
Gemischte affektive Episode zurück zum Seitenanfang |
F38.1 Andere rezidivierende affektive
Störungen Rezidivierende kurze depressive Episoden |
F 38.10 Die "recurrent brief depression” häufige kurze, 2 - 4 Tage andauernde depressive Episoden, die zwar bezüglich ihrer Schwere, aber nicht bezüglich ihrer Dauer mit einer major depression vergleichbar sind. |
F38.8 Sonstige näher bezeichnete affektive Störungen |
F39
Nicht näher bezeichnete affektive
Störung
Affektive Psychose o.n.A. |
Anpassungsstörungen F43.2 |
Hierbei handelt es sich um Zustände von
subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung, die im
allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des
Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach
belastenden Lebensereignissen auftreten. Die Belastung kann das soziale
Netz des Betroffenen beschädigt haben (wie bei einem Trauerfall oder
Trennungserlebnissen) oder das weitere Umfeld sozialer Unterstützung oder
soziale Werte (wie bei Emigration oder nach Flucht). Sie kann auch in
einem größeren Entwicklungsschritt oder einer Krise bestehen (wie
Schulbesuch, Elternschaft, Mißerfolg, Erreichen eines ersehnten Zieles und
Ruhestand). Die individuelle Prädisposition oder Vulnerabilität spielt bei
dem möglichen Auftreten und bei der Form der Anpassungsstörung eine
bedeutsame Rolle; es ist aber dennoch davon auszugehen, daß das
Krankheitsbild ohne die Belastung nicht entstanden wäre. Die Anzeichen
sind unterschiedlich und umfassen depressive Stimmung, Angst oder Sorge
(oder eine Mischung von diesen). Außerdem kann ein Gefühl bestehen, mit
den alltäglichen Gegebenheiten nicht zurechtzukommen, diese nicht
vorausplanen oder fortsetzen zu können. Störungen des Sozialverhaltens
können insbesondere bei Jugendlichen ein zusätzliches Symptom sein.
Hervorstechendes Merkmal kann eine kurze oder längere depressive Reaktion oder eine Störung anderer Gefühle und des Sozialverhaltens sein. Die Diagnose einer depressiven Anpassungsstörung
ist dann sinnvoll, wenn eine depressive Störung nicht die diagnostischen
Kriterien einer depressiven Episode erfüllt, aber einen klinisch
relevanten Schweregrad erreicht und an einen konkreten auslösenden
Belastungsfaktor gebunden ist. (Deutsches
Ärzteblatt 103, 25, 23.06.2006, |
Hospitalismus bei Kindern Kulturschock Trauerreaktion |
Einfache
Trauerreaktion nach dem DSM IV Diese Kategorie kann verwendet werden,
wenn im Vordergrund der klinischen Aufmerksamkeit die Reaktion auf den
Tod eines geliebten Menschen steht. Als Teil der Reaktion auf den
Verlust können manche trauernde Personen Symptome entwickeln, die
charakteristisch für eine Episode einer Major Depression sind . Die
trauernde Person betrachtet typischerweise die depressive Stimmung als
normal, obwohl sie möglicherweise professionelle Hilfe aufsucht, um
Symptome wie Schlaflosigkeit und Appetitlosigkeit zu lindern. Dauer und
Ausdrucksform einer normalen Trauer sind in verschiedenen kulturellen
Gruppen sehr unterschiedlich.
Die Diagnose einer Major Depression wird im allgemeinen nicht vergeben, es sei denn, die Symptome sind auch 2 Monate nach dem Verlust noch vorhanden. Das Vorhandensein Folgender Symptome spricht ebenfalls eher für eine Major Depression als für eine Einfache Trauer: Schuldgefühle, die sich nicht auf Handlungen beziehen, die der Überlebende zum Zeitpunkt des Todes getan oder nicht getan hat; Gedanken an den Tod, außer solche Gedanken des Überlebenden, dass er besser auch tot wäre oder dass er mit der verstorbenen Person zusammen hätte sterben sollen; krankhafte Beschäftigung mit Gefühlen von Wertlosigkeit; deutliche psychomotorische Verlangsamung; verlängerte und ausgeprägte Funktionsbeeinträchtigungen und andere halluzinatorische Erlebnisse als der Eindruck, die Stimme des Verstorbenen zu hören oder vorübergehend sein Gesicht zu sehen. |
saisonal abhängigen Depression (SAD)
Der immer wiederkehrende saisonale Rhythmus (Beginn des Auftretens der Befindlichkeitsstörung regelmäßig zwischen Anfang Oktober und Ende November und Abklingen der Beschwerden regelmäßig zwischen Mitte Februar und Mitte April) zusätzlich zur depressiven Verstimmung Symptome wie erhöhtes Schlafbedürfnis, verbunden mit morgendlicher Müdigkeit, Verlangen nach Kohlehydraten und Gewichtszunahme Bei einigen Patienten stehen die körperlichen Beschwerden im Vordergrund, hier besonders die verminderte Energie und nicht so sehr die ebenfalls auftretende Verstimmung.
Fachwörter zum Verlauf von depressiven und manisch-depressiven Syndromen Remission: Kurze Zeitstrecke der vollständigen oder partiellen Besserung depr. Symptomatik Recovery (Genesung): eine vollständige Remission über eine längere Zeitstrecke (je nach Kriterium nach 2 bis 6 Monaten) Relaps (Rückfall): ist ein Wiederauftreten von depressiven Symptomen während der Remission, bevor Recovery erreicht und damit die aktuelle depressive Episode abgeschlossen ist Recurrence (Wiedererkrankung): ist das Auftreten einer neuen depressiven Episode nach Recovery, was voraussetzt, dass die Diagnosekriterien einer unipolaren Depression erfüllt sind. Uni- und bipolare Verläufe: (unipolar = nur depressive oder nur manische Phasen, bipolar = depressive und manische Phasen) Diese Trennung ist nicht ganz unproblematisch, da man beispielsweise nach einer oder mehreren depr. Episoden nicht sicher wissen kann, ob nicht noch manische Episoden folgen werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass nach drei unipolaren Episoden eine manische Episode auftritt, liegt zwischen 10% und 30%. ( Ev. schon oben erwähnt) Risikofaktoren für einen solchen Diagnosewechsel sind: Jüngeres Lebensalter, psychomotorische Retardierung, Schuldgefühle, deutliche familiäre Belastung mit affektiven Erkrankungen, in der Familie kamen bereits Manien vor. Phasenzahl: (einphasig und mehrphasig = es treten nur einmal oder mehrfach Phasen depressiver (oder affektiver) Erkrankungen auf) Bipolare Patienten haben (über 30 Jahre) typischerweise ca. 7-8 Episoden, unipolare Patienten ca. 4-5 Episoden in dieser Zeit. Nur etwa 25% der Depressionen verlaufen einphasig, 75% der Erkrankungen verlaufen rezidivierend. Der Beginn einer depr. Phase kann sowohl schleichend als auch plötzlich einsetzend sein, während manische Phasen typischerweise rasch (innerhalb von Stunden oder wenigen Tagen einsetzen. Phasendauer. Die Dauer unbehandelter depr. und manischer Episoden beträgt durchschnittlich 4-12 Monate. Intraindividuell ist die Phasendauer bei den Patienten, bei denen keine Chronifizierung eintritt, recht stabil und damit vorhersagbar. Zyklusdauer: Zeitspanne zwischen Beginn einer Phase und Beginn der nächsten folgenden Phase. Die Zyklusdauer liegt im Median bei periodisch verlaufenden unipolaren Erkrankungen bei 4,5 bis 5 Jahren und bei bipolaren Formen bei 2-3 Jahren. |
Nach DSM IV TR | Majore depressive Störung | Dysthymia |
keine Vorgeschichte mit Manie oder Hypomanie | + | + |
Majore depressive Episode | + | +/- |
Depressive Symptome, die nicht die Kriterien einer Majoren depressiven Episode erfüllen | +/- | + |
Dauer | mindestens 2 Wochen | mindestens 2 Jahre |
+=vorhanden, -= nicht vorhanden |
Kriterien für eine majore depressive Episode und Manie/Hypomanie nach dem DSM-IV-TR | ||
Majore depressive Episode | Manie/Hypomanie | |
Anzahl der Symptome | mindestens 5 | mindestens 4 |
Hauptkriterium (immer vorhanden) | schlechte Stimmung, Interessenverlust | gehobene Stimmung oder Reizbarkeit |
Gewicht/Nahrungsaufnahme | vermehrt oder vermindert | |
Schlaf | vermehrt oder vermindert, | vermindert |
Psychomotorische Aktivität | vermehrt oder vermindert | vermehrt |
Energie | vermindert | vermehrt |
Selbstbewusstsein | vermindert | vermehrt |
Konzentration | vermindert | vermindert |
Suizidalität | vorhanden, | kann auch bei Manie vorhanden sein |
Rededrang | vermindert | vermehrt |
Denken | vermindert | vermehrt |
Zielgerichtetes Handeln (überaktiv) | vermindert | vermehrt |
Riskante Aktivitäten | vermindert | vermehrt |
Psychotische Symptome | können vorhanden sein, | bei Manie häufig vorhanden, bei Hypomanie fehlend |
Dauer | mindestens 2 Wochen, | mindestens 1 Woche bei Manie, 4 Tage bei Hypomanie |
Funktionsfähigkeit | beeinträchtigt, | stark beeinträchtigt bei Manie, wenig beeinträchtigt oder verbessert bei Hypomanie |
Substanzinduziert (Antidepressiva) oder durch eine körperliche Erkrankung ausgelöst | Nein | Nein |
Nach Franco Benazzi, Bipolar disorder-focus on bipolar II disorder and mixed depression Lancet 2007; 369: 935-45 |
Die "rezidivierende kurze depressive Störung" (RKD) ist durch wenige Tage andauernde und etwa monatlich rezidivierende depressive Episoden charakterisiert, wobei diese mit einem Suizidrisiko ähnlich dem "klassischer" depressiver Episoden (MD) assoziiert sind. Das gemeinsame Vorliegen einer RKD und MD, was als "kombinierte Depression" (KD) bezeichnet wird, erhöht dieses Risiko noch beträchtlich. Während KD-Patienten in der Regel beim Nervenarzt in Behandlung stehen, werden RKD-Patienten in der allgemeinmedizinischen Versorgung gegenwärtig kaum erkannt. Die diagnostischen Kriterien der RKD finden sich im ICD-10 einfach operationalisiert und sind für den klinischen Gebrauch und die Forschung gut geeignet. Die Differentialdiagnose stellt sich vor allem gegen andere kurzdauernde psychiatrische Störungen und stellt in der Praxis keine Schwierigkeiten dar. Die Möglichkeit einer prospektiven Bestätigung der Diagnose und die Evaluation des Therapieerfolges einer prophylaktischen antidepressiven Intervention bei einer RKD unterscheidet sich wesentlich von der MD und ähnelt formal vielmehr dem klinischen Vorgehen wie es bei der Behandlung von Migräne oder etwa Epilepsie üblich ist. Der formal unterschiedliche Verlauf von RKD und MD hat zur Folge, dass unterschiedliche Methoden in der Durchführung von Therapiestudien angewendet werden müssen. Die fehlende Berücksichtigung dieser speziellen methodischen Aspekte in RKD-Therapiestudien und der Einschluss von hoch selektierten Patientenstichproben haben vermutlich zu falsch negativen Studienergebnissen in der Vergangenheit geführt. Obwohl einige Autoren über eine erfolgreiche Therapie der RKD bei etwa derzeit 60 einzelnen Fällen berichten, ist gegenwärtig daraus noch kein therapeutischer Algorithmus ableitbar. Zukünftige kontrollierte Studien ohne die Mängel der Vergangenheit sind daher dringend notwendig.