Trigeminusneuralgie
(Siehe auch unter N.
trigeminus) Allgemeines![]() Die Trigeminusneuralgie ist dabei einfach zu diagnostizieren:
Einschießende, wiederholt anfallsweise Sekunden bis 2 Minuten
dauernde heftigste Schmerzattacken sehr starker Intensität im
Versorgungsgebiet eines oder mehrerer
Trigeminusäste, auslösbar über
Triggerzonen oder mechanisch bei Kauen, Sprechen, Essen, etc. mit
Schmerzfreiheit zwischen den Attacken.
Ursachen der Trigeminusneuralgie
Sie geht meist auf einen pathologischen Gefäß-Nervenkontakt zurück. Der Schmerz ist dabei typischerweise im Bereich des 2. und/oder 3. Trigeminusastes lokalisiert. Nur bei etwa 4- 5% der Patienten ist der 1. Trigeminusast betroffen. Bei 20% der Patienten ist der 2. und 3. Trigeminusast gleichzeitig betroffen. Bei 3% ist der Schmerz beidseitig, was meist auf eine sekundäre (oder andere) Ursache hinweist. Typischerweise treten die Attacke oft am Tag- bis zu hunderte Male auf, dies über Tage, Wochen oder Monate, dann kommt es meist zu einer schmerzfreien Periode von Monaten bis Jahren. Im Laufe der Jahre nimmt die Häufigkeit der Attacken zu, die schmerzfreien Perioden werden kürzer. Selten werden die einzelnen Attacken länger und es bleibt ein dumpfer Hintergrundschmerz dazwischen, was die eindeutige Diagnose erschwert. Bei 15% der Patienten mit Trigeminusneuralgie findet man eine andere
Ursache als den Gefäß/Nervkontakt. Im Gegensatz zu dieser meist erst
im höheren Lebensalter auftretenden Form kommt die symptomatische
Trigeminusneuralgie bei Patienten unter 40 Jahren, am häufigsten im
Rahmen einer Multiplen Sklerose vor. Dort meistens mit im
betreffenden Bereich vorhandenen Gefühlsstörungen. Ca. 1% aller
Patienten mit Multipler Sklerose (MS) entwickelt eine
Trigeminus-Neuralgie. Diese Erkrankung tritt unter MS-Patienten
damit häufiger als in der Normalbevölkerung auf. Die Behandlung ist
dort prinzipiell ähnlich wie bei der idiopathischen Form. Ursächlich für die Trigeminus-Neuralgie ist in den meisten Fällen
eine Kompression der Wurzel des Trigeminusnerven am Austritt aus dem
Hirnstamm (in Höhe der Pons = Brücke) durch eine Gefäßschlinge oder
ein Blutgefäß. Der Kontakt zwischen Nerv und Gefäß ist dabei meist
auf wenige Millimeter beschränkt. Je nach Untersuchungsserie wird
dies in 60-90% der Fälle als Ursache angegeben. In der Kernspintomographie
(MRT) werden
diese Kompressionen der Wurzel des Trigeminusnerven durch ein Gefäß
manchmal sichtbar. (Sensitivität = 50-95% und Spezifität 65-100%,
falsch positive Befunde bei 7-15%, falsch negative bei 10%)
(Lancet
Neurol 2006; 5: 257-67.). 3-12% der asymptomatischen Menschen weisen
ebenfalls eine solche Kompression auf. (Br J Anaesth 2001;87:117-32.). VerlaufWie der Verlauf ohne Behandlung ist, weiß niemand genau. Die Schmerzen sind meist so schlimm, dass sich Studien ohne Behandlung ethisch verbieten. Nach den Daten, die es gibt, haben 29% der Patienten nur eine Schmerzepisode, 19% haben 2, 24% haben 3, und 28% haben 4-11 Schmerzepisoden. Diese Schmerzepisoden dauern zwischen einem Tag und 4 Jahren, im Median 49 Tage. Bei 65% der Patienten tritt die nächste Schmerzepisode innerhalb von 5 Jahren auf, bei 23% nach mehr als 10 Jahren auf. (Ann Neurol 1990;27:89-95.).
Diagnostische Kriterien
Differentialdiagnosen
Die Glossopharyngeusneuralgie und die Neuralgie des N.
laryngicus superior sind selten, sie unterscheiden sich
bezüglich der Schmerzlokalisation. Bezüglich des Schmerzcharakters,
der Verursachung und der Therapie gibt es sonst keine wesentlichen
Unterschiede. Trigeminusneuralgie oder Atypischer Gesichtsschmerz ?
Nach: Dr. Walter Pöllmann, Forschungsergebnisse der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft, Nicht jeder Gesichtsschmerz ist eine Trigeminusneuralgie.
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IHS ICHD-II Kode | WHO ICD-10NA Kode (deutsch) | Diagnose |
---|---|---|
13. | [G44.847, G44.848 oder G44.85] | Kraniale Neuralgien und zentrale Ursachen von Gesichtsschmerzen |
13.1 | [G44.847] | Trigeminusneuralgie |
13.1.1 | [G44.847] | Klassische Trigeminusneuralgie [G50.00] |
13.1.2 | [G44.847] | Symptomatische Trigeminusneuralgie [G53.80] + [Kode zur Spezifizierung der Ätiologie] |
13.2 | [G44.847] | Glossopharyngeusneuralgie |
13.2.1 | [G44.847] | Klassische Glossopharyngeusneuralgie [G52.10] |
13.2.2 | [G44.847] | Symptomatische Glossopharyngeusneuralgie [G53.830] + [Kode zur Spezifizierung der Ätiologie] |
13.3 | [G44.847] | Intermediusneuralgie [G51.80] |
13.4 | [G44.847] | Laryngeus-superior-Neuralgie [G52.20] |
13.5 | [G44.847] | Nasoziliarisneuralgie [G52.80] |
13.6 | [G44.847] | Supraorbitalisneuralgie [G52.80] |
13.7 | [G44.847] | Neuralgien anderer terminaler Äste [G52.80] |
13.8 | [G44.847] | Okzipitalisneuralgie [G52.80] |
13.9 | [G44.851] | Nacken-Zungen-Syndrom |
13.10 | [G44.801] | Kopfschmerz durch äußeren Druck |
13.11 | [G44.802] | Kältebedingter Kopfschmerz |
13.11.1 | [G44.8020] | Kopfschmerzen zurückzuführen auf einen äußeren Kältereiz |
13.11.2 | [G44.8021] | Kopfschmerzen zurückzuführen auf Einnahme oder Inhalation eines Kältereizes |
13.12 | [G44.848] | Anhaltender Schmerz verursacht durch Kompression, Irritation oder Distorsion eines Hirnnervens oder einer der oberen zervikalen Wurzeln durch eine strukturelle Läsion [G53.8] + [Kode zur Spezifizierung der Ätiologie] |
13.13 | [G44.848] | Optikusneuritis [H46] |
13.14 | [G44.848] | Okuläre diabetische Neuropathie [E10-E14] |
13.15 | [G44.881 oder G44.847] | Kopf- oder Gesichtsschmerz zurückzuführen auf einen Herpes zoster |
13.15.1 | [G44.881] | Kopf- oder Gesichtsschmerz zurückzuführen auf einen akuten Herpes zoster [B02.2] |
13.15.2 | [G44.847] | Postherpetische Neuralgie [B02.2] |
13.16 | [G44.850] | Tolosa-Hunt-Syndrom |
13.17 | [G43.80] | Ophthalmoplegische ?Migräne? |
13.18 | [G44.810 oder G44.847] | Zentrale Ursachen von Gesichtsschmerzen |
13.18.1 | [G44.847] | Anaesthesia dolorosa [G52.800] + [Kode zur Spezifizierung der Ätiologie] |
13.18.2 | [G44.810] | Zentraler Schmerz nach Hirninfarkt [G46.21] |
13.18.3 | [G44.847] | Gesichtsschmerz zurückzuführen auf eine Multiple Sklerose [G35] |
13.18.4 | [G44.847] | Anhaltender idiopathischer Gesichtsschmerz [G50.1] |
13.18.5 | [G44.847] | Syndrom des brennenden Mundes [Kode zur Spezifizierung der Ätiologie] |
13.19 | [G44.847] | Andere kraniale Neuralgien oder andere zentral vermittelte Gesichtsschmerzen [Kode zur Spezifizierung der Ätiologie] |
Am häufigsten wirksam und deshalb auch verwendet gegen die Trigeminusneuralgie | Tagesdosis | Häufige Nebenwirkungen (unvollständig) |
Carbamazepin | 600-1200 mg | Müdigkeit, Hautausschlag, Ataxie, Übelkeit, Kopfschmerz., Leukopenie, Erhöhung von Leberenzymen, Doppelbilder. |
Phenytoin | 200-400 mg | Blutbildveränderungen, Zahnfleischwucherung. |
Baclofen | 30-80 mg | Übelkeit, Müdigkeit, Schwindel, Gewöhnung. |
Andere Antiepileptika Gabapentin, Pregabalin, Clonazepam, Valproat, Mexiletin, Topiramat, Lamotrigin mit weniger Erfahrung. | ||
Manchmal ist auch eine Operation erforderlich. Überblick über operative Möglichkeiten in der Tabelle unten. |
(Ann Neurol 1990;27:89-95.)
Eingriffe bei idiopathischer Trigeminusneuralgie | Vorteile | Nachteile / Risiken |
Glycerolinjektion |
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Rhizotomie |
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Mikrovasculäre Decompression der Trigeminus- Wurzel nach Janetta |
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Die Trigeminusneuropathie wird oft missverständlich als "atypische Trigeminusneuralgie" bezeichnet. Im Gegensatz zur Trigeminusneuralgie ist hier ein Dauerschmerz charakteristisch, der wellenförmig auf- und abschwellen kann und mit einem sensiblen Defizit verbunden ist. In der Anamnese finden sich häufig Gesichtstraumen, wiederholte Interventionen im Bereich der Nasennebenhöhlen nach Caldwell-Luc, Zahnextraktionen oder kieferchirurgische Eingriffe. Insoweit ergeben sich Überschneidungen mit dem atypischen Gesichtsschmerz (siehe oben).
Bisweilen manifestiert sich eine Trigeminusneuropathie auch als Komplikation destruierender neurochirurgischer Operationsverfahren mit Ausbildung einer Hyp- bis Anästhesia dolorosa wie weiter oben bereits erwähnt. Der Schmerz erklärt sich aus partieller Deafferenzierung nozizeptiver Bahnen. Therapie der Wahl ist die Elektrostimulation mit verschiedenen Zugangswegen, beispielsweise die perkutane Sondenimplantation im Ganglion Gasseri nach Steude oder die operative Implantation einer Elektrode über einen subtemporalen Zugang nach Meyerson. Bei entsprechender perkutaner Teststimulation sprechen ca. 50% der Patienten auf diese Methode an, nach Dauerimplantation erzielt man in 70 - 80% einen guten therapeutischen Effekt. (Aus: Therapie und Prophylaxe von Gesichtsneuralgien und chronischen Gesichtsschmerzen anderer Provenienz - Überarbeitete Empfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft -D. Soyka, V. Pfaffenrath, U. Steude, M. Zenz).
Grad der Behinderung im
Schwerbehindertenrecht aus den |
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Gesichtsneuralgien (z. B. Trigeminusneuralgie) | GdB |
leicht (seltene, leichte Schmerzen) | 0-10 |
mittelgradig (häufigere, leichte bis mittelgradige Schmerzen, schon durch geringe Reize auslösbar) | 20-40 |
schwer (häufige, mehrmals im Monat auftretende starke Schmerzen bzw. Schmerzattacken) | 50-60 |
besonders schwer (starker Dauerschmerz oder Schmerzattacken mehrmals wöchentlich) | 70-80 |
Anschrift des Verfassers (Praxisadresse):
Karl C. Mayer - Bergheimerstraße 56a - 69115 Heidelberg
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