Migräne: Was passiert im Gehirn?
Theorien zur PathogeneseEs bleibt noch vieles unklar bezüglich des Ablaufs bei einer Migräneattacke im Hirn. Sicher ist, dass die Halswirbelsäule nur sekundär und am Rande eine Rolle spielt. Vieles bleibt aber noch - wenn auch teilweise gut nachvollziehbare - Theorie. Die gegenwärtigen Theorien im Überblick. Es wird dabei angenommen, dass es sich bei der Migräne um eine
sog. Ionenkanalkrankheit handelt. Bei diesen Krankheiten
kommt es zu vorübergehenden Funktionsstörungen von Ionenkanälen, die
dann zu vorübergehenden neurologischen Ausfällen führen. Während der
Kopfschmerzphase kommt es zu einer leichten Gefäßerweiterung im
Bereich der Hirnhäute mit einer entzündlichen Reaktion, die durch
den Nervus trigeminus und den Nervus facialis begleitende
parasympathische Fasern vermittelt werden. Zusätzlich sind
vegetative Zentren des Gehirns in die Attacken einbezogen. Schema zu Vorstellungen über die Entstehung einer Migräneattacke
Die Rolle des SerotoninsDie Ergebnisse bildgebender Verfahren lassen vermuten, dass die bei der Migräneattacke wichtigen Modulationen des trigeminovaskulären noziceptiven Inputs vom dorsalen Raphe Kern, dem Locus ceruleus, und dem Nukleus Raphe Magnus kommen. Die Rolle des Serotonins bei der Migräne scheint komplex zu sein, entsprechend widersprüchlich sind die diesbezüglichen Untersuchungen zu Teil.Viele Migränemedikamente aktivieren die Serotoninrezeptoren. Einige Studien lassen vermuten, dass der Serotoninspiegel während der Migräneattacke im Blut ansteigt, andere kommen zum gegenteiligen Ergebnis. Einige Medikamente verstärken die Aktivierung der Serotoninrezeptoren, andere funktionieren als Rezeptorantagonisten. Trotzdem funktionieren beide Arten von Medikamenten gegen den Migränekopfschmerz. Der Widerspruch löst sich auf, wenn man von den beiden unterschiedlichen Serotoninpools im Körper ausgeht. Einmal dem peripheren Serotonin das man im Blut messen kann und von dem man glaubt, dass es einen hemmenden Effekt auf den Raphe- Kern hat (Nukleus dorsalis raphe). Andererseits vom Zentral- Nerven- System- Serotonin, das die Blutgefäße aktiviert und so den Trigeminuskern stimuliert, was wiederum zu Kopfschmerzen führen kann. Beide Modelle bezüglich Serotonin und Kopfschmerz gehen also davon aus, dass der periphere Serotoninspiegel möglichst hoch gehalten werden soll (Hemmung des Weges über den Raphe- Kern) und der Zentral- Nerven- System- Serotoninspiegel niedrig gehalten werden soll. Der angenommene Wirkmechanismus ist so für alle Migränemedikamente mit der Theorie vereinbar. Die meisten Medikamente wirken dabei überwiegend über den peripheren Mechanismus. Vorbeugende Medikamente, Biofeedback und Muskelrelaxation wirken als Serotoninantagonisten am Zentral- Nerven- System- Serotoninrezeptor. Es ist unklar, ob es bei der Migräne primär zu einer Hemmung der Hirnaktivität und dann zu einer Minderung der Hirndurchblutung kommt oder umgekehrt. Der Freisetzung von vasoaktiven Peptiden wie Calcitonin- Gene- Related- Peptide (CGRP), Substanz P (SP) oder Neurokinin A (NKA) wird ebenfalls eine Schlüsselrolle in der Pathogenese des Migränekopfschmerzes zugeschrieben. Die Frage, ob die Freisetzung dieser Peptide auch im intrazerebralen venösen Kreislauf stattfindet, ist bislang jedoch nicht untersucht. Ein anderes s.g. "Keymolecule" in der Pathogenese des Migränekopfschmerzes ist offensichtlich NO (Stickstoffmonoxid). Ergebnisse mehrerer Studien deuten auf eine mögliche Interaktion zwischen CGRP und NO, die genauen Mechanismen sind jedoch nach wie vor unklar. Siehe auch:
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