Milgram-Experiment

Experiment zur Gehorsamsbereitschaft gegenüber Autoritäten ohne Not und nur getragen von einer legitimierenden Idee. Im Ergebnis sind 2/3 aller Menschen mit wenig Aufwand dazu zu bringen, ihre Mitmenschen schwer zu quälen und zu foltern bis hin zum Risiko, dass diese sterben. In einem Zeitungsinserat wurden Versuchspersonen gesucht. Diesen wurde mitgeteilt, dass sie Teil eines Experimentes sein sollen, das die Wirkung von Strafe auf die Lernfähigkeit testet. Es wurde mitgeteilt, dass Lerntheorien getestet werden sollten, die davon ausgingen, dass Menschen besser lernen, wenn sie für jeden Fehler bestraft werden. Es wurde simuliert, dass die Vp zufällig zur Gruppe der Lehrer oder Schüler zugeordnet werde, real waren die „Schüler“ Schauspieler. Die an den Stuhl gefesselten Schüler sollten Wortpaare lernen, für jeden Fehler sollten sie mit Stromschlägen bestraft werden, dabei sollte nach jeder falschen Antwort die Voltzahl um 15V erhöht werden. Die tatsächlichen Versuchpersonen („Lehrer“) bekamen einen Probeelektroschock von 45V. Danach hatten sie aus einem benachbarten Raum an einem Schockgenerator die Schüler zu überwachen und je nach Leistung zu bestrafen. Nach den dortigen Schaltern fügten sie den „Schülern“ Elektroschock von 15V bis 450V, die Schockgeneratoren hatten eine Skala an der diese Schocks neben der Voltzahl als „leichter Schock“ bis hin zu „Gefahr: Bedrohlicher Schock“ quantifiziert waren. Die Schmerzäußerungen der Schauspieler waren ebenso standardisiert, wie die Anweisungen der Versuchleiter. – Bitte fahren sie fort! oder Bitte machen sie weiter! – Das Experiment erfordert, dass sie weitermachen! – Sie müssen unbedingt weitermachen! – Sie haben keine Wahl, sie müssen weitermachen! – Die Schocks können sehr schmerzhaft sein, sie hinterlassen aber keine bleibende Gewebeschädigung. Ob es dem Schüler passt oder nicht, sie müssen weitermachen, bis er alle Wortpaare exakt gelernt hat. Bei einer Spannung 150 Volt, verlangtem die Schüler (Schauspieler) vom Stuhl losgebunden zu werden, da sie die Schmerzen nicht mehr aushielten. Der Versuchleiter forderte die Versuchpersonen auf, den Versuch zum Nutzen der Wissenschaft fortzuführen und nimmt im Zweifel alle Verantwortung auf sich. Die geringe Bezahlung der Versuchspersonen nach vorheriger Vereinbarung war nicht abhängig von der „Kooperation“. Nach dem ursprünglichen Experiment in Yale wurde es in vielen Ländern mit ähnlichem Ergebnis wiederholt. Etwa die Hälfte bis 2/3 der Versuchspersonen zeigten absoluten Gehorsam und gingen bis zur maximalen Stromstärke, wenn der Versuchleiter als Autorität das Experiment leitete, ließ sich in einer Abwandlung des Versuches dieser nach den ersten leichten Schocks durch einen „Assistenten vertreten, sank die gehorsame Mitarbeit auf 20% nach Einführung warnender zusätzlicher Versuchsleiter auf 10%. Stimmte ein zweiter Versuchsleiter aber dem ersten Versuchleiter zu stieg die Mitarbeit gar auf 90%. In anderen Variationen zeigte sich, dass bei weiter entfernten Versuchsleitern die Mitarbeit abnahm und die Versuchpersonen teilweise versuchten so zu tun als ob sie mitmachten, bei einer Variation bei der die Versuchspersonen die Hand der „Opfer halten mussten war die Mitarbeit am geringsten, allerdings fanden sich auch hier noch 30% die die das Experiment zu Ende führten. Die Versuchspersonen wurden im Anschluss aufgeklärt und betreut. Dennoch stieß das viel zitierte und Aufsehen erregende Experiment auf viel Kritik, insbesondere wurde bezweifelt ob Forschung berechtigt ist, den Versuchspersonen solche emotional traumatisierende Selbsterkenntnis zuzumuten. Dennoch ist die Erkenntnis, dass auch ganz „normale“ Menschen mit wenig Aufwand zu erstaunlich grausamen Handlungen überredet werden können hilfreich für die Bewertung und das Verständnis nicht nur von Krieg und Gewalt. Es darf bezweifelt werden, dass sich die Menschen seit den 60er Jahren in denen diese Experiment durchgeführt wurde wesentlich geändert haben. Milgram hatte vor dem Experiment zahlreiche Psychiater danach gefragt, was sie für ein Ergebnis erwarteten, die meisten erwarteten, dass nur wenige sadistische Personen sich zu solchen Taten hinreißen lassen. Milgram selbst formulierte 1974:„Stark authority was pitted against the subjects‘ strongest moral imperatives against hurting others, and, with the subjects‘ ears ringing with the screams of the victims, authority won more often than not. The extreme willingness of adults to go to almost any lengths on the command of an authority constitutes the chief finding of the study and the fact most urgently demanding explanation“ Im Stanford Prison Experiment zeigte 1971 Philip Zimbardo wie normale Collegestudenten im Experiment als „Gefängniswärter“ mit Legitimation zu Sadisten werden können. Das für 2 Wochen geplante Experiment musste nach 6 Tagen wegen Befürchtungen um das Wohl der „Gefangenen“ abgebrochen werden.

 

Quellen / Literatur:

Milgram, Stanley, Das Milgram Experiment, Reinbeck bei Hamburg, Rowohlt Taschenbuchverlag GmbH, März 1982,Marcus Stange hausarbeiten.de Siehe auch Das Stanford Prison Experiment Philip G. Zimbardo A Simulation Study of the Psychology of Imprisonment Conducted at Stanford University – oder wie man sich die Vorfälle in den irakischen Gefängnissen erklären kann.

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur