Patientenverfügung

Jeder Patient hat ein Recht auf Selbstbestimmung. Das gilt auch für Situationen, in denen der Patient nicht mehr in der Lage ist, seinen Willen zu äußern. Für diesen Fall gibt es vorsorgliche Willensbekundungen, die den Arzt darüber informieren, in welchem Umfang bei fehlender Einwilligungsfähigkeit eine medizinische Behandlung gewünscht wird. Die umfangreichen Möglichkeiten der modernen Medizin lassen es sinnvoll erscheinen, dass Patienten sich vorsorglich für den Fall des Verlustes ihrer Einwilligungsfähigkeit zu der von ihnen dann gewünschten Behandlung erklären. Besonders ältere Personen und Patienten mit prognostisch ungünstigen Leiden sollen ermutigt werden, die künftige medizinische Versorgung mit dem Arzt ihres Vertrauens zu besprechen und ihren Willen hierzu zum Ausdruck zu bringen. In den von der Bundesärztekammer beschlossenen Grundsätzen zur ärztlichen Sterbebegleitung (Dt. Ärzteblatt 1998; 95: A-2365-2367) wird auf die Bedeutung solcher Erklärungen am Ende des Lebens hingewiesen. Nach kontroverser Debatte und vielem hin- und her hat auch der Gesetzgeber im Juli 2009 entschieden, Ärzte müssen Patientenverfügungen befolgen, auch wenn das zum Tod der Erkrankten führen kann. Diese neue Rechtssicherheit werten den vorab formulierten Willen eines Patienten auf und schafft endlich Klarheit. Patientenverfügungen müssen freiverantwortlich, insbesondere ohne äußeren Druck, abgegeben werden. Zudem darf die Patientenverfügung nicht widerrufen worden sein. Festlegungen in einer Patientenverfügung sind daher nicht bindend, wenn auf Grund konkreter Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass Sie sie zum Behandlungszeitpunkt nicht mehr gelten lassen wollen. BMJ Textbausteine der Bundesjustizministeriums finden sich hier im Wordformat, sie sind dazu gedacht, sie individuell anzupassen. Links zu Formulierungshilfen bietet auch .medizinethik.de. wichtig bei schriftlichen Festlegungen ist, dass das was am Ende geschrieben steht auch ihrem tatsächlichen Willen entspricht. Sollten Sie hierüber Unklarheiten haben, sprechen Sie mit dem Arzt ihres Vertrauens. Im Grunde ist es für jeden Menschen sinnvoll eine Patientenverfügung zu haben. Jede Erklärung sollte möglichst genau die spätere tatsächliche Behandlungssituation erfassen, soweit wie irgen möglich sollte konkret aufgelistet sein, was sie wollen oder nicht wollen. Dann sind Arzt, Betreuer, Bevollmächtigte etc. auch auf der sicheren Seite und wissen was Sie wollten und was gilt. Vormundschaftsgerichte regeln weiter offene Meinungsverschiedenheiten. Diese sind durch möglichst umfassende Formulierungen vermeidbar.

Möglichkeiten der vorsorglichen Willensbekundung zur Sicherung der Selbstbestimmung sind Patientenverfügungen, Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen. Sie können jederzeit vom Patienten geändert oder widerrufen werden. Patientenverfügungen sind nur wirksam, wenn der Patient z. Z. der Abfassung einwilligungsfähig war. Sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen, kann der Arzt von der Einwilligungsfähigkeit des volljährigen Patienten ausgehen. Die Einwilligungsfähigkeit liegt vor, wenn der Patient Bedeutung, Umfang und Tragweite der Verfügung zu beurteilen vermag. Das gilt auch für Minderjährige. Die Umsetzung ihres Willens kann grundsätzlich jedoch nicht gegen den Willen der Sorgeberechtigten erfolgen.

Patientenverfügungen regeln die Zustimmung zu ärztlichen Heilbehandlungen und werden meistens abgefasst um nutzlose lebensverlängernde Maßnahmen bei bestehender schwerster Behinderung (wie schwere Demenz) einzugrenzen oder zu verhindern. Patientenverfügungen ermöglichen nicht nur zukünftigen Patienten im Vorhinein ihre Vorstellungen von einer Behandlung bei schwerer Krankheit und in der Sterbephase kund zu tun, sie erleichtern in einer solch schweren Zeit Angehörigen und Ärzten auch die dann oft schweren Entscheidungen. Eindeutig ist, dass mit einer Patientenverfügung das Recht besteht, lebensverlängernde Maßnahmen dann zu unterbinden, wenn das Grundleiden einen irreversiblen tödlichen Verlauf genommen hat. Der BGH hat auch das Legen einer Magensonde als dem Recht auf Selbstbestimmung zugehörig angesehen. (BGH Az XII ZR 177/03) Zitat: „Verlangt der Betreuer in Übereinstimmung mit dem behandelnden Arzt, daß die künstliche Ernährung des betreuten einwilligungsunfähigen Patienten eingestellt wird, so kann das Pflegeheim diesem Verlangen jedenfalls nicht den Heimvertrag entgegensetzen. Auch die Gewissensfreiheit des Pflegepersonals rechtfertigt für sich genommen die Fortsetzung der künstlichen Ernährung in einem solchen Fall nicht.“ In dem Fall den der BGH entschieden hat ging es um einen Wachkomapatienten. Wenn bei einem Wachkoma-Patienten nicht bekannt ist, was dessen Wille war, muss der Arzt die Behandlung in jedem Falle fortsetzen, bis der Sterbeprozess erkennbar begonnen hat. Solche Wünsche oder Entscheidungen müssen aber explizit und möglichst genau in der Patientenverfügung angesprochen werden. Formulierung, wie dass keine künstliche Ernährung gewünscht wird, gelten als wirkungslos. Wenn eine Patientenverfügung nur allgemeine Formulierungen enthält ist sie im Grunde überflüssig. Ein ausführlicherer Text sollte persönliche Wertvorstellungen, und religiöse Überzeugungen darlegen. Wer in Kauf nehmen will, dass im Endstadium einer Krebsbehandlung durch eine intensive Morphinbehandlung der Schmerzen, auch sein Leben verkürzt werden kann, sollte dies beispielsweise explizit so aufschreiben. Man sollte sich beim Abfassen verschiedene Muster ansehen und dann eine fundierte eigenen Meinung bilden. Je klarer eigene Wünsche formuliert werden, umso wahrscheinlicher, dass sie später respektiert werden. Eine Gewähr, dass eine Patientenverfügung geachtet wird, gibt es bisher nicht. Die Position des Zentralkomitees der deutschen Katholiken ist „Demente und wachkomatöse Patienten sind keine Sterbenden, sondern schwer behinderte Menschen“, ein Behandlungsabbruch wäre nach dieser Haltung auch bei entsprechender Stellungnahme in der Patientenverfügung nicht möglich. Manche politischen Postitionen gehen davon aus, dass Patientenverfügungen nur gelten sollen, wenn der Sterbeprozess bereits irreversibel eingesetzt hat. Auch bei dieser Definition wäre zunächst zu klären, wie dies exakt definiert ist.

Das Abschalten lebenserhaltender Geräte oder freiheitsentziehnde Maßnahmen bedürfen auch bei bestehender Patientenverfügung der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes. Patientenverfügungen bedürfen keiner besonderen Form. Aus Beweisgründen sollten sie jedoch schriftlich abgefasst sein. Eine eigenhändige Niederschrift der Patientenverfügung ist nicht notwendig. Die Benutzung eines Formulars ist möglich. Eine Patientenverfügung soll möglichst persönlich unterschrieben und mit Datum versehen sein. Rechtlich ist es weder erforderlich, die Unterschrift durch Zeugen bestätigen zu lassen, noch eine notarielle Beglaubigung der Unterschrift herbeizuführen. Um Zweifeln zu begegnen, kann sich jedoch eine Unterschrift vor Zeugen empfehlen, die ihrerseits schriftlich die Echtheit der Unterschrift sowie das Vorliegen der Einwilligungsfähigkeit des Verfassers bestätigen. Beim Verfassen einer Patientenverfügung müssen Sie keine bestimmte Form beachten. Die Unterschrift ist notwendig, eine notarielle Beglaubigung ist nicht erforderlich. Es ist sinnvoll den Text regelmäßig, z.B. jährlich mit Datum und Unterschrift zu bestätigen. Dies ist auch notwendig, da sich Lebensumstände und der medizinischen Fortschritt ständig weiter entwickeln. Die beste Verfügung nützt nichts, wenn sie nicht gefunden wird. Wenn ein Vertrauensverhältnis besteht, sollten Angehörige oder evtl. auch der behandelnde Arzt eine Kopie haben. Eine Eintragung beim Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer ist auch ohne notarielle Beglaubigung gegen 13 Euro Gebühr möglich. Die ärztliche Beratung zu Patientenverfügungen, Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen ist im Prinzip keine Kassenleistung. Es kann dennoch sehr sinnvoll sein, sie diesbezüglich nicht nur juristisch sondern auch ärztlich beraten zu lassen.

Während Patientenverfügungen die Zustimmung zu ärztlichen Heilbehandlungen regeln, regelt die Vorsorgevollmacht fast jede mögliche andere Situation. Hier gibt der die Vollmacht ausstellende Mensch einer Vertrauensperson das Recht, für ihn in bestimmten Bereichen zu entscheiden. Auch hier sollte möglichst genau aufgeschrieben werden, was wie geregelt werden soll. Typische Beispiele sind Behörden-, Wohnungs- Vermögens- Angelegenheiten, .. Wenn keine Vollmacht vorliegt ist es oft im Falle der Entscheidungsunfähigkeit einer Person erforderlich, dass das Gericht eine Betreuung anordnet. Mit einer Betreuungsverfügung kann man regeln, wer dieser Betreuer sein soll, oder wen man nicht als Betreuer haben will.

Vorsorgevollmachten für psychiatrischen Zwangsmaßnahmen wie Zwangseinweisung, Zwangsbehandlung und Zwangsbetreuung sind ebenfalls möglich und für psychisch Kranke oft sinnvoll. In gesunden Zeiten formuliert sind sie später auf jeden Fall gültig. Behandler sollten über solche Vorsorgevollmachten unterrichtet sein. So es die finanziellen Möglichkeiten erlauben, kann es sinnvoll sein einen Rechtsanwalt zu beauftragen und die Vorsorgevollmacht bei ihm zu hinterlegen.

 

Quellen / Literatur:

siehe auch unter Betreuung und Geschäftsunfähigkeit und unter Genehmigungsbedürftigkeit von Heilbehandlungen nach § 1904 BGB

Ruhr-Uni-Bochum Gesundheits- Vollmacht Ruhr-Uni-Bochum Leben und Sterben in Gottes Hand Ruhr-Uni-Bochum Patientenverfügung mit integrierter Gesundheitsvollmacht http://www.ruhr-uni-bochum.de/zme/Betreuungsverfuegung.htm http://patiententestament.de/ www.awo-mh.de/html/privatevorsorge/patientenverfuegung.htm Patientenverfügung prüfen: Unser 12-Punkte-Check (PDF) http://www.nordfriesland.de/Media/Docs/000118_5_21_d.PDF http://www.lbk-hh.de/gruppen/patienten/text3.htm Auf den Seiten der Ärztekammern: www.baek.de., Beim Bundes Justizministerium, bei den Kirchen:Katholische-Kirche. EKD.

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur