Sprue / Zöliakie

= Zöliakie Die Nahrungsrationierungen während des 2. Weltkrieges führten einen holländischen Kinderarzt zu der Beobachtung dass der Mangel Weizenbestandteils Gliadin die Symptome der von Sprue betroffenen Kinder besserte. Die Zöliakie ist eine immunologische Erkrankung des Dünndarms, die bei genetisch prädisponierten Menschen durch den Nahrungsbestandteil Gliadin ausgelöst wird und zu einer Schädigung der Darmmukosa mit anschließender Malabsorption führt, die durch eine gliadinfreie Diät reversibel ist. Ein Versuch die Erkrankung mittels Diät nachzuweisen gilt heute als obsolet, da viele unnötig als krank diagnostiziert würden. Prävalenz 1/130-300. Nach den Ergebnissen des bisher größten Bevölkerungsscreenings (Archives of Internal Medicine 2003; 163: 286–292) beträgt die Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung 0,75 % (0.3-1%). Unter den Verwandten ersten Grades beträgt die Prävalenz sogar 4,54 Prozent. Bei 25% wird die Diagnose erst im Alter von über 60 Jahren gestellt. Ein eindeutiger Gendefekt ist bisher nicht nachgewiesen, ebenso gibt es bisher keine gentherapeutischen Ansätze. Allerdings lässt sich bei über 95% der Patienten das HLA-Molekül DQ2 nachweisen, was allerdings die Erkrankung nicht beweist. Die Erkrankung ist assoziiert mit dem HLA-B8, DR3, DQ2 oder DQ8 Haplotyp. 20% der Bevölkerung haben die selbe Genkonstellation und erkranken nicht. Immerhin 70% der eineiigen Zwillinge erkranken auch, wenn der andere Zwilling erkrankt ist. Mit entscheidend ob jemand an Zöliakie erkrankt ist, wann beim Säugling Getreideprodukte zugefüttert werden. Allgemein wird empfohlen, dass Säuglinge bis zum 6. Monat gestillt werden. Säuglinge denen vor dem 6 Monat Getreideprodukte zugefüttert werden haben ebenso wie Säuglinge bei denen dies erst nach Beendigung des 7. Monats erfolgt ein erhöhtes Risiko an Zöliakie zu erkranken. (JAMA. 2005;293:2343-2351) Bei Blutuntersuchungen lassen sich bei fast allen Patienten hochtitrige Endomysium Antikörper und Gliadin Antikörper im Serum nachweisen, was die Erkrankung fast beweist. Einige Patienten mit positiven Antikörpern verlieren diese aber aus unklaren Gründen später wieder. IgA- Mangel kann ein Grund sein, warum die Erkrankung durch die Antikörperbestimmung nicht nachweisbar ist. Nur selten muss eine Darmbiopsie zur Diagnosesicherung durchgeführt werden, in Fällen mit negativen oder unsicheren Antikörpern kann sie aber manchmal beweisend sein. Selten ist die Darmbiopsie auch bei eindeutige Diagnose negativ. Als Basisdiagnostik gilt dabei der Nachweis einer Vermehrung der intraepithelialen Lymphozyten (IEL) um mehr als 40/100 Epithelzellen. Ohne IEL-Vermehrung gibt es keine Sprue. Bei der typischen Sprue besteht nach Marsh 3 a bis 3 c eine Vermehrung der IEL um mehr als 40/100 Epithelzellen, eine Kryptenhyperplasie sowie eine Zottenreduktion (3a: leichte Atrophie, 3b: schwere Atrophie, 3c: völliges Fehlen. Leitsymptome einer Sprue sind schlechtes Gedeihen bei Kindern, Zahnschmelzhypoplasie Gewichtsabnahme, Durchfall, Blähungen, seltener sind Blutarmut ( Eisenmangelanämie), Arthritis und Arthralgien, Knochenbrüche durch Kalziummangel, Osteoporose, Blutungsneigung, Kleinwuchs, Chronische Hepatitis und Transaminasenerhöhung, Polyneuropathien oft mit Beginn im Kindesalter. Oft ist eine Dermatitis herpetiformis Duhring (eine typische Hauterkrankung mit Bläschen)vorhanden. Der Kalziummangel kann Hyperventilationssymptome auslösen, die zur Verwechslung mit Angststörungen Anlass geben kann. Mangelnde Gewichtszunahmen oder gar Abmagerungen können insbesondere bei Kindern und Jugendlichen aber auch bei Erwachsenen zur Verwechslung mit einer Magersucht führen. Einzelne Studien wiesen daraufhin, dass bei Frauen mit Zöliakie vermehrt Infertilität, Fehlgeburten, Frühgeburten und dystrophe Neugeborene zu beobachten sind. Weizen-, Gersten-, Roggen- (Nudeln, Teigwaren) und Haferprodukte Brot, Nudeln, Gries.. müssen vermieden werden, bei Fertigprodukten genau auf die Zusammensetzung achten, Reis-, Mais- und Kartoffelstärke, Sago sind erlaubter Ersatz, eine begleitende Milchzuckerallergie normalisiert sich unter Diät..Gluten-Sensitivität kann sich neben der Gluten-sensitiven Enteropathie und der Dermatitis herpetiforme als neurologische Störung äußern, am häufigsten ist eine cerebelläre Ataxie und eine periphere Neuropathie. Einzelne Berichte über MR-Abnormalitäten in der weißen Substanz, die entzündliche Läsionen nahe legten, liegen vor. Ebenso ein Arbeit die migräneähnliche Symptome (mit neurologischen Ausfällen bei 10 Patienten) und NMR- Auffälligkeiten in diesem Zusammenhang berichtet, die auf Glutenkarenz reversibel waren. Hadjivassiliou M, Grünewald RA, Lawden M, Davies-Jones GAB, Powell TC, Smith CM. Headache and CNS white matter abnormalities associated with gluten sensitivity. Neurology 2001;56:385-388 Eine Zusammenhang zwischen Gluten- Sensitivität und migräneartigen Kopfschmerzen ist möglich. Da es sich bei dem Schädigungsmechanismus der Gluten-Sensitivität um eine humorale und T-Zell-mediierte Entzündungsreaktion handelt, die nicht auf den Darm beschränkt ist, sind möglicherweise auch entzündliche Veränderungen der weißen Substanz im Gehirn recht gut erklärlich. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Migräne-Patienten gehäuft als unspezifisch eingeordnete MRT-Herde haben, muss bei Patienten mit episodischem Kopfschmerz und unerklärlichen Herden in der weißen Substanz an die Bestimmun von Antigliadin-Antikörper gedacht werden. Es sind allerdings noch größere Studien nötig, um den Zusammenhang zwischen Migräne und Gluten-Sensitivität zu klären, wie auch die Frage wie viele unerklärte MRT-Abnormalitäten in der weißen Substanz generell möglicherweise durch diese Erkrankung bedingt sind. Bereits wenige Wochen oder Monate nach einer strikten glutenfreien Diät verschwinden die Symptome und die Morphologie der Dünndarmmukosa bessert sich bis hin zur Normalisierung. Das klinische Spektrum der Sprue des Erwachsenen hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Bei weniger als 50 Prozent der Patienten bestehen keine gastrointestinalen Symptome. Zu den atypischen Formen im Erwachsenenalter zählen: – Dermatitis herpetiformis Duhring Viele Patienten mit nachgewiesener Sprue haben keine Symptome. Bei leichten Symptomen kann das Syndrom leicht übersehen werden. Leicht untergewichtige Patienten mit häufigerem Durchfall und leichter Anämie sind ein Beispiel. Da die Zöliakie auch zu einer schwerwiegenden Malabsorption von z.B. Kalzium führen kann, können dennoch relevante Folgen wie Rachitis und Osteoporose auftreten.. Glutenfreie Ernährung könnte nicht nur die Symptome rasch vermindern sondern auch schnell die Knochendichte normalisieren. Unter Osteoporosepatienten ist die Häufigkeit der Zöliakie etwa 15x höher als in der Normalbevölkerung. Symptome der Sprue sind schlechtes Gedeihen bei Kindern, Gewichtsabnahme, Durchfall, Blähungen, seltener sind Blutarmut, Knochenbrüche durch Kalziummangel, Blutungsneigung, Polyneuropathien oft mit Beginn im Kindesalter. Säuglinge sind von der Erkrankung am schlimmsten betroffen, sie wachsen und gedeihen nicht, haben Durchfall, Blähungen und Bauchweh, ältere Kinder sind unbehandelt kleinwüchsig mit schlechten Zähnen. Bei Erwachsenen sind 3/4 der Erkrankten Frauen, sie klagen über gastrointestinale Symptome wie Durchfall und Verstopfung, aber auch andere Symptome der Malabsorption, wie Blähungen, Bauchweh.. Müdigkeit, Depression, Fibromyalgie- ähnliche Symptome, aphthöse Stomatitis, Knochenschmerzen, Dyspepsie, gastroösophagealen Reflux, und andere unspezifische Symptome. Oft ist eine Dermatitis herpetiformis Duhring (eine typische Hauterkrankung mit Bläschen) vorhanden. Der Kalziummangel kann Hyperventilationssymptome auslösen, die zur Verwechslung mit Angststörungen Anlass geben kann. Mangelnde Gewichtszunahmen oder gar Abmagerungen können insbesondere bei Kindern und Jugendlichen aber auch bei Erwachsenen zur Verwechslung mit einer Magersucht führen. Weizen-, Gersten-, Roggen- (Nudeln, Teigwaren) und Haferprodukte Brot, Nudeln, Gries.. müssen vermieden werden, bei Fertigprodukten genau auf die Zusammensetzung achten, Reis-, Mais- und Kartoffelstärke, Sago sind erlaubter Ersatz, eine begleitende Milchzuckerallergie normalisiert sich unter Diät. Bei Patienten ohne Symptome kann es sein, dass eine Diät nicht unbedingt erforderlich ist. Die Sprue scheint das Risiko an einen non-Hodgkinlymphom zu erkranken wesentlich zu erhöhen. Bei Erwachsenen muss aber nicht unbedingt ein Gewichtsverlust oder ein Durchfall vorliegen, es werden auch übergewichtige Zöliakiepatienten berichtet. Eine unklare Anaemie (Blutarmut) ist meist das einzige Hinweissymptom bei diesen weniger Betroffenen.

Erkrankungen die mit einer Zoeliakie gehäuft vorkommen

Dermatitis herpetiformis Alopecia areata
IgA Mangel Epilepsie
Hyposplenismus Ataxie
Type 1 Diabetes mellitus Periphere Neuropathie
Autoimmunthyroiditis Autoimmune Lebererkrankungen
Atrophische Gastritis Primär biliäre Zirrhose
Downsyndrom

Symptome bei Zöliakie Mögliche Ursachen
Epileptische Anfälle, Glutenataxie, ZNS- Symtome Erhöhte Affinität der Zöliakie- Antikörper zu den Hirngefäßen
Müdigkeit, Krankheitsgefühl Anämie, allgemeine Immunsystem Aktivierung
Gewichtsverlust Malabsorption der Nahrung
Durchfall, Bauchschmerzen Beschleunigte Magendarmpassage, Steatorrhoe, Malabsorption
Anämie Am häufigsten Eisenmangel, seltener Vitamin B12 und/oder fölsäuremangel
Knochenschmerzen Osteoporose
Aphthöse oral Geschwüre, Glossitis, Stomatitis Vitaminmangel, „orale“ Zoeliakie
Infertilität Vermutete Ursache: Eisen, Folsäure, und/oder Zinkmangel
Impotenz, Libidominderung Peripheres mangelndes Ansprechen auf zirkulierendes Testosteron
Alopezia areata Immunologische Attacke auf die Haarfolikel
Zahnschmelzdefekte Demineralisation während der Zahnentwicklung bei Kindern
Hypoglykämie Verzögerte Glukoseresorption
Blähungen Sekundäre Verdauung von Zucker durch die Darmflora
Nach DAVID A. NELSENCeliac Disease Am Fam Physician 2002;66:2259-66,2269-70.

 

Quellen / Literatur:

Carlo Catassi,et al. Risk of Non-Hodgkin Lymphoma in Celiac Disease JAMA. 2002;287:1413-1419, Feighery C. Coeliac disease [review]. Br Med J 1999;319:236-9., Celiac Sprue Association/United States of America, Inc.* Celiac Discussion List Archives National Digestive Diseases Information Clearinghouse Celiac Disease Resources for Medical Professionals Deutsche Zöliakiegesellschaft e.V. eine Selbsthilfegruppe, Leitlinie “Zöliakie, Sprue, glutensensible Enteropathie” der Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung (GPGE) vom April 2002 K.-M. KellerGlutensensitive Enteropathie (Zöliakie) – ein Krankheitsbild im Wandel Medizin im Dialog, 3/01 Aktuelle Übersicht:Allan McI Mowat Coeliac disease–a meeting point for genetics, immunology, and protein chemistry Lancet 2003; 361: 1290-92 [Summary] [Full Text] [PDF] W F Nieuwenhuizen, R H H Pieters, L M J Knippels, M C J F Jansen, S J Koppelman, Is Candida albicans a trigger in the onset of coeliac disease? Lancet 2003; 361: 2152-54 [Summary] [Full Text] [PDF] Ross McManus, Ph.D., and Dermot Kelleher, M.D. Celiac Disease — The Villain Unmasked? NEJM 348:2573-2574 Shan L, Molberg O, Parrot I, et al. Structural basis for gluten intolerance in celiac sprue. Science 2002;297:2275-2279 Cross, A. H., Golumbek, P. T. (2003). Neurologic manifestations of celiac disease: Proven, or just a gut feeling?. Neurology 60: 1566-1568 [Full Text] William F. Stenson et al., Increased Prevalence of Celiac Disease and Need for Routine Screening Among Patients With Osteoporosis, Arch Intern Med. 2005;165:393-399. R G P. Watson, Diagnosis of coeliac disease, BMJ, April 2, 2005; 330(7494): 739 – 740. [Full Text] [PDF] R M Furse and A S Mee, Atypical presentation of coeliac disease, BMJ 2005 330: 773-774. [Extract] [Full TextDavid S Sanders, David P Hurlstone, Mark E McAlindon, Marios Hadjivassiliou, Simon S Cross, Graeme Wild, and Christopher J Atkins, Antibody negative coeliac disease presenting in elderly people—an easily missed diagnosis, BMJ 2005 330: 775-776. [Extract] [Full Text Jill M. Norris et al, Risk of Celiac Disease Autoimmunity and Timing of Gluten Introduction in the Diet of Infants at Increased Risk of Disease, JAMA. 2005;293:2343-2351. ABSTRACT FULL TEXT PDF Klinische Bedeutung nichtklassischer Zöliakieformen Zimmer, Prof. Dr. med. Klaus-Peter Sprue – die vielen Gesichter der glutensensitiven Enteropathie Caspary, Prof. Dr. med. Wolfgang F.

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur