Nervus ulnaris

(C8-Th1) Ursprung: medialer Faszikel, Der N. ulnaris entfernt sich am Oberarm allmählich von der A. brachialis nach hinten, zieht im Sulcus nervi ulnaris (Rinne am distalen, medialen Humerusende) zum Unterarm und erreicht die Hand gemeinsam mit der A. ulnaris oberflächlich zum Retinaculum flexorum unmittelbar lateral vom Erbsenbein, Äste: Ramus dorsalis zum Handrücken, Ramus superficialis: sensibel zu den Fingern 4 + 5, Ramus profundus: zu den kurzen Handmuskeln, Innervationsgebiete: motorisch: am Unterarm: M. flexor carpi ulnaris, M. flexor digitorum profundus (Anteile für 4. + 5. Finger), an der Hand: alle Mm. interossei, alle Hypothenarmuskeln, vom Daumenballen nur M. adductor pollicis und Caput profundus des M. flexor pollicis, brevis, von den Mm. lumbricales die ulnare Hälfte, sensibel: Ulnarseite der Hand, palmar 1 ½ Finger, dorsal 2 ½ Finger, Autonomgebiet: gesamter Kleinfinger, Druckläsion: Das Sulcus-Ulnaris-Syndrom (Ulnarisrinnen-Syndrom) ist Folge einer chronischen Mikrotraumatisierung des Nerven im Bereich der Ulnarisrinne am Ellbogen. Häufig durch Aufstützen des Ellenbogens auf eine harte Unterlage bedingt,- z.B.: beim Lesen, Telefonieren, bei Bettlägerigen, bei falscher Lagerung unter Narkose. Ebensolche Schädigungen kommen bei häufig wiederholten Beuge- und Streckbewegungen im Ellbogengelenk vor,- z.B. mit Hanteln bei regelmäßigen Fitnessübungen, bei regelmäßiger stereotyper Bedienung von Hebeln bei der Arbeit. Eine flache Ulnarisrinne sowie eine bei Unterarmbeugung eintretende (Sub-)Luxation des N. ulnaris können die Ulnarisparese begünstigen. Im Vergleich zur gestreckten Armstellung steigt der Druck im Kubitalkanal des Ellenbogens für den Ulnarisnerv bei rechtwinkliger Beugung auf das Doppelte und bei maximaler Beugung auf bis zu das 15-fache an. Bei Vermeidung des Aufstützens oder der häufigen Beuge- und Streckbewegungen ist die Prognose in der Regel gut, manchmal ist zusätzlich eine Polsterung des inneren Ellbogens nützlich. Aufstützen und jede Art von Kompression oder übermäßiger Dehnung des Nerven muß vermieden werden. Nur sehr selten ist zum Schutz des Nerven eine operative Vorverlagerung erforderlich. Akute exogene Druckschädigungen des N. ulnaris in der Ulnarisrinne stellen nach den Leitlinien keine Operationsindikation dar! Bei mehr als 4% aller Menschen soll eine oft beidseitige spontane Luxation (Herausspringen aus der Knochenrille im Ellenbogen) aus dem Sulcus vorkommen. Diese Luxation ist meist mit den Fingern beim Beugen des Ellenbogens tastbar. Meist macht diese Luxation keine Beschwerden. Sie kann aber insbesondere bei großer Beanspruchung des Ellenbogens eine Lähmung begünstigen. Auch Dupuytren´schen Kontrakturen kommen in diesem Zusammenhang häufiger vor. Spätlähmungen nach Knochenbrüchen im Ellbogenbereich (aber auch bei Arthrose) kommen vor. Meist sind letztere langsam zunehmend und oft mit nur geringen sensiblen Symptomen. Im Gegensatz zu den einfachen Drucklähmungen ist bei Lähmungen als Folge von Veränderungen im Bett des Nerven im Sulcus meist eine operative Behandlung indiziert, die Operationsprognose ist in der Regel sehr gut. Anhand der Nervenleitgeschwindigkeiten lässt sich die fokale Kompression bei einer Ulnarisneuropathie im Ellbogen mit hoher Wahrscheinlichkeit bestimmen. Dies ermöglicht dem Chirurgen , sich über das therapeutische Vorgehen zu orientieren. Der Sulcus nervi ulnaris wird von unterschiedlich starkem sehnenähnlichen Gewebe – dem sogen. Sulcusdach – bedeckt, das gelegentlich durch den atavistischen M. epitrochleoanconaeus verstärkt wird und eine N. ulnaris Kompression bewirken kann. Neurologia 1999 Oct;14(8):389-92 Zur chirurgischen Behandlung der Ulnariskompression am Ellbogen gehören die mediale Epikondylektomie, die einfache Dekompression sowie die anteriore Transposition (subkutan, intramuskulär oder submuskulär). Es gibt kaum prospektive randomisierte Studien, aus denen sich Richtlinien entnehmen ließen, welche Operationstechnik bevorzugt gewählt werden sollte. Der Ansatz , wonach in erster Linie eine einfache Dekompression durch geführt werden sollte, gestützt wird. Die einfache Operationstechnik unter Erhaltung der Anatomie, insbesondere der Gefäßversorgung, und die Möglichkeit einer schnellen postoperativen Rehabilitation werden ebenfalls berücksichtigt. Bei intraoperativer Subluxation wird eine anteriore Transposition vorgeschlagen. Bartels RH, Menovsky T, Van Overbeeke JJ, Verhagen WI J Neurosurg 1998 Nov;89(5):722-7 Beim Kubitaltunnel-Syndrom handelt es sich um eine Kompression des Ellennervs im Verlauf durch den Kubitaltunnel unter dem M. flexor carpi ulnari. Der Eingang des Kubitaltunnels wird von einer Aponeurose (=flächige Sehnenstrukturen aus Bindegewebe) gebildet, die vom Musculus flexor carpi ulnari zum Olekranon verläuft. Aus der bei Beugung des Unterarms stattfindenden Anspannung dieser Aponeurose kommt es zu einer Druckschädigung des Ellennervs. Sowohl bei häufig wiederholten Beuge- und Streckbewegungen, als auch bei länger dauernder Unterarmbeugung z. B. im Schlaf kann dadurch ein Nervenkompressionssyndrom mit Störung der Mikrozirkulation, Ödembildung und nachfolgender Myelin- und Axonschädigung entstehen. Operativ behandelt wird mit Spaltung der den Eingang des Kubitalkanals bildenden Aponeurose. Loge de Guyon Syndrom: Als Folge eines Traumas (insbesondere am Radioulnargelenk) oder einer Verletzung, als Radfahrerlähmung, durch langes Videospiel, oder durch Ganglien kommt es zu einer Druckschädigung des ramus profundus (tiefen Astes) am Handgelenk. Hierbei liegen oft keine sensiblen Störungen vor, wenn betreffen diese nicht den Fingerrücken. Die sensibel NLG ist dabei dann auch meist normal. Besonders wenn die Läsion an der Handwurzel ist bleiben die Äste des Nerven zum Kleinfingerballen verschont, es schwinden dann überwiegend die Muskeln im Zwischenraum zwischen dem Daumen und Zeigefinger (spatium interosseum I). Manchmal entsteht aber auch hier eine Krallenhand. Meist kommt es nach Vermeidung des schädigenden Mechanismus (oder Tragen eines gepolsterten Handschuhs zum Schutz) innerhalb von 2 Monaten zu einer Rückbildung der Lähmung. Falls sich in diesem Zeitraum keine Besserung zeigt, wird eine Operation auch mit Suche nach einem Ganglion empfohlen. Bei der Lähmung typisch ist die „Krallenhand“ mit Überstreckung der Fingergrundgelenke und Beugung der Interphalangealgelenke bei Lähmung der Mm. interossei. Entsprechend ist auch die Fingerspreizung paretisch. Es besteht eine Schwäche der Endgliedbeugung der Finger IV und V, eine Adduktionsschwäche des Daumens und eine Parese des ulnaren Handgelenkbeugers. Besonders sichtbar sind Atrophien des Hypothenars und des M. interosseus dorsalis I zwischen Daumen und Zeigefinger. Die Sensibilitätsstörung betrifft die ulnare Hand bis zur Mitte des Fingers IV. Diagnostisch wertvoll ist das Froment-Zeichen: beim Versuch der Daumenadduktion wird der Daumen unwillkürlich durch den medianusinervierten M. flexor pollicis longus gebeugt. Als Ursache dieses Lähmungstyps kommen Aufstützen und häufige Bewegungen des Ellenbogens in Frage, begünstigt durch Lageanomalien bzw. eine „Luxation“ des Nervs aus seinem Bett (Sulcus ulnaris), daneben andere Druckwirkungen und Frakturen. Neurographisch kann die Diagnose gesichert werden. Hilft eine Änderung von Gewohnheiten nicht, ist eine operative Neurolyse indiziert. Druck auf die Loge de Guyon am Eintritt in die Hohlhand („Radfahrerlähmung“) kann rein sensible oder motorische Störungen des Hypothenars oder Paresen der Mm. interossei mit Aussparung des Hypothenars bewirken.

Ursachen der Ulnarislähmung

Oberarm

Trauma, Gipsverbände, Gehstützen, Aneurisma der A. brachialis, Anlageanomalien

Gefühlsminderung im Versorgungsgebiet des N. Ulnaris, motorische Störung , Krallenhand mit Lähmung der Abduktion und Adduktion der Finger 2-5, Adduktion des Daumens, Beugung im Grundgelenk 4+5, Streckung im Mittel- und Endgelenk 4-5. F. Endgelenksbeugung 4+5. F. ulnare Handbeugung, Daumenballen und Interosseusatrophie, Kleinfingerballenatrophie

Ellenbogen

Druckläsion, (Aufstützen, Luxation des Nerven in der Rinne mit vielen Mikrotraumen) Ellbogenfraktur auch als Spätfolge, suprakondyläre Humerusfraktur

Gefühlsminderung im Versorgungsgebiet des N. Ulnaris, motorische Störung , Krallenhand mit Lähmung der Abduktion und Adduktion der Finger 2-5, Adduktion des Daumens, Beugung im Grundgelenk 4+5, Streckung im Mittel- und Endgelenk 4-5. F. Endgelenksbeugung 4+5. F. ulnare Handbeugung, Daumenballen und Interosseusatrophie, Kleinfingerballenatrophie

Unterarm

Kubitaltunnelsyndrom, Frakturen, Chronische Druckschädigung (Fahrradgriff, Gehstützen o.ä.)

Gefühlsminderung im Versorgungsgebiet des N. Ulnaris, motorische Störung , Krallenhand mit Lähmung der Abduktion und Adduktion der Finger 2-5, Adduktion des Daumens, Beugung im Grundgelenk 4+5, Streckung im Mittel- und Endgelenk 4-5. F. Endgelenksbeugung 4+5. F. Daumenballen und Interosseusatrophie, Kleinfingerballenatrophie

Handgelenk

Loge de Gyon – Syndrom, Siehe z.B. Schweiz Med Forum 2008;8(35):641–643 Trauma, Gelenksveränderungen, Handgelenksfraktur, Ganglion, Lipom

Evtl. Gefühlsminderung im Versorgungsgebiet des N. Ulnaris, motorische Störung , Krallenhand mit Lähmung der Abduktion und Adduktion der Finger 2-5, Adduktion des Daumens, Beugung im Grundgelenk 4+5, Streckung im Mittel- und Endgelenk 4-5. F. Daumenballen und Interosseusatrophie, Kleinfingerballenatrophie

Hohlhand

Druckläsion, Fahrradgriff, Instrumente, Krücken, Verletzungen

Rein motorische Störung , Lähmung der Abduktion und Adduktion der Finger 2-4, Adduktion des Daumens, Beugung im Grundgelenk 4+5, Streckung im Mittel- und Endgelenk 4-5. F. Daumenballen- und Interosseusatrophie, Kleinfingerballen nicht betroffen.

 

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur