Vegatest

Was die Werbung verspricht: Durch die VEGATEST – Messung ist es möglich, tiefer liegende Ursachen einer Erkrankung herauszufinden, um dann anschließend sowohl Ursachen, als auch Symptome zu behandeln. So ist es möglich ganz gezielt Allergene, Verträglichkeit von Nahrungsmitteln, Empfindlichkeit und Unverträglichkeit gegen Umweltgifte, geopathologische Belastungen, Ursachen von Schmerzzuständen, chronische und nicht erkannte Entzündungsherde herauszufinden. Mögliche gesundheitliche Störungen des Patienten sind damit schnell und effektiv zu ermitteln. Gepriesen werden die „ganzheitlich diagnostischen Aussagen einer erfolgreichen und zuverlässigen Testmethode, einer Synthese von Jahrtausende alter, chinesischer Heillehre und modernster westlicher Technologie“. Erfolg scheint dabei überwiegend über das günstige Verhältnis von Investitionskosten zur guten Bezahlung durch die Kunden (oder besser Opfer) definiert. Zur Geschichte: Im Jahre 1976 wurde in einem Versuch die Elektro-Akupunktur nach Voll unter Beisein Dr. Volls als manipulierbare und unzuverlässige Methode in mehreren wissenschaftlichen Versuchsreihen beurteilt. Dies hinderte Voll und andere nicht daran, weitere Therapiemethoden von diesem Denkmodell abzuleiten: Bioelektronische Funktionsdiagnostik (BFD), Vega-Test, Bioelektronischer Regulationstest, Impuls-Dermographie, Decoderdermographie oder Segmentelektrogramm (SEG). Der Arzt Dr. Franz Morell kam 1977 auf die Idee, nicht existierende „Körperschwingungen“ mit einem Gerät zu behandeln, dessen Wirkungsweise bis heute nicht belegt worden ist. Dem Vegatest ähnliches wird unter verschiedenen Namen angeboten. Hinter Namen wie – Bioresonanz (BRT, MORA), – Bio-Communicatiom (BICOM), – VEGA-Select oder auch – Biophysikalische Informationstherapie – (externe) Biosignalmodulation verbirgt sich ähnliches. Dabei wird an einem Hautpunkt des Patienten der Widerstand gemessen und der entsprechende Wert vom Gerät angezeigt. Er zeigt vereinfacht gesagt das Ausmaß der Schweißsekretion am Messpunkt an. Anhand der Reaktion des Hautwiderstandes werden dann Rückschlüsse auf die bioenergetische Struktur und auf Funktionen des menschlichen Organismus gezogen. Das Geheimnis ist dabei die geschwollene Formulierung des Messergebnisses. Ansonsten würde ein billiger Widerstandsmesser für weniger als 100 DM aus dem Baumarkt den selben Dienst tun. Der Therapeut leitet daraus Aussagen über Organbelastungen, belastende Einflüsse aus dem Umfeld des Patienten und Verträglichkeit bzw. Unverträglichkeit bestimmter Stoffe für den Patienten ab. Verwendet wird er vor allem zur homöopathischen Diagnostik, angeboten wird die Testung aber auch in Arzt und Zahnarztpraxen zur Behandlung der schmerzhaften Löcher, die die Gesundheitsreform mit ihren Budgets in die Geldbeutel der Kollegen gerissen hat. In der Zeitschrift Allergologie 19, 114 – 122 [1996] ist bereits eine Studie zur diagnostischen und therapeutischen Wertigkeit der Bioresonanz bei Pollinose von H. Kofler und Mitarbeitern erschienen. Die Autoren kommen zum Schluss, dass die Bioresonanz weder für die Diagnostik noch Therapie der Pollenallergie geeignet ist. Was kommt bei Überprüfungen heraus; am aktuellen Beispiel: In einer neuen Studie [Full text] wurde wieder einmal der Zuverlässigkeit solchermaßen gewonnener Diagnosen nachgegangen. 15 Freiwillige von denen bekannt war, dass sie unter einer Hausstaubmilbenallergie oder einer Katzenhaarallergie litten und 15 Beschwerdefreie und in seriösen Skin Prick Test negative Freiwillige ließen sich von 3 Vegatestern in je 3 Sitzungen auf 6 Substanzen unter Standardbedingungen testen. Ergebnis: Bei allen 3 Vegatestern gelang keinerlei Unterscheidung zwischen Allergikern und Nichtallergikern. Kein einziger Patient erhielt eine korrekte Diagnose. Das Ergebnis überrascht nicht, ähnliche seriöse Untersuchungen waren seit Einführung der Methode bis heute mehrfach zum selben Ergebnis gekommen. Eine ähnliche Veröffentlichung: Doppelblindstudie von Prof. M. H. Schöni und Mitarbeitern aus der Alpinen Kinderklinik Davos. Sie untersuchten während eines stationären Behandlungsaufenthaltes in Davos 32 Kinder mit atopischer Dermatitis (AD), entsprechend Alter, Geschlecht und Schweregrad der AD (Scoring nach Costa) randomisiert, mit einer doppelblind-aktiven (A) oder Plazebobehandlung (P) mit Bioresonanz (Bicom-Gerät). Haut-, Schlaf-, Juckreizscores, Elektropunkturmesswert, Immunologie-, Blutwerte (Eosinophilie und Lymphozytenmarker) wurden bei Beginn und am Ende der Studie bestimmt. Ergebnisse: Nach 4 Wochen trat eine signifikante Besserung der verschiedenen Scores (Costa-Score, Pruritus-Score, Schlaf-Score) auf, jedoch ohne signifikante Unterschiede zwischen A und P. Bei den Akupunkturmesswerten und bei den Lymphozytenmarkern (CD4-HLDR, CD8-HLDR, CD14-HLDR, CD16, CD19 und CD23) fanden sich auch keine signifikanten Unterschiede. Von 35 genau analysierten Variablen beobachteten die Autoren bei 21 Variablen eine Veränderung, wobei sich sowohl in der Plazebo- als auch der aktiven Therapiegruppe je 14 Variablen veränderten, ohne dass zwischen A und P ein statistischer Unterschied feststellbar war. Auch Langzeitanalysen nach einem Jahr zeigten keinen Unterschied zwischen den beiden Behandlungsgruppen. Fazit: Unter den Bedingungen der gewählten randomisierten Doppelblindstudie (randomized paired double-blind study) ließ sich kein Effekt der Bioresonanz statistisch sichern. Die Autoren schließen daraus, dass in Anbetracht der hohen Behandlungskosten und der falschen Versprechungen der Befürworter dieser Therapie, diese Art von (Schein-) Behandlung nicht bei Kindern mit AD eingesetzt werden sollte. Einzelheiten dieser sehr lesenswerten Arbeit können im Original nachgelesen werden. Es ist den Autoren zu dieser wichtigen Studie herzlich zu gratulieren. B. Wüthrich, Zürich, Dr. Karl Feistle / Allergologie, Jg. 20 (1997), Nr. 6, S. 314, Gutachter Professor Inhaber des einzigen Lehrstuhls für Naturheilkunde und Naturheilverfahren in Deutschland, Malte Büring zur Bioresonanztherapie sowie die Bioelektrische Funktionsdiagnostik und die Decoder-Dermographie: Für alle diese Verfahren gelte, dass weder eine plausible Theorie zugrunde liege noch bis heute ausreichende empirische Wirksamkeitsnachweise oder Validitätsprüfungen vorliegen. Oberlandesgericht Saarbrücken, Az.: 5 U 804/98-71

Ein weiterer Kommentar ist mir seitens des Herstellers per Abmahnung untersagt worden. Es wird statt dessen eine Ausführliche Literaturrecherche zum Thema folgen.

 

Quellen / Literatur:

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  2. George T Lewith, Julian N Kenyon, Jackie Broomfield, Philip Prescott, Jonathan Goddard, and Stephen T Holgate
    BMJ 2001; 322: 131-134. [Full text]
  3. Stellungnahme der Fachkommission der Schweizerischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie (SGAI) zu den Bioresonanz- und Elektroakupunkturgeräten zur Diagnostik und Therapie von (vermeintlichen) Allergien Schweizerische Ärztezeitung 2006;87: 2, 50
  4. Kosten für alternative Behandlung muß PKV nicht erstatten Artikel der Ärztezeitung vom 23.10.02
  5. Kofler H,Ulmer H, Mechtler E, Falk M, Fritsch PO: Bio-resonanz bei Pollinose. Allergologie 1996; 19: 114–122
  6. Die Hintergründe warum Studien die für den Vegatest sprechen nicht aussagekräftig sind
  7. Bergold, O., Der sog. Medikamententest in der Elektroakupunktur, Zeitschrift für Allgemeinmedizin, 52, 312-322, 1976
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  14. Schweizer Mediziner verurteilen die Bioresonanz

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  19. infomed-screen, Bioresonanz bei Dermatitis wirkungslos

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  22. Stephen Barrett, M.D. Quack „Electrodiagnostic“ Devices

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  27. Promed e.V. Verein gegen unlautere Praktiken im Gesundheitswesen Forenübersicht

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur