Zönästhesie

auch Zoenästhesie oder Coenästhesie, Koenästhesie. Der Begriff Zönästhesie, zusammengesetzt aus dem griechischen Koine und Aisthesis, bedeutet wörtlich übersetzt: Allgemeine Empfindung oder, als entsprechender deutscher Begriff: „Gemeingefühl“. Dieser Terminus war in der Physiologie und Psychologie des 19. Jahrhunderts gängig, um das Leiberleben im Grenzgebiet zwischen Psychischem und Physischem zu beschreiben. In den letzten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts, maßgeblich beeinflußt durch die grundlegenden Arbeiten von Huber und Glatzel u. Huber, wurde der Begriff hauptsächlich in pathologischen Zusammenhängen gebraucht. Als Zönästhesien wurden nun qualitativ eigenartige Leibgefühlsstörungen bezeichnet, welche in verschiedene Teile des Körpers projiziert werden. Die von den Patienten geschilderten bizarren, fremdartigen Sensationen werden mit Vorliebe in das Körperinnere projiziert, in Organe, von denen man normalerweise keine bewußte Empfindung hat. Neben umschriebenen Schmerzsensationen von z.T. bohrenden, reißendem oder brennendem Charakter werden ziehende, kreisende oder steigende Leibgefühle, Elektrisierungs- oder thermische Sensationen, Zug- oder Druckempfindungen im Körperinnern sowie das Gefühl einer Verkleinerung oder Schrumpfung beschrieben. Daneben finden sich häufig Taubheits-, Steifigkeits- und Fremdheitsempfindungen bis hin zu Entfremdungserlebnissen im eigenen Körper sowie Erlebnisse des Nichtvorhandenseins von Organen oder Extremitäten. Die Zönästhesien sind als Symptom zu werten, welches bei verschiedenen psychiatrischen Erkrankungen auftritt, selten jedoch auch bei neurologischen Erkrankungen, z.B. entzündlichen oder tumorösen Erkrankungen des zentralen Nervensystems beobachtet werden kann. Zönästhesien sind als abnorme Körpermißempfindungen oder leibliche Beeinflussungserlebnisse im Sinn von Leibhalluzinationen definiert, welche in verschiedene Teile des Körpers projiziert werden. Die Patienten klagen häufig über unerträgliche Schmerzen oder Mißempfindungen, welche auch Organe betreffen können, von denen normalerweise keine bewußte Empfindung besteht. Zönästhesien sind als Symptome zu werten, die bei verschiedenen psychiatrischen Erkrankungen, z.B. Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis, beobachtet werden. Sie können jedoch auch Symptome neurologischer Erkrankungen sein, z.B. von entzündlichen oder tumorösen Erkrankungen des ZNS, weshalb eine ausführliche Differentialdiagnostik erforderlich ist.Während Zönästhesien in späten Krankheitsstadien aufgrund ihres „bizarren“ Charakters leicht zu erkennen sind, kann die Einordnung in Frühstadien, in denen häufig nur schwer lokalisierbare Brennschmerzen oder Mißempfindungen berichtet werden, schwierig sein.Trotz der unspezifischen Beschwerdeschilderung werden aufgrund des hohen Leidensdrucks der Patienten nicht selten wiederholt weitreichende, z.T. invasive und manchmal unnötige diagnostische und therapeutische Maßnahmen veranlaßt. Als Therapie erster Wahl gelten in Abhängigkeit von der Grunderkrankung Neuroleptika, wobei sich die therapeutische Beeinflußbarkeit der Symptome schwierig gestalten kann.

 

Quellen / Literatur:

(siehe unter Schizophrenie)

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur