Postnukleotomiesyndrom

oder Postdiskektomiesyndrom. Meint das erneute Auftreten von Beschwerden nach einer Bandscheibenoperation. Diese Beschwerden können ähnlich oder verschieden sein, zu denen vor der Operation, der Zeitpunkt bis zum Auftreten nach Operation variiert ebenfalls. Solche Beschwerden treten in beeinträchtigendem Ausmaß bei etwa 15% Patienten auf, bei 50000 Bandscheibenoperationen in Deutschland pro Jahr sind dies immerhin etwa 7500 Patienten pro Jahr, die diese Komplikation erleiden. Nach anderen Zahlen, sollen sogar 38 % der Bandscheiben-Operierten über neuropathische Schmerzen klagen. Zwar bekommen fast 2/3 der Patienten nach einer Bandscheibenoperation kernspintomographisch sichtbare Vernarbungen oder Verwachsungen im Periduralraum, diese treten aber bei Patienten mit Beschwerden nicht häufiger auf, als bei Patienten ohne Beschwerden, sind also in der Regel nicht die Ursache des Postnukleotomiesyndroms, auch wenn sich viele Patienten und Ärzte eine solche einfache Erklärung wünschen. Ein eindeutiger Hinweis, dass mikrchirurgische Bandscheiben-Operationen oder Bandscheibenprothesen zu weniger Postdiskektomiesyndromen führen würden, fehlt bisher ebenfalls.

Eine fehlerhafte Operationsindikation/Patientenauswahl, eine Operation in falscher Höhe und Operationskomplikationen können ein Postnukleotomiesyndrom ebenso begünstigen wie psychosomatische Faktoren und sozialmedizinische Rechtsstreitigkeiten. Je nach Statistik erleiden etwa 5-15% aller Bandscheibenoperierten einen Rezidivprolaps, also einen erneuten Vorfall in der operierten Etage. Die Entfernung des hinteren Teiles der Bandscheiben kann zur Instabilität bis hin zum Wirbelgleiten in der operierten Etage führen, auch dies kann zu postoperativen Schmerzen führen. Immer wenn geschnitten wird, kann es auch zu Infektion kommen, eine daraus resultierende Bandscheibenentzündung (Discitis oder bei Knochenbeteiligung Spondylodiscitis), kann ebenfalls zu anhaltenden Beschwerden führen.

Aus den bisherigen Studien lässt sich für den großen Teil der Patienten mit Postdiskektomiesyndrom kein Vorteil einer operativen Behandlung gegenüber einer kognitiven Verhaltenstherapie in Kombination mit einer Übungstherapie ableiten. Insbesondere zu Beginn der Beschwerden ist eine zeitige schmerzdistanzierende Behandlung sinnvoll. Nur bei eindeutig definierter Indikation und nach vorheriger sorgfältiger Abwägung sollte in seltenen Fällen ein erneuter operativer Eingriff erwogen werden.

 

Quellen / Literatur:

  1. Siehe auch unter Rückenschmerz
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  9. D. Lühmann, H. Raspe; Operative Eingriffe an der lumbalen Wirbelsäule bei bandscheibenbedingten Rücken- und Beinschmerzen Eine Verfahrensbewertung

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur