Empathie

Der Begriff Empathie wurde 1904 von der Schriftstellering Vernon Lee (1856–1935) geprägt, sie war fasziniert von Besessenheit und Identifikationsphänomenen. Sie ging davon aus, dass die Identitäten der Toten die Persönlichkeiten der Lebenden beeinflussen und formen können. Lee sah Empathie als eine Projektion unserer “Energien, Handlungen und Gefühle” in materielle künstlerische Arbeit an, gleichzeitig zog sie eine Parallele zum Prozess der Einfühlung wie er von dem deutschen Experimentalpsychologen Theodor Lipps (1851–1914) beschrieben worden war. Besondere Bedeutung erlangte das Wort durch Carl Rogers klientenzentrierte Psychotherapie, in der Einfühlung als wesentlicher Bestandteil des therapeutischen Prozesses angesehen wird. Sichhineinversetzenkönnen in die Psyche anderer. Mitempfinden. Einfühlungsvermögen, Fähigkeit, sich in Gefühle oder Einstellungen anderer Menschen hineinzuversetzen. Fähigkeit eines Individuums, sich vorübergehend mit einem anderen Individuum zu identifizieren. Als Voraussetzung zur Empathie gelten einerseits die Identitätsbalance und andererseits die Rollenflexibilität. Auf Grund empirischer Untersuchungen korreliert die Empathie positiv mit verschiedenen Intelligenzmaßen, emotionaler Stabilität, kognitiven Differenzierungsleistungen und höherer Strukturierung der Sprache. Fehlende Empathie verbindet sich dagegen mit Stereotypenbildung, Intoleranz und Vorurteil. Die Aktivierung bestimmter Hirngebiete bei Einfühlungsvermögen und Empathie wurde in einer Studie nun in funktionellen Kernspinaufnahmen dargestellt. Funktionellen Kernspintomographien geben dabei Auskunft, wo im Gehirn sich beim Empfinden von Empathie Stoffwechselveränderungen zeigen und damit auch wo im Gehirn Empathie entsteht. Wie zu erwarten spielend dabei so genannte Limbische Hirngebiete eine Rolle. Aktiviert wurden aber auch Hirngebiete, die in der Planung von Handlungen wichtig sind (präfrontale Hirnrindengebiete). Die Aktivierung der selben Hirngebiete bei der Imitation eines emotionalen Gesichtsausdrucks wie bei der alleinigen Beobachtung eines solchen emotionalen Gesichtsausdrucks macht deutlich, dass die Einfühlung in andere mit einer tatsächlichen Identifikation einhergeht. Diese Identifikation geht so weit, dass quasi alle Elemente der Emotion sich im Hirn den Einfühlenden auch dann so abspielen wie beim Beobachteten, auch dann wenn dies nicht zu einer gleichsinnigen Veränderung des Gesichtsausdrucks führt. Deutlich wird auch, dass die alleinige Imitation eines emotionalen Ausdrucks die entsprechenden Emotionen auch weckt. Imitation führt allerdings erfahrungsgemäß nicht notwendigerweise zum Einfühlen. Die Fähigkeit zur Imitation ist eine Bedingung für das Einfühlen. Die Rollenspiele der Kinder sind eine vor diesem Hintergrund sehr nachvollziehbare Form Einfühlung zu üben. Erwachsene verlassen sich dabei mehr auf die höheren geistigen Fähigkeiten, alleiniges gedankliches Probehandeln ermöglicht ihnen die selbe Einfühlung. Auch hierbei scheinen allerdings besonders in der rechten Hirnhälfte für die Steuerung von Bewegungen zuständige (motorische) und auch für die Wahrnehmung zuständige (sensorische) Hirnrindengebiete zusätzlich zu den rein emotionalen Rindengebieten erforderlich zu sein. Nicht jede Emotion geht mit Einfühlung einher. Andere Untersuchungen hatten zeigen können, dass emotionale Gesichtsausdrücke auch dann schon zur Aktivierung bestimmter Hirngebiete (Amydala) führen, wenn diese Gesichter noch gar nicht bewusst wahrgenommen werden. Auch die Aktivierung unterschiedlicher Hirngebiete beim Betrachten angenehmer und unangenehmer Bilder ließ sich in Studien zeigen. Das Fehlen von Empathie weist nach modernen psychiatrischen Klassifikationsschemen auf bestimmte Persönlichkeitsstörungen hin.

 

Quellen / Literatur:

L. Carr, M. Iacoboni, M.-C. Dubeau, J. C. Mazziotta, and G. L. Lenzi Neural mechanisms of empathy in humans: A relay from neural systems for imitation to limbic areas PNAS, April 29, 2003; 100(9): 5497 – 5502. [Abstract] [Full Text] Rhodri Hayward Empathy, The Lancet 2005; 366:1071

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur