Facettensyndrom
Als Facettengelenke bezeichnet man die kleinen an den
Querfortsätzen die Wirbel liegenden Gelenke zwischen den Wirbeln (Intervertebralgelenke).
Nach manualtherapeutische Definition
entsteht hier ein pseudoradikuläres (ohne Beeinträchtigung der
Nervenwurzeln) Schmerzsyndrom durch
Reizung der gut innervierten Gelenkkapseln, ausgehend von den Gelenkfacetten der
Interpedunkulargelenke. Ursächlich soll eine vermehrte Belastung der
Facettengelenke durch Lockerung der
Bänder bei verminderter Bandscheibendicke (Altersdegeneration, Vorfall) und eine
hierdurch bedingte Instabilität der Wirbelsäule sein, die zu einer Abnutzung der
kleinen Wirbelkörper führt. Neuroanatomische Studien haben freie und
eingekapselte Nervenendigungen in den Facettengelenke
nachweisen können, die Substance P und Calcitonin- Gen-related peptide
enthalten. Sehr sensible Mechanorezeptoren und mechanisch empfindliche
Nozizeptoren wurden dort ebenfalls nachgewiesen. Auch nach plötzlichen
Überdehnungen wie bei Unfällen (z.B. Schleudertraumen), kann es zu einem
Facettensyndrom kommen
(The
Journal of Bone and Joint Surgery (American). 2006;88:63-67)
Das Syndrom ist als eigenständiges
Schmerzsyndrom umstritten, manche Autoren sprechen von einem dorsalen
Kompartmentsyndrom des Bewegungssegments. Die Internationale Gesellschaft zum
Studium des Schmerzes geht davon aus, dass Facettengelenkssyndrome
bei 15% - 45% der Patienten mit chronischen Rückenschmerzen, bei 54% - 60% der
Patienten mit chronischen Nackenschmerzen und bei 42% - 48% der Patienten mit
thorakalen Rückenschmerzen eine Rolle spielen. Gefolgert wird dies aus dem
Erfolg der Lokalanästhetika in der Behandlung dieser Schmerzen. Wobei da
diese Lokalanästhetika nicht wirklich mit einem Plazebo vergleichbar sind
(Patient spürt immer die Wirkung), der Beweis aus dieser Annahme nicht zwingend
nachvollziehbar ist. Hinweisend soll eine Schmerzlinderung bei
Entlordorsierung der LWS sein. Über
freie Nervenendigungen von Gelenkkapsel, Synovia und Periost der
Interpedunkulargelenke vermittelte nozizeptive Schmerzen bei oft durch
arthrotische Veränderungen begünstigten Gelenkdistorsionen. Beschwerden:
diffus-flächiger, tief empfundener, häufig stechend-brennender Schmerz, im
Bereich der LWS meist durch Hyperlordosierung provozierbar; einschießender
Charakter bei Fehlbewegungen. Neben Bewegung und Physiotherapie werden
Infiltrationstherapien mit Kortikoiden empfohlen. Ob letztere einen Vorteil
gegenüber einer oralen Einnahme haben, ist zumindest umstritten. Eventuell
sinnvoller ist eine Infiltration der versorgenden Nerven mit Lokalanästhetika,
allerdings ist diese ebenfalls nur kurz wirksam. Angewendet wird auch eine
Denervierung mit verschiedenen Techniken( z.B. Radiofrequenzneurolyse,
Kryochirurgie).
Quellen / Literatur:
Boswell MV, Colson JD, Spillane WF. Therapeutic facet joint
interventions in chronic spinal pain: a systematic review of effectiveness and
complications.
Pain Physician. 2005 Jan;8(1):101-14.
Niemistö L, Kalso E, Malmivaara A, Seitsalo S, et al. Radiofrequency
denervation for neck and back pain. A systematic
review within the framework of the Cochraine Collaboration
Back Review Group. Spine 2003;28:1877–88.
|