Flaviviren

JEV, Westnilvirus, St Louis Enzephalitisvirus, Murray Valley Enzephalitisvirus, Denguefieber, Gelbfieber (W. Preiser, Frankfurt), Zentraleuropäischer u. Russischer Zeckenenzephalitisvirus (Frühsommer-, Zecken-)Enzephalitis), früher Arbo-B-Viren (weíl von Insekten übertragen, sie vermehren sich aber auch in Vertebraten (Vögeln, Säugetieren, bisher sind 400 Virusfamilien bekannt) behüllte Einzelstrang-RNA-Viren mit einer Größe von etwa 45 nm, sind häufige Erreger von Enzephalitiden. Daneben zählt aber auch der Hepatitis C Virus dazu. In Deutschland spielt nur der Erreger der Frühsommermeningoenzephalitis (FSME), der durch Zecken (Ixodes ricinus) übertragen wird, eine wesentliche Rolle. An Denguefieber erkranken jährlich 50 Millionen Menschen, eine halbe Million bekommt ein hämorrhagisches Fieber (meist bei der Zweitinfektion), 22000 sterben, Im Jahr 2002 traten in Deutschland 218 importierte Erkrankungen auf, neurologisch bedeutsam ist hier die Enzephalitis und das Guillain-Barré Syndrom als Komplikation. Die Behandlungsmöglichkeiten sind bisher für alle diese Erkrankungen schlecht. Als Ursache für eine Meningitis und Enzephalitis tauchte der Westnilvirus erstmals im Sommer 1999 in den USA in New York auf und hat sich seitdem rasant über die USA ausgebreitet, das Virus war erstmals 1937 in Uganda nachgewiesen worden. In den USA haben Zugvögel und die Wanderung von Vögeln den von Stechmücken übertragenen Erreger über größere Distanzen schnell verbreitet. Während das Virus im Ägypten überwiegend Kinder befällt, die dann den Rest des Lebens überwiegend immun bleiben, hatten die Amerikaner bis vor wenigen Jahren keinen Kontakt zu dem Erreger. Im Jahr 2002 verursachte der Westnilvirus 3800 Fälle von Enzephalitis in den USA, und 225 Todesfälle in Nordamerika. 2003 waren es 9858 Krankheitsfälle; 2863 mit Meningoenzephalitis, 503 andere schwere Komplikationen wie poliomyelitisartige schlaffe Lähmungen und 262 Todesfälle. WNV-Erkrankungen gesamt im Jahr 2000 21, im Jahr 2001 66, im Jahr 2002 4.156, im Jahr 2003 9.858. Im Jahr 2004 scheinen die Infekte wieder zurückzugehen, Die Infektionen mit dem Westnilvirus treten meist zwischen Juni und Oktober auf, eine Vielzahl unterschiedlicher Insekten (vor allem Moskitos) sind die Überträger, Vögel stellen das Erregerreservoir dar, bei über 100 Vogelarten konnte der Virus nachgewiesen werden. Auch eine direkte Ansteckung durch die Vögel ist möglich. Übertragungen durch Bluttransfusion, Organtransplantation, Stillen, transplazental Transmission, und Laborinfekte sind berichtet. Von 150 infizierten Personen wird nur einer krank. Das West- Nil-Fieber verursacht dann meist etwa 2- 14- Tage nach der Infektion grippeähnliche Symptome mit plötzlichem Fieber, Muskelschmerzen, Kopfschmerzen, Magendarmbeschwerden, Gelenkschmerzen, manchmal einen roten nicht schuppenden fleckförmigen Ausschlag, Lymphknotenschwellungen, Schmerzen hinter den Augen und anhaltende Müdigkeit. Die Erkrankung heilt meist von alleine aus. Nur ein Teil der Patienten entwickelt die gefürchteteren neurologischen Krankheitsbilder mit aseptischer Meningitis (2/3) in 80% mit einem Tremor oder seltener Myoklonus manchmal Hirnnervenbeteiligung auch Schwindel ist häufig bei der reinen Meningitis, parkinsonähnliche Syndrome kommen vor weisen aber eher auf eine Enzephalitis hin. Auch hier kommt es wohl meist zu einer kompletten Ausheilung. Die Enzephalitis (1/3 der Fälle) wird mit zunehmendem Alter häufiger. Schwäche steht meist im Vordergrund, Tremor, parkinsonänliche Symptome, Bewusstseinsstrübungen, Hirnstamm und Kleinhirnsymptome sind nicht selten. Auch isolierte akute schlaffen Lähmungen (Ähnlichkeiten zur Polio) können isoliert wie in Kombination mit der Enzephalitis auftreten. Eine Kombination der beschriebenen neurologischen Symptome kommt häufig vor. Die Diagnose wird serologisch gestellt (WNV-PCR, IgG und IgM, kreuzreagierende Antikörper zu anderen Flaviviren können auftreten). Bei einer Enzephalitis sind auch entsprechende Befunde im Kernspin in den T2 gewichteten Bilder in den Basalganglien, dem Thalamus, der Substantia nigra, und dem Hirnstamm nachweisbar. Bei einer Enzephalitis tritt meist auch eine Allgemeinveränderung im EEG und manchmal auch steile Potentiale im EEG auf. Entsprechend kann es auch zu Anfällen kommen. Laborchemisch sind je nach Organbefall auch eine Hyponatraemie, Lymphopenie, Zeichen einer Myositis, Pankreatitis, Hepatitis, oder, seltener einer Myokarditis oder einer tubulointerstitialen Nephritis nachweisbar. Eine spezielle wirksame Behandlung ist nicht bekannt, so dass die Vermeidung von Mückenstichen und das Händewaschen nach Kontakt mit Vögeln als Vorbeugung für den USA- Reisenden am wichtigsten sind. Ob in Deutschland eine Gefahr der Ausbreitung besteht ist nicht bekannt, fraglich ist ob in normalen Sommern die für die Virusvermehrung in den Speicheldrüsen der Mücken die erforderlichen Durchschnittstemperaturen über die notwendigen Zeiträume erreicht werden. Eine exponentielle Verbreitung in der Vogelpopulation wird allerdings auch hier nicht ausgeschlossen. Bisher wurde in Deutschland im Jahr 2003 ein importierter Fall einer West-Nil-Virus- Infektion bestätigt, eine Dunkelziffer ist angesichts meist asymptomatisch oder subklinisch verlaufenden Infektionen wahrscheinlich, nur durch umfangreiche serologische Untersuchungen wäre die wirkliche Prävalenz des Arbovirus und die Häufigkeit der Infektionen abzuschätzen. Da der Erreger hier nur wenig bekannt ist, wird sicherlich auch meist nicht an die Möglichkeit dieser Infektion gedacht. Die Viren halten sich auch in den Eiern der Mücken. An Impfungen wird experimentiert, für die ebenfalls häufig befallenen Pferde gibt es bereits eine Impfung, Studien mit israelischem Immunglobulin sollen 2005 erste Ergebnisse zeigen. Der gefährlichste Erreger der Gruppe ist aber der Japanische Enzephalitisvirus (JEV) der etwa 35 000-50 000 von Enzephalitis und 10 000 Tote pro Jahr verursacht. Der Virus wird über Mosquitoes (Culex tritaeniorhynchus) von seinen tierischen Wirten in Südostasien, China, und dem asiatischen Subkontinent übertragen, Ausbrüche sind aber auch aus Nepal und Nordaustralien bekannt. Im ländlichen Asien werden die meisten Menschen ohne Symptome als Kinder betroffen. Wenn die betroffenen krank werden leiden sie an einer schweren Meningoenzephalitis, oft mit Anfällen. Ein Teil der Betroffenen leidet nur an einer aseptischen Meningitis, oder einem poliomyelitisähnlichen Lähmungssyndrom. 30% der Patient mit JEV sterben, und die Hälfte der überlebenden behalten neurologische Symptome. Da keine gesicherte Therapieempfehlung existiert, ist die Prophylaxe bei allen Flaviviren besonders wichtig, eine aktive Impfprophylaxe ist möglich für FSME, Gelbfieber und Japanische Enzephalitis. Die Vermeidung von Mückenstichen mit entsprechender Kleidung, DEET, Autan und anders ist zu empfehlen.

 

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  • Dr. Johannes Werle

    Dr. med Johannes Werle

    Redakteur