Herpes zoster

  • Herpes Zoster (Gürtelrose) ist verursacht durch das im Köper befindliche Windpockenvirus (Varicella-Zoster-Virus, VZV) und betrifft nur Menschen, die zuvor Windpocken durchgemacht haben. Die Inzidenz wird mit 120–350 pro 100 000 Personenjahre angegeben.
  • Patienten mit Herpes zoster sind bis zur Verkrustung der Bläschen ansteckungsfähig durch Schmierinfektionen. Gefährdet sind Menschen, die noch keine Windpocken hatten, das Ansteckungsrisiko gilt als gering.
  • Der Gürtelrose kann eine Prodromalphase vor Auftreten der Bläschen vorausgehen. Betroffene fühlen sich dann für 3-5 Tage vor auftreten der Bläschen krank, habe manchmal Schüttelfrost, Fieber, Magendarmbeschwerden und Missempfindungen und Juckreiz in den betroffenen Dermatomen.
  • Die Gürtelrose ist fast immer einseitig, dass benachbarte Dermatome einer Seite befallen sind ist nicht ganz selten, das Überschreitung der Mittellinie des Körpers gilt als Rarität, ganz selten werden mehrere Hautsegmente asymmetrisch, also auf beiden Körperseiten, befallen. In fast in allen Fällen von symmetrischer Gürtelrose ist in der Literatur eine eine Grundkrankheit oder ein vermutlich triggernder Faktor wie Leberfunktionsstörung, Leukämie, Transfusion nachweisbar. Bei beidseitigem Zoster müssen besonders sorgfältig Differenzialdiagnosen wie der zosteriforme Herpes simplex, das Erysipel, eine Kontaktdermatitis, Insektenstiche, bullöse Dermatosen wie z.B. das bullöse Pemphigoid und der Pemphigus vulgaris ausgeschlossen werden. Siehe Hautarzt (2001) 52: 335 – 338 , und Hautarzt (2001) 52:817–819 Leitlinie Dermatologie Zoster und Zosterschmerzen
  • VZV-Infektion in der Regel nur zu einem klinisch manifesten Rezidiv, die Gürtelrose tritt also in der Regel nur einmal im Leben auf. Bei massiv immungeschwächten Patienten kann die Gürtelrose auch zweimal im selben Dermatom auftreten, auch bei diesen Patienten ist ein mehrfaches Auftreten extrem selten.
  • Besonders gefährlich sind Windpocken in der 5.-24. Schwangerschaftswoche und 5 Tage vor bis 2 Tage nach der Geburt für das Neugeborene. Die Gürtelrose der Schwangeren ist für das ungeborene Kind nicht gefährlich. Windpocken bei Erwachsenen sollten generell virustatisch behandelt werden, das gilt auch für Schwangere. Die Komplikationsrate nimmt mit zunehmendem Alter zu. Neben der Lungenentzündung kann auch eine Gehirnentzündung als Komplikation auftreten. Besonders gefährdet sich anzustecken sind auch eingereiste erwachsene Menschen aus tropischen Ländern, die als Kinder häufig keine Windpocken durchgemacht haben und nicht geimpft sind.
  • Gürtelrose tritt besonders bei älteren Menschen ab dem 50. Lebensjahr und mit dem fortschreitenden Alter zunnehmend auf. 20% und nach manchen Studien sogar 90% aller Menschen, die das 85. Lebensjahr erreichen, erkranken 1x in ihrem Leben an einer Gürtelrose. Der Kontakt mit Windpocken- Kindern vermindert die Häufigkeit von Zoster im Alter. Die Häufigkeit wird durch die Windpockenimpfung wahrscheinlich zunächst zunehmen in ferner Zukunft abnehmen. Infektionen, Traumata, Operationen, vorausgegangene Bestrahlungen, und andere Stressfaktoren begünstigen das Auftreten. Vermutlich verhindert auch eine Windpockenimpfung im Alter eine Gürtelrose und vermindert auch die Wahrscheinlichkeit einer postzosterische Neuralgie.
  • Schwere Krankheitsverläufe treten besonders bei immunsupprimierten und organtransplantierten Patienten, Tumor- und AIDS-Patienten auf.
  • frühzeitige antiviraler Therapie (Aciclovir, Brivudin, Famciclovir oder Valaciclovir innerhalb der ersten 72 Stunden nach Auftreten der Bläschen) mit systemischen Virostatika führen zu rascherer Abheilung der Hautveränderungen und verhindern in vielen Fällen die Komplikationen insbesondere auch die nach dem Ausschlag auftretenden Nervenschmerzen die man postherpetische Neuralgie nennt. Virostatika sind immer indiziert bei: immunsupprimierten Patienten, Zoster am ersten Ast des N. Trigeminus mit der Gefahr der Augenbeteiligung, Beteiligung des Hörnerven, und im Alter >50, besonders bei Frauen, heftigen Schmerzen bereits in der Prodromalphase, depressiven Patienten. Bei Immungeschwächten mit Windpocken oder Herpes zoster muss Aciclovir parenteral (als Infusion) gegeben werden. Bei unter 50 jährigen Patienten ohne Risikofaktor ist die antivirale Therapie Ermessenssache.
  • Der Begriff postherpetische Neuralgie wird unterschiedlich verwendet, was auch die zum Teil unterschiedlichen Zahlen zur Häufigkeit erklärt. Streng genommen meinen Neuralgien nur die einschießenden kurz dauernden Schmerzen (Sekunden bis wenige Minuten). Der Begriff der postherpetischen Neuralgie wird aber auch für alle Schmerzen verwendet, die nach Abklingen des Hautausschlages weiter bestehen oder neu auftreten. Manchmal werden zeitliche Kriterien eingesetzt, wie dass der Begriff postherpetische Neuralgie nur für Schmerzen verwendet wird, die mehr als 30 Tage nach Auftreten des Hautausschlages noch vorhanden sind oder 3-6 Monate nach der akuten Episode noch vorhanden sind.
  • Häufigkeit der postherpetischen Neuralgie: Zum Zeitpunkt der Abheilung der Hauterscheinungen klagen in Bevölkerungsstudien noch ungefähr 8-20% der unbehandelten Patienten über Schmerzen, einen Monat später 9-15% nach 3 Monaten 3–7% und nach einem Jahr 2-5% der Patienten aller Altersgruppen. In den prospektiven Studien zu Aciclovir wurden in den Plazebogruppen eine höhere Inzidenz angegeben. Dort wurden Häufigkeiten bis zu 50–60% nach einem Monat angegeben, In einer Aciclovirstudie wurde beispielsweise bei über 60 jährigen eine Häufigkeit von 61% nach einem Monat angegeben, die nach 6 Monaten auf 13% sank. Möglicherweise handelt es sich in den Studien um andere Patientenpopulationen. Sehr selten können diese Schmerzen auch lebenslang bestehen. Eine postherpetische Neuralgie tritt auch besonders häufig bei Frauen auf, Alleineleben zum Zeitpunkt des Auftretens der Gürtelrose und psychischer Distress begünstigt ebenfalls die postherpetische Neuralgie. Je älter der Patient und umso schwerer der ursprüngliche Hautausschlag bzw. je ausgeprägter die Narben, umso größer das sensible Defizit umso wahrscheinlicher ist die postherpetische Neuralgie. Auch Patienten mit einem Zoster ophthalmikus haben ein erhöhtes Risiko für eine Neuralgie. Patienten mit heftigen Prodromalsymptomen und besonders heftigen Schmerzen während der akuten Gürtelrose haben ebenfalls ein höheres Risiko. Die Häufigkeit der postherpetischen Neuralgie wird in der Literatur unterschiedlich angegeben. Bis zu 15% der unbehandelten Patienten haben einen Monat nach Abheilen der Bläschen noch Schmerzen, 1/4 von diesen oder 4% aller Gürtelrosepatienten haben nach einem Jahr noch Schmerzen. European Journal of Pain, 1999, 3(4), 335-342, Clinical Journal of Pain. 2002 18(6):350-354 Bandolier Jul-99
  • Komplikationen: sehr selten kommt es zu einer Meningitis (Hirnhautentzündung), noch seltener zu einer Enzephalitis (Gehirnentzündung), Hirnnervenlähmungen (z.B. Gesichtslähmung), Halbseitenlähmung, Polyradikulitis), Myelitis, oder Myeloenzephalitis, Ventrikulitis, Angiitis, Myositis, motorische Paresen in den betroffenen Myotomen, akuter Polyneuritis. Bauchwandlähmungen oder Lähmungen auch an inneren Organen wie der Magen oder Darmmuskulatur werden aber häufig nicht korrekt als Folge der Gürtelrose erkannt. Eine Bläschenbildung am äußeren Ohr, Gehörgang und der gleichseitigen Hälfte des harten Gaumens und der Zunge mit einer Fazialisparese und Ververlust wird als Ramsay-Hunt-Syndrom bezeichnet. Besondere Überwachung ist erforderlich, wenn die Gürtelrose den oberen Ast des Nervus Trigeminus und damit das Auge betrifft, hier sind Komplikationen bis zu Erblindung möglich. Am Auge können alle Strukturen betroffen sein: die Augenhöhle, die Bindehaut, die Hornhaut, der Glaskörper, die Regenbogenhaut und der Sehnerv. Komplikationen sind entsprechend Keratitis, Skleritis, Uveitis, Chorioretinitis, Iridocyclitis, Ptose, Mydriasis, Sekundäres Glaukom, Akute Retinanekrose, Doppelbilder. Die Augenbeteiligung tritt meist 1–4 Wochen nach den Bläschen auf und sollte sofort zum Augenarzt führen. Wenn also der erste Trigeminusast betroffen ist, sollte immer eine antivirale Behandlung erfolgen unabhängig vom Alter. Eine frühzeitige antivirale Therapie macht solche Komplikationen noch unwahrscheinlicher.
  • Am besten gesichert in der Behandlung der Schmerzen sind Trizyklische Antidepressiva, diese können im hohen Alter aber kontraindiziert sein. Sie werden in 25mg Schritten eingeschlichen und aufdosiert bis Schmerzfreiheit oder min 150mg. Alternativ kommen bei den plötzlich einschießenden kurzdauernden Schmerzen Antiepileptika (Gabapentin, Pregabalin, Carbamazepin, Topiramat,…) in Betracht. Auch hier wird nach Wirkung und Verträglichkeit die Dosis bis zur Maximaldosierung gesteigert. Um die Wirksamkeit zu beurteilen müssen die Antidepressiva und Antiepileptika mindestens 2 Wochen bei ausreichender Dosierung eingenommen worden sein. Bei manchen Patienten helfen auch hochdosierte retardierte Morphinpräparate. Lokal wirksam ist Lidocain-Creme oder Pflaster oder 0,025-0,075% Capsaicincreme 3-4mal/Tag für 4-6 Wochen. Wichtig ist dabei zu beachten, dass Capsaicincreme zu Beginn zu einer Reizung und mehr Schmerzen führt und erst dann die Linderung mit der Zeit eintritt.
  • In Bevölkerungsstudien war ein großer Teil der Patienten, die durch die neuropathischen oder neuralgischen Schmerzen nach einer Gürtelrose schwer beeinträchtigt war, bezüglich der wirksamen Medikamente wie Amitriptylin, Carbamazepin, Gabapentin oder Pregabalin unterdosiert. In manchen Studien nahm nicht einmal die Hälfte ein als wirksam erwiesenes Medikament. Viele nahmen periphere wirksame Schmerzmittel für die es keine Studien gibt, die eine Wirksamkeit nachweisen. Age Ageing, 2006; 35(2): 132 – 137. [Abstract], J Pain. 2005;6(6):356-63.

Das ursächliche Virus ist 70 Millionen Jahre alt, die von ihm verursachten Krankheitsbilder waren deshalb auch schon in der Antike bekannt. Hippocrates gab dem Herpes (Herpes von griechisch kriechen, Zoster von griechisch Gürtel) den Namen. Dass es sich um eine übertragbare Erkrankung handelt ist bereits 1875 bewiesen worden, der Zusammenhang zwischen Windpocken und Gürtelrose wurde 1892 von dem Wiener Arzt Janos von Bókay erkannt, erst in den 1940ern konnte das Virus dann unter dem Elektronenmikroskop von Helmut Ruska sichtbar gemacht werden. Mit der Möglichkeit des serologischen Nachweises (Thomas H. Weller 1952) konnte dann bewiesen werden, dass Windpocken und Gürtelrose vom selben Erreger verursacht werden.

Das Varicella-zoster Virus verursacht 2 verschiedene Krankheitsbilder. Bei der Erstinfektion meist im Kindesalter kommt es zu den Windpocken (auch Varicella oder englisch chickenpox), der Windpockenvirus, dieser bleibt nach durchgemachten Windpocken lebenslang in den Nervenzelle (den sensorischen Ganglien) quasi schlafend präsent. Windpocken sind durch eine Impfung vermeidbar geworden, hierdurch wird auch der Herpes zoster bei den geimpften vermutlich seltener. Da die Impfung noch relativ neu ist, bleiben noch Jahrzehnte, bis eindeutig nachweisbar ist, dass auch der Herpes zoster durch die Impfung seltener wird. Unklar ist auch ob spätere weitere Impfungen bei den primär geimpften Erwachsenen erforderlich werden. Sicher ist, dass durch die Impfung die Mortalitätsrate von Windpocken an sich von 0,41 auf 0,14 pro einer Million Einwohner in den USA zurückgegangen ist (NEJM 2005; 352: 450-8). Seit August 2004 ist die Varizellen-Schutzimpfung in Deutschland für alle Kinder und Jugendlichen empfohlen. Die Impfung sollte vorzugsweise im Alter von 11–14 Monaten durchgeführt werden, kann jedoch auch jederzeit danach erfolgen. Noch ungeimpfte 9- bis 17-Jährige ohne Windpockenanamnese sollten möglichst bald geimpft werden, da die Erkrankung bei Ihnen mit einer höheren Komplikationsrate einhergeht. Frauen mit Kinderwunsch, die keine Windpocken hatten, Personal im Gesundheitswesen und immunsupprimierte Patienten sollen ebenfalls geimpft werden.

Windpocken haben eine Inkubationszeit von 8–28 Tagen, meist treten sie 2 Wochen nach der Ansteckung auf. Personen mit Windpocken sind 1–2 Tage vor Auftreten des Exanthems und 5-7 Tage nach Sichtbarwerden der Bläschen ansteckend. Windpocken führen nur in etwa 0,1% der Erkrankungen zu einer Beteiligung des zentralen Nervensystems. Meist sind es meningeale Reizungen aber auch akute zerebellärer Ataxien mit günstiger Prognose. Ungünstiger verlaufen aseptische Meningitiden, Enzephalitiden, die Myelitis transversa, das Guillain-Barré-Syndrom und das Reye-Syndrom. Acyclovir vermindert auch bei gesunden Kindern mit Windpocken die Anzahl der Fiebertage und die Anzahl der Hautläsionen, ob Acyclovir bei sonst gesunden Kindern mit Windpocken sinnvoll ist, ist strittig. (Cochrane Reviews 2005,4) Symptomatisch sollen bei an Windpocken erkrankten bakterielle Superinfektionen der Haut durch sorgfältige Hautpflege (tägliches Baden, topische Verbände, Gabe von juckreizlindernden Medikamenten) vermieden werden. Aufgekratzte Wunden können durch Streptococcus pyogenes oder Staphylococcus aureus infiziert werden. Eine begleitende Lungenentzündung kann vor allem bei Erwachsenen zu schweren Komplikationen führen. Besonders gefährdet sind Schwangere im ersten und zweiten Drittel der Schwangerschaft, es können dann (bei 1–2%) Missbildungen im Sinne eines fetalen Varizellensyndroms entstehen.

Im Rahmen von Stressfaktoren oder anderen Erkrankungen kann es zum Ausbruch der Gürtelrose kommen. Der Schmerz geht meist den Hauterscheinungen voraus. Erst Tage nach den Schmerzen treten in einer band- oder gürtelförmiger Anordnung auf einer Körperseite flüssigkeitsgefüllte Bläschen auf. Die Dermatome von T3 bis L3 sind am häufigsten betroffen, daneben gibt es aber auch Zoster im Hirnnervenbereicht und im Genitalbereich. Die Gürtelrose, klingt nach der sehr unangenehmen Zeit mit Bläschen und Schmerzen nach 2-4 Wochen meist vollständig ab. Junge Menschen haben meist weniger Beschwerden. Etwa die 20-50% aller Menschen, die 85 Jahre alt werden erkranken irgendwann in ihrem Leben an Gürtelrose, oder 2 von tausend Menschen pro Jahr oder 400 000 Menschen pro Jahr in Deutschland. Bei Kindern sind es weniger als eines pro Jahr bei Menschen die älter als 65 Jahre sind erkranken bereits 12/1000 pro Jahr. Grund für die Erkrankung im Alter ist die nachlassende zelluläre Immunität gegen das Virus. Risikofaktoren für den Herpes zoster sind: eine Vorgeschichte mit Windpocken, Alter über 50, Einnahme von Immunsuppressiva, oder Kortisonpräparaten, Krebserkrankungen, HIV- Infektion, lokale Bestrahlung, Traumen, chirurgische Eingriffe. Patienten mit Herpes zoster sind bis zur Verkrustung der Bläschen ansteckungsfähig (Schmierinfektionen). Neuralgieforme Schmerzen können in seltenen Fällen auf die Gürtelrose folgen. Besonders häufig sind neuralgieforme Schmerzen bei hohem Alter, schweren Hauterscheinungen, schweren akuten Schmerzen, Prodrome (Kopfschmerz, Schüttelfrost, Fieber, allgemeines Krankheitsgefühl, gastrointestinale Beschwerden, Parästhesien oder Neuralgien in den betroffenen Dermatomen) vor Auftreten des Zoster. Die Schmerzen sind dann oft heftig und sprechen nicht selten schlecht auf Behandlung an. In einer Studie wurden die Daten von 421 Patienten untersucht. Das Lebensalter war signifikanter Prädiktor für das Auftreten von Schmerzen, wobei die Wahrscheinlichkeit mit Abstand vom Exanthem zunahm. Auch Schmerzintensität und -dauer korrelierten mit dem Patientenalter. Unter 60 Jahre war der Verlauf generell günstiger. Das Risiko einer postherpetischen Neuralgie betrug nach 3 Monaten 1,8%, bei > 60 Jahren 20%. Nach 12 Monaten bestanden nur mäßige Schmerzen und 7 von 14 Patienten wurden im Verlauf völlig beschwerdefrei. Das Geschlecht beeinflusste die Neuralgiehäufigkeit nicht. Vier Prozent erhielten zum Zeitpunkt der Hauterscheinungen eine antivirale Therapie, die nach heutigem Kenntnisstand in den meisten Fällen unterdosiert war. Bei Beschwerdefreiheit nach 12 Monaten kam es in keinem Fall zu späteren neurologischen Komplikationen. Bedeutsame Begleiterkrankungen wie Diabetes, Karzinome o.ä. bestanden bei 17 Patienten. Nach Erstmanifestation einer Herpes zoster-Infektion sind postherpetische Neuralgien selten und weniger schwerwiegend als angenommen. Eine antivirale Therapie mit Aciclovir sollte lediglich bei Patienten mit schweren anderen Erkrankungen und über 60-Jährigen erwogen werden. Helgason, S. et al., Prevalence of Postherpetic Neuralgia After a First Episode of Herpes Zoster: Prospective Study with Long Term Follow Up, Brit Med J 321 (2000) 794-796. Bei mäßiger Studienlage, deuten Studien darauf hin, dass durch Einsatz neuer Virustatika wie des Famciclovir oder des Valaciclovir der akute Zosterschmerz schneller sistiert und die Rate an Post-zoster-Neuralgien sinkt. (Akt Neurol 2006; 33: 257-262)

Von postherpetische Neuralgien spricht man, wenn der Schmerz Monate oder Jahre nach dem Ausschlag anhält. Diese wird von der akuten herpetischen Neuralgie, die innerhalb von 30 Tagen nach dem Ausschlag auftritt und der subakuten herpetischen Neuralgie die 30-120 Tage nach dem Ausschlag auftritt unterschieden. Risikofaktoren für das Auftreten der Postherpetischen Neuralgie sind hohes Alter, schwere akute Schmerzen während des Zoster, schwerer Ausschlag, und bereits vor dem Ausschlag vorhandene Schmerzen. Patienten mit all diesen Risikofaktoren haben ein bis 50-75%- iges Risiko 6 Monate nach dem Ausschlag noch Schmerzen zu haben. In wie weit Antivirale Substanzen vorbeugen ist noch nicht völlig gesichert, nach einer Metaanalyse wurde das Risiko aber immerhin etwa halbiert. (Jackson JL, Gibbons et al 1997) Neben dem Risiko von Neuralgien spielen auch besonders wenn die Stirn betroffenist (Zoster ophthalmicus) die direkten Komplikationen eine Rolle. 5x 800 mg Aciclovir/Tag über 10 Tage senken das Risiko von Komplikationen am Auge nach sechs Monaten von 42% auf 5% (Number needed to treat [NNT] = 3). Gründe von Anfang an eine antiviralen Therapie zu beginnen gibt es älteren Patienten über 50, Zoster im Kopf-Hals-Bereich bei Patienten, einem schweren Zoster (hämorrhagische Läsionen, wenn mehr als ein Segment befallen ist, bei aberrierenden Bläschen, Schleimhautbeteiligung) am Stamm und an den Extremitäten, Zoster bei immundefizienten Patienten, Zoster bei Patienten mit schwerer Dermatitis atopica und ausgedehnten Ekzemen, Zoster bei Kindern und Jugendlichen, die Salizylate oder Kortikosteroide als Dauertherapie erhalten. (Valacyclovir( 3×1 g für 7 Tage) oder Famciclovir (3×750 mg für 7 Tage) oder Acyclovir (5×800 mg für 7–10 Tage). Falls keine Kontraindikationen bestehen, ist eventuell die zusätzliche Gabe von Prednison (60 mg/Tag, ausschleichend über 21 Tage) sinnvoll. Oft übersehen werden etwa 2 Wochen nach den Bläschen auftretende Lähmungen , die immerhin etwa 2-5% der Patienten betreffen. Real ist die Häufigkeit vermutlich deutlich höher, da Lähmungen, wenn die oberen cervikalen Segemente oder die Thorakalen Segmente betroffen sind, nur in den seltensten Fällen diagnostiziert werden. Am häufigsten werden Lähmungen in den Myotomen C5-7 und L1-4 diagnostiziert. Sie treten besonders bei alten Patienten auf. Eine wirksame Behandlung gibt es nicht. Die Diagnose erspart den Patienten aber oft langwierige und unproduktive diagnostische Abklärungen.

Leider kann die antivirale Behandlung nicht in allen Fälle die Entwicklung der gefürchteten neuralgieformen Schmerzen verhindern. Etwa 20% aller Menschen die frühzeitig antiviral behandelt wurden entwickeln dennoch eine Neuralgie, die auch noch nach einem halben Jahr heftige Schmerzen verursacht. Die neuralgieformen Schmerzen werden zunächst mit Anitepileptika (Carbamazepin, Phenythoin, evtl Gabapentin) oder Antidepressiva (Amitryptilin, Nortriptylin,) Amitriptylin ist dabei am besten untersucht und in der Regel die erste Wahl bei Beginn der Behandlung, allerdings im Alter sehr problematisch) oder Lidocain-, Prilocaincreme oder Capsaicincreme (0.025 –0.075 %) behandelt. (Kost et al. in N Engl J Med, Vol. 32 July 4, 1996). Oft ist die Kombination (Antidepressivum + Antiepileptikum) dieser Substanzen sinnvoll und erfolgreicher als nur ein Medikament aus einer Substanzgruppe. Auch Opiate sind wirksam und werden von den Patienten auch lieber genommen, da sie schneller wirken, sind allerdings mit dem Risiko einer Gewöhnung behaftet. Sind diese erfolglos kann Abschätzen der Risiko/Nutzen-Relation die intrathekale (in den Rückemarkskanal) Applikation von Methylprednisolon als wirkungsvolle Therapie der postherpetischen Neuralgie eingesetzt werden. Die Risiken dieser invasiven Behandlung sind aber nach der Literatur noch nicht endgültig abschätzbar. (Kotani, N. et al., N Engl J Med 343 (2000); N. Raja, et al. Neurology 2002 59: 1015-1021.)

Ein Nachweis der Effizienz von Nervenblockaden oder Sympathikusblockaden bei Neuralgien fehlt bisher, ein Nutzen ist hier nur in den ersten 2 Monaten für Stunden bis Tage zu erwarten. Selten kann ein Herpes zoster allerdings auch schwerwiegende neurologische Komplikationen auslösen. Hierzu gehören Myelitis Enzephalitis, Entzündungen der großen Gehirngefäße mit der Folge von Hirninfarkten (siehe Grafik unten). Andere Komplikationen sind Hornhautnarben mit Sehstörung bei Betroffenheit des ersten Trigeminusastes, Hörstörungen bei Betroffensein des Hörnerven, anhaltende Hautrötungen an der Stelle des Zoster, Sekundärinfektionen, Hauthyperpigmentation und Narben, Arteriitis, Ventrikulitis, Harnverhalt bei Betroffensein der sakralen Dermatome. Ein Nachweis des Varicella–zoster Virus gelingt oft nur über die Polymerase chain reaction (PCR), dies ist bedeutsam, da die Bläschen auch fehlen können. Eine Übersicht über die neurologischen Komplikationen des H. zoster findet sich in (Donald Gilden NEJM). Aus einer anderen Studie war bereits bekannt, dass Kinderärzte seltener als beispielsweise Psychiater an einer Gürtelrose erkranken. Die Theorie, dass der Kontakt mit dem Windpockenvirus, die Abwehr gegen das Herpes zoster Virus verbessert wurde schon mehrfach vertreten.

Nach einer neuen Studie haben alte Menschen, die viel in Kontakt mit Kindern kommen ein geringeres Risiko an einem Herpes zoster zu erkranken. Für die Menschen, die Kontakt zu Kindern mit Windpocken haben wird das Risiko 5x geringer. Da durch die Impfung der Kinder der Kontakt alter Menschen zu Windpocken seltener wird, ist es möglich, dass die Häufigkeit der Gürtelrose vorübergehend zunehmen wird. In Ländern in denen Kinder gegen Windpocken geimpft werden, soll deshalb jetzt überprüft werden, ob die Impfung der älteren Menschen der Gürtelrose vorbeugen kann. Den Omas kann jedenfalls empfohlen werden, die an Windpocken erkrankten Enkel zu besuchen. Gegen Windpocken geimpfte Personen erkranken vermutlich seltener an Herpes zoster, da das Impfvirus eine geringere Reaktivierungsrate zu haben scheint. (Lancet 2002; 360: 678–82. Published online July 2, 2002). Ein Impfstoff zur Impfung der Erwachsenen (zur Vorbeugung gegen den Zoster) hat sich in einer Studie bewährt (New England Journal of Medicine (2005; 352: 2271-2284) und soll bald auf den Markt kommen. Sanofi Pasteur MSD plant die Vermarktung in Deutschland unter dem Namen Zostavax® Anfang 2007. Bei Patienten mit medikamentöser Immunsuppression oder HIV und Herpes zoster senkt intravenös infundiertes Aciclovir das Risiko der lebensbedrohlichen Zosterausbreitung auf den ganzen Körper. Unter einem Zoster sine herpete versteht man einen lokalisierten radikulären Schmerz ohne erkennbare Zosterbläschen, bei virologischem Nachweis einer VZV- Infection, und Ansprechen auf Acyclovirbehandlung.

Herpes zoster und postherpetische Neuralgien verursachen nicht selten sehr beeinträchtigende neuropathische Schmerzen. Eine systemische antivirale Behandlung mit Brivudin, Aciclovir, Famciclovir, oder Valaciclovir, die in den ersten 72 Stunden begonnen wird, vermindert den akuten Schmerz und das Risiko der Entwicklung einer postherpetischen Neuralgie. Ausschließlich in Kombination mit dem Virustatikum können Kortisonpräparate zusätzlich lindern. In absteigender Reihenfolge können Trizyklische Antidepressiva, Carbamazepin, Gabapentin, Opioide, und Lidocainpflaster der postherpetischen Neuralgie vorbeugen oder diese lindern. Durch Impfung von Kindern und älteren Menschen wird man langfristig vermutlich die Häufigkeit des Herpes zoster und der postherpetischen Neuralgien signifikant vermindern können.

Bilder bei Dermis.net Herpes zoster (33 images)

 

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Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

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