Ambivalenz

Koexistenz widersprüchlicher Gefühle im Bewusstsein, die ein Mensch selbst gleichzeitig und meist auch quälend erlebt. Nicht zu verwechseln mit Ratlosigkeit, Entschlussunfahigkeit.

Zum Beispiel: Eine Person wird zugleich gehasst und geliebt.

Allgemein: Gleichzeitiges Nebeneinander von positiven und negativen Gefühlen, Stimmungen, Einstellungen oder Strebungen gegenüber der gleichen Situation oder Person.

Ambivalenz bei medizinischen Behandlungen

Ambivalenz hat auch eine spezielle Bedeutung bei medizinischen Behandlungen: Die meisten Patienten weisen im Hinblick auf ihre Behandlung Ambivalenzen auf. Viele Patienten befinden sich in einem Annäherungsvermeidungskonflikt, wenn es um ihre Therapieziele geht. Eine widerspruchsfreie Änderungsmotivation ist eher die Ausnahme als die Regel.

Beschwerden verursachen meist nicht nur Leidensdruck, sondern auch Krankheitsgewinn. Sie stellen oft Teillösungen dar und haben zumindest den Vorteil, dass sie schon bekannt sind. Therapeutische Änderungen sind dagegen meist mit Kosten und Aufwand verbunden. Ihr Ergebnis erscheint zunächst ungewiss oder wenig vertraut und kann damit Angst hervorrufen.

Kurzfristig kann die »Kosten-Nutzen- Analyse« tatsächlich zu Ungunsten einer Veränderung des Status quo ausgehen, wenn die emotionalen Kosten unmittelbar anfallen, der Nutzen dagegen erst langfristig und aus Sicht der Patienten unsicher erfolgt.

Ambivalenz in Beziehungen

Ambivalenz in Beziehungen wird häufig als intrapsychischer Konflikt betrachtet, der sich negativ auf die Partnerinteraktionen und die Qualität einer Beziehung auswirken kann. Auf der Basis der Theorie sozialer Interdependenz und dem Investmentmodel wird Ambivalenz als Konzept verstanden, das ähnlich wie Commitment affektive, kognitive und motivationale Implikationen für eine Beziehung hat.

Bei hoher Ambivalenz ist die Bereitschaft zur Akkommodation geringer, es besteht eine stärkere Tendenz dazu, eine Beziehung zu beenden und sich dem Partner gegenüber destruktiv zu verhalten.

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur