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Migräne: Behandlung der Attacke
Allgemeines zur Behandlung von
Migräneattacken
In der Therapie der Migräne spielt der
Placebofaktor eine große Rolle, die
Erfolgsquoten von Placebos liegen in den meisten Studien um 40%.
Dort, wo die Placeboerfolgsrate kleiner ist, ist meist auch die
Wirkung in der Therapiegruppe geringer. Als wirksam gilt ein
Medikament in der Behandlung nur, wenn es eindeutig Placebos
überlegen ist. Als Erfolgskriterien für eine erfolgreiche Behandlung
einer Migräneattacke wird meist eine Besserung der Kopfschmerzen von
schwer oder mittelschwer auf leicht oder Kopfschmerzfrei innerhalb
zwei Stunden nach Verabreichung des entsprechenden Präparates und
eine reproduzierbare Wirkung bei 2 von 3 Migräneattacken definiert.
Bei leichten bis mittelschweren Attacken: Je zeitiger
Medikamente eingenommen werden, umso eher wirken sie auch. Die
Kombination von Antiemetika also Medikamenten gegen Übelkeit (z. B.
Metoclopramid 10-20 mg als Supp. oder p. o., z. B. Paspertin®, bzw.
Domperidon 10 mg p. o., z. B. Motilium®) mit 1000-1500 mg
Acetylsalizylsäure (als Brause- oder Kautablette) oder Paracetamol
1000mg, alternativ 400-800 mg Ibuprofen oder 250 mg Naproxen ist
meistens wirksam. Ausweichmedikation: 500-1000 mg Metamizol p. o.
Die Vorbehandlung mit einem Antiemtikum wie Metoclopramid oder
Domperidon ist nötig, um die im Migräneanfall verminderte Magen- und
Darmbeweglichkeit anzuregen und damit die Aufnahme des
Schmerzmittels aus dem Darm zu fördern. Medikamenten gegen
Übelkeit helfen also auch dann bei der Migräneattacke, wenn keine
Übelkeit vorhanden ist.
Die Kombination der ersten Wahl bei
leichten bis mittelschweren Migräne Attacken:
(Wirksamkeit nur bei frühzeitiger
Einnahme) |
Medikament gegen Übelkeit (auch
wenn keine empfunden wird) |
Metoclopramid 10-20 mg als Supp. oder p. o., z. B.
Paspertin®, bzw. Domperidon 10 mg p. o., z. B. Motilium® |
Zunächst Versuch mit einem
einfachen Analgetikum, also keinem Mischpräparat, in
ausreichender Dosis |
1000-1500 mg Acetylsalizylsäure (als Brause- oder
Kautablette), oder Paracetamol 1000mg, alternativ 400-800 mg
Ibuprofen oder 250 mg Naproxen. |
Migränemittel zur Einnahme bei der
Attacke mit typischer Dosierung (Beispiele)
(Keine Haftung, informieren Sie
sich bei dem Arzt, der Sie und ihre gesundheitlichen
Probleme kennt über das für Sie geeignete Medikament und
Ihre speziellen Risiken.) |
Paracetamol + Metoclopramid |
500 -1000 mg + 30 mg M. (absolutes Maximum 3000mg
Paracetamol/Tag bei einem gesunden Erwachsenen) |
Ibuprofen |
400 -1200 mg |
ASS + Metoclopramid |
1000 mg +10 mg (Vorsicht Aspirin ist für Asthmatiker,
Kinder und Magenempfindliche nicht geeignet.) |
Naproxen |
750 mg |
Diclofenac |
50-100 mg |
Sumatriptan |
25-100 mg (Vorsicht bei vorheriger Ergotamin- Einnahme,
Vorsicht bei Herzkrankheiten.) |
Wenn einfache Schmerzmittel
nicht wirken, kommen auch Kombinationspräparate, die mehrere
Wirkstoffe enthalten in Betracht. Ein höheres Risiko für
Abhängigkeit ist nicht eindeutig belegt. |

Behandlung mit Metoclopramid
Das preisgünstige und bei Erwachsenen gut verträgliche
Magenmittel Metoclopramid ist im Hausgebrauch wie auch in der
Notfalltherapie der Klink und Praxis oft Schmerzmitteln und
Triptanen ebenbürtig.
Metoclopramid wurde primär als Medikament gegen Übelkeit und um die
Aufnahme der Schmerzmittel durch den Magen- Darmtrakt zu
beschleunigen verabreicht. Inzwischen ist eindeutig, dass die
Substanz eine eigene gute Wirksamkeit bei Migräne hat.
Metoclopramid ist nach einer neuen Metaanalyse auch für sich alleine
wirksam in der Behandlung einer leichten bis mittelschweren Migräne
Attacke. Bei Erwachsenen ist Metoclopramid meist gut verträglich,
bei Kindern und Jugendlichen, seltener auch bei (sehr) jungen
Erwachsenen, ist Vorsicht geboten wegen dem vermehrten Auftreten von
Dyskinesien. Auch in der Notfallbehandlung der Migräne
in der Klinikambulanz zeigt sich Metoclopramid intravenös gegeben,
der subcutanen Gabe von 6 mg Sumatriptan ebenbürtig.
(Ian Colman, Michael D Brown, Grant D Innes, Eric Grafstein, Ted E
Roberts, Brian H Rowe Parenteral metoclopramide for acute migraine:
meta-analysis of randomised controlled trials BMJ
2004;329:1369-1373, doi:10.1136/bmj.38281.595718.7C (published 18
November 2004)
[Abstract]
[Abridged text]
[Abridged PDF]
[Full text]
[PDF]
B. W. Friedman et al., A trial of metoclopramide vs sumatriptan for
the emergency department treatment of migraines,
NEUROLOGY 2005;64:463-468)
Behandlung mit Kortison
Ob die notfallmäßige Kortisongaben bei Migräne einen Nutzen
hat, ist bisher strittig. Die Studienergebnisse sind
widersprüchlich. Möglicherweise sinnvoll ist die i.v. Kortisongabe
bei länger als 72 Stunden anhaltenden Migränezuständen. Die
Plazebobesserungsraten in Studien, bei denen Notfallpatienten i.v.
Dexamethason 10-24mg erhielten oder Plazebo, waren sehr groß.
(B.W. Friedman et al, Randomized trial of IV
dexamethasone for acute migraine in the emergency department,
Neurology 2007;69 epub ahead of publication.)
Behandlung mit rezeptfreien
Kopfschmerztabletten
In einer Aspirin® Migräne Studie mit 374 Migräne-Patienten, wurde
bestätigt, dass Acetylsalicylsäure (ASS) in einer magenfreundlichen
Brauseformulierung bei Migräne-Kopfschmerz wirksamer ist als
Placebo. Obwohl kein Antiemetikum gegeben wurde, sprachen 55
Prozent der Patienten auf die Therapie mit zwei Tabletten Aspirin®
Migräne mit je 500 Milligramm ASS an. Auf Placebo haben mit 36,8
Prozent signifikant weniger angesprochen. Als Therapie-Erfolg galt:
Rückgang der Kopfschmerzen vom Schweregrad stark oder mäßig stark
auf leichte oder keine Schmerzen zwei Stunden nach
Präparat-Einnahme. Nebeneffekte wie Übelkeit, Erbrechen oder Licht-
und Lärmempfindlichkeit seien zum Teil um mehr als 50 Prozent
reduziert worden.
Aber: Auch Rezeptfreie Kopfschmerztabletten können schwerste
Nebenwirkungen haben. Besonders bei den Arzneimitteln, die man
ohne Rezept selbst kaufen kann, sollte man den Beipackzettel
besonders sorgfältig lesen und wie es die Werbung empfiehlt einen
Arzt fragen. So kann beispielsweise Aspirin Asthmaanfälle oder bei
Kindern eine lebensgefährliche Hautkrankheit auslösen. Paracetamol
kann bei Überdosierung eine akutes Leberversagen auslösen.
UAW (Unerwünschte Arzneimittelwirkung) Aspirin:
Magen-Darm-Trakt: Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen, Ulzera, Blutungen;
Analgetika-Intoleranz (Rhinitis, Bronchospasmus), insbes. bei
Patienten mit Asthma, Nasenpolypen; Urtikaria, Leber- und
Nierenfunktionsstörungen.
AI (Arzneimittelinteraktionen) Aspirin:
Erhöhtes Blutungsrisiko mit Antikoagulanzien, erhöhte Gefahr von
Magen-Darm-Ulzera mit Glucocorticosteroiden, Wirkungsabschwächung
von Antihypertensiva/ Diuretika, Toxizitätserhöhung von Methotrexat,
Wirkungsverminderung von Probenecid, Sulfinpyrazon,
Wichtig ist also auch hier, die Auswahl der geeigneten Medikation
auf das individuelle
Nebenwirkungsrisiko des Betroffenen abzustimmen.
Risikoprofil für Magenblutungen (Wann
besonderer Magenschutz besonders bei Älteren) |
Aspirin oder nichtsteroidalen Antirheumatika
sind für über 80 Prozent aller Ulkusblutungen des älteren
Menschen verantwortlich. |
Andere Risikofaktoren |
Odds Ratio |
orale Antikoagulantien |
7,8 |
Ulkusanamnese |
3,8 |
Herzinsuffizienz |
5,9 |
orale Corticosteroide |
2,7 |
Diabetes mellitus |
3,1 |
Raucheranamnese |
1,6 |
Weil 5, Langmann MJS, Wainwright P et al.:
Peptic ulcer bleeding: accessory risk, factors and
interactions with non-steroid atiinflammatory drugs. Gut
2000; 46:[Abstract]. |
Zu den Nebenwirkungen von Ass siehe auch:
The Dutch TIA Trial Study Group. A comparison of two doses
of aspirin (30 mg vs 283 mg a day) in patients after a
transient ischemic attack or minor ischemic stroke.N Engl J
Med. 1991;325:1261-1266.MEDLINE und UK-TIA Study Group.The
United Kingdom transient ischaemic attack (UK-TIA) aspirin
trial: final results.J Neurol Neurosurg
Psychiatry.1991;54:1044-1054.MEDLINE |
Behandlung mit Triptanen
Bei schweren Migräneattacken oder bei Versagen der anderen
Therapieoptionen können unter Umständen Triptane zum Einsatz kommen.
Nur bei etwa sieben Prozent der Migräne-Attacken sind Triptane
notwendig.
Bei schweren Migräneattacken oder bei Versagen der anderen
Therapieoptionen (wenn einfache Schmerzmittel mit Antiemetikum nicht
ausreichen) kann unter Umständen eine Behandlung mit den sog.
Triptanen erfolgen, die neben der Hemmung der neurovaskulären
Entzündung auch eine vasokonstriktorische Wirkung haben. 3 der 7 in
Deutschland verfügbaren Triptane: Naratriptan, Almotriptan und
Zolmitriptan sind inzwischen rezeptfrei in Kleinpackungen in der
Apotheke erhältlich. Triptane sind wesentlich teurer als einfache
Schmerzmittel.
Die Tatsache, dass ein Triptan gegen den Kopfschmerz wirkt,
bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass der Kopfschmerz eine Migräne
war. Ein Triptan sollte nur eingenommen werden, wenn die Diagnose
einer Migräne gesichert ist, was bei Weitem nicht in allen
Fällen, in denen sie eingenommen werden, der Fall ist.
Hauptproblem der Triptane ist neben dem hohen Preis häufig das
Wiederauftreten der Kopfschmerzen (im Durchschnitt zwischen 20 und
40% der Patienten) nach zwölf bis 24 Stunden. Daneben gelten für die
Triptane einige Kontraindikationen wie Co-Medikation mit
Ergotaminen, Zustand nach Schlaganfall, koronare Herzkrankheit,
Herzinfarktanamnese, Herzrhythmusstörungen, schwere Leber- und
Niereninsuffizienz sowie schwere unbehandelte arterielle Hypertonie.
Ob Triptane tatsächlich das Herzinfarktrisiko erhöhen ist unklar,
erwiesen ist dies bisher nicht. Insbesondere bei gesicherten
Durchblutungsstörungen des Gehirns sollten sie nicht eingenommen
werden. Bei den Nebenwirkungen bestehen lediglich geringe
Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Triptanen. Bei
Prophylaxe mit einem Betablocker sollte die halbe Dosis der Triptane
gegeben werden. Mann sollte das Triptan nicht schon nehmen, wenn man
die ersten Anzeichen einer Migräne zu verspüren glaubt (im Gegensatz
zur Einnahme von normalen Schmerzmitteln) und auch nicht bei einer
beginnenden Aura. Eine solche prophylaktische Einnahme zählt zu
den häufigen Fehlern der Migränetherapie, damit wird die Wirkung
der Triptane verspielt. Erst wenn die Migräneattacke sicher beginnt,
sollte das Triptan eingenommen werden. Eine zu späte Einnahme
beeinträchtigt ebenfalls die Wirkung. Der Patient muss also den
optimalen Einnahmezeitpunkt herausfinden. Dies gelingt meist nach
zwei bis drei Attacken.
Für Triptane ist bisher keine fruchtschädigende Wirkung
nachgewiesen, die Daten sind allerdings nicht ausreichend, um
dies sicher beurteilen zu können. Schwangerschaftsregister gibt es
für Sumatriptan, Naratriptan, und Rizatriptan. Da Sumatriptan das
älteste Triptan ist, gibt es hiermit die meisten Erfahrungen,
sodass, wenn es gar nicht ohne Triptan geht, Sumatriptan der Vorzug
zu geben ist. Auf jeden Fall sollten in der Schwangerschaft mit dem
Arzt andere Behandlungsmöglichkeiten besprochen werden. Auch für
Triptane in der Stillperiode gibt es bisher keine Berichte über
negative Auswikungen auf den Säugling, auch hier sind die Daten
allerdings nicht ausreichend. (Can
Fam Physician. 2010 June; 56(6): 537-539. Siehe auch
Can
Fam Physician. 2010;56:25-7.)
Triptane haben ein größeres Abhängigkeitsrisiko als die einfachen
entzündungshemmenden Schmerzmittel.
Substanz |
Dosis |
Nebenwirkungen |
Kontraindikationen |
Besonderheit |
Sumatriptan
(Imigran®) |
25 - 100 mg
25 - 100 mg p.o.
6 mg s.c.
25 mg Supp
10 - 20 mg nasal |
Druck-, Wärme-, Schwere-
Druck-, Wärme-,Schweregefühl,
"Brustschmerzen", Kältegefühl, Lokalreaktion an der
Injektionsstelle, Atemnot, allgemeines Schwächegefühl |
Hypertonie, KHK, Angina
Hypertonie, KHK, Angina pectoris, Myokardinfarkt, M. Raynaud,
AVK, Schwangerschaft, Stillzeit, <18 und >65 J.
Prophylaxe mit DHE oder Methysergid, Ergotaminmißbrauch,
Migräneaura (Kein Patient sollte sowohl Ergotamine, als
auch Triptane im Arzneischrank haben) |
|
Zolmitriptan
(Ascotop®) |
2,5 - 5 mg p.o. |
Schwindel, Benommenheit Wärmegefühl, Schwäche,
Mundtrockenheit, Schweregefühl, "Brustschmerzen", Engegefühl
im Hals |
wie Sumatriptan
WPW-Syndrom |
Lipophil und damit ZNS- gängig, spezifischer als
Sumatriptan (5-HT1B und 5-HT 1D Rezeptoren) |
Naratriptan
(Naramig®) |
2,5 - 5 mg p.o. |
Müdigkeit, Parästhesien, Engegefühl der Brust |
wie Zolmitriptan |
lange Halbwertszeit und damit lange Wirksamkeit-
Wiederkehren der Kopfschmerzen innerhalb der Attacke am
seltensten, seltener nebenwirkungen, aber auch etwas weniger
wirksam als Sumatriptan |
Rizatriptan
(Maxalt®) |
5 - 10 mg p.o. bzw. Maxalt lingual |
wie Sumatriptan |
wie Sumatriptan;
bei Propanolol-Medikation
nur 5 mg Rizatriptan |
höhere Wirksamkeit, schnellerer Wirkungseintritt, als
Sumatriptan |
Eletriptan
(Relpax®) |
|
wie Sumatriptan |
noch nicht zugelassen |
soll am wirksamsten sein, aber auch am häufigsten
Nebenwirkungen haben. |
Pharmakokinetik der Triptane für die Behandlung schwerer
Migräne Attacken |
Drug
|
Zufuhr
|
Wirkungseintritt
|
Wirkungsmaximum
|
Bioverfügbarkeit
|
Dosis
|
Maximal Dosis
|
Schmerzfrei nach 2 Stunden Verum- Placebo |
Wiederauftreten von Kopfsschmerzen nach 2 Stunden |
|
|
(nach Minuten)
|
(nach Minuten)
|
(%)
|
(mg)
|
(mg)
|
(%) |
(%) |
Sumatriptan (Imigran®) |
subcutan
Spritze |
15 |
12 |
97 |
6 |
12 |
22 |
28-35
|
Sumatriptan (Imigran®) |
Nasenspray |
15-20 |
60-90 |
17 |
5 bis 20 |
40 |
22 |
28-35
|
Sumatriptan (Imigran®) |
Tablette |
30-90 |
150 |
15 |
25 bis
100 |
200 |
22 |
28-35
|
Zolmitriptan (Ascotop®) |
Tablette |
60 |
120 |
40 |
1.25 bis
5 |
10 |
16-23 |
24-37 |
Naratriptan (Naramig®) |
Tablette |
60-180 |
180-240 |
70 |
1 bis 2.5 |
5 |
15 |
22-29 |
Rizatriptan (Maxalt®) |
Tablette |
30-120 |
60-90 |
45 |
5 bis 10 |
30 |
22-31 |
37-43 |
Almotriptan (Almogran®) |
Tablette |
60-180 |
90-240 |
70 |
6.25 bis
12.5 |
2 |
|
|
Frovatriptan (Allegro®) |
Tablette |
120 |
120-240 |
20 |
2.5 bis
5 |
7.5 |
|
|
Eletriptan (Relpax®) |
Tablette |
60 |
60 |
50 |
40
|
160 |
27-31 |
26-36 |
Modifiziert nach Marcus Ferrone, B.S., M.S., Pharm.D. cand.
Susannah E. Motl, Pharm.D Current
Current Pharmacotherapy for the Treatment of Migraine
U.S.
Pharmacist,
March 2003, Ferrari MD. The war of the triptans.
In: EFNS Conference; 1999; Lisabon; 1999.Diener et al.
Therapie der Migräneattacke und Migräneprophylaxe,
Empfehlungen der Deutschen
Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft |
Kontraindikationen für Triptane: Hypertonie, koronare
Herzerkrankung, Angina pectoris, Myokardinfarkt in der
Vorgeschichte, M. Raynaud, arterielle Verschlußkrankheit der
Beine, TIA oder Schlaganfall, Schwangerschaft, Stillzeit,
Kinder, Alter >65 Jahre, schwere Leber- oder
Niereninsuffizienz, multiple vaskuläre Risikofaktoren. |
Wichtigste Nebenwirkungen der Triptane: Engegefühl im
Bereich der Brust und des Halses, Parästhesien der
Extremitäten, Kältegefühl, Lokalreaktion an der
Injektionsstelle, erhöhtes Risiko medikamenten- induzierter
Kopfschmerzen. |
Behandlung mit Ergotaminen
Vor Einführung der Triptane wurden häufig Ergotamine
verordnet, heute spielen sie keine große Rolle mehr. Ihr
Wirkmechanismus ist den Triptanen ähnlich, das
Nebenwirkungspotential ist aber ungünstiger. Sie dürfen auf keinen
Fall mit Triptanen kombiniert werden.
Die Nebenwirkungen der Triptane sind denen Ergotamine ähnlich.
Besonders bei zu häufiger Anwendung (definitive Obergrenze
10x/Monat) sind Durchblutungsstörungen wie Herzinfarkte,
Darmdurchblutungsstörungen (Mesenterialischämien), ischämische
Kolitide und Milzinfarkte beschrieben worden. Weiterhin auch
Parästhesien und Angina pektorisartige Schmerzen im Brust- und
Rückenbereich sowie im Halsbereich. Alle Triptane können den
Blutdruck während der Wirkung erhöhen.
Kontraindikationen gegen
Ergotamine
(Davidoff RA. Migraine: Manifestation,
Pathogenesis, and Management. Philadelphia, PA: FA Davis;
1995.) |

- Periphere Arteriosklerose
- Koronare Herzerkrankung
- Thrombophlebitis
- Hypertonus
- Bradykardie
- Hohe Dosen Betablocker
- Leberfunktionsstörungen
- Hyperthyreose
- Mangelernährung
- Schwangerschaft und Stillzeit
- Infektionen und Fieber
- Alter über 60 Jahre (relative KI)
|
Behandlung langdauernder Auren
Langdauernde Auren mit neurologischen
Symptomen sind ein bisher unbefriedigend behandelbares Syndrom.
Der NMDA-Rezeptor-Antagonist Ketamin kann bei einigen
Patienten mit hemiplegischer Migräne die Ausbreitung blockieren
(Kaube et al. Neurology 2000;55(1):139-41).
Bei einzelnen Patienten mit visuellen Auren und Hirnstammauren
mit Bewußtseinsstörungen war die Gabe von Naloxon bzw.
Flumazenil erfolgreich. (Sicuteri et al.
Headache 1983;23:179-83; Requena et al. Rev Neurol
1999;29:1048-51, Einzelfallberichte liegen auch zu dem
Diuretikum Furosemid vor. T. D. Rozen. Treatment of a prolonged
migrainous aura with intravenous furosemide. Neurology
2000;55:732)
Stufenschemata bei der Migränebehandlung
Mindestens 3 Behandlungsstrategien werden
bisher für akute Migräneattacken vorgeschlagen: stufenweise
Behandlung von einer Attacke zur nächsten mit steigernder
analgetischer Potenz, stufenweise Behandlung innerhalb einer
Attacke mit steigernder analgetischer Potenz und eine von
vornherein an den Schweregrad angepasste Therapie.
Die Ergebnisse einer internationalen Studie mit 835
Migränepatienten sprechen für eine von Anfang an besser
angepasste Behandlung. In der Studie wurden 3
Behandlungsverfahren für jeweils 6 Migräneattacken pro Patient
verglichen.
Bei stufenweiser Behandlung von einer Attacke zur nächsten
fängt der Patient mit nicht spezifischer Therapie an (einfaches
oder Kombinationsanalgetikum wie Aspirin oder Paracetamol).
Falls bei mehreren Attacken dies zu unbefriedigenden Ergebnissen
führt, geht er wieder zum Arzt und es wird eine Steigerung zu
einem wirksameren Schmerzmittel oder Vorgehen besprochen. Dieser
Prozess wird wiederholt bis sich befriedigende Ergebnisse
einstellen. Dieses Konzept wird bisher in den meisten
Behandlungsrichtlinien empfohlen. Es hat Vor- und Nachteile.
Bei der stufenweisen Behandlung innerhalb einer Attacke
mit steigernder analgetischer Potenz und Spezifität wird
zunächst während der Attacke mit einem einfachen Analgetikum
angefangen. Es wird besprochen, dass, wenn dieses nach einer
festgelegten Zeit (meist 2 Stunden) nicht wirkt, zur nächsten
Stufe übergegangen wird- meist zu spezifischen
Migränemedikamenten. Bei dieser Strategie haben die Patienten
von vorneherein eine Handhabe für einen unzureichenden
Behandlungserfolg.
Bei von vornherein an den Schweregrad angepasster Therapie
wird bereits bei der ersten Einnahme je nach Schweregrad aus der
gesamten Palette selektiert.
In einer Studie wurden die 3 Verfahren verglichen:
Bei an den Schweregrad angepasster Therapie
erhielten die Patienten mit Grad II Kopfschmerzen Aspirin, 800
bis 1000 mg (je nach Land), plus Metoclopramid, 10 mg, als
Akutbehandlung für die Migräneattacken. Bei Grad III oder IV
Kopfschmerzen erhielten sie Zolmitriptan, 2,5 mg als sofortige
Akutbehandlung.
Bei stufenweise Behandlung von einer Attacke zur nächsten
behandelten die Patienten ihre Kopfschmerzen während der ersten
3 Attacken mit Aspirin, 800 bis 1000 mg (je nach Land), plus
Metoclopramid, 10 mg. Diejenigen, die keinen befriedigenden
Behandlungserfolg erzielten, wurden angewiesen zum nächsten
Schritt Zolmitriptan, 2,5 mg als sofortige Akutbehandlung für
die nächsten Attacken überzugehen. Die anderen sollten bei
Aspirin und Metoclopramid bleiben.
Bei der stufenweisen Behandlung innerhalb einer Attacke
behandelten die Patienten ihre Kopfschmerzen zunächst mit
Aspirin, 800 bis 1000 mg (je nach Land) plus Metoclopramid 10 mg
. Diejenigen, die nach 2 Stunden keinen befriedigenden
Behandlungserfolg erzielten, wurden angewiesen zum nächsten
Schritt überzugehen und Zolmitriptan 2,5 mg zusätzlich
einzunehmen. Die anderen sollten bei Aspirin und Metoclopramid
bleiben.
Resultat der Studie: Der Erfolg bei von vorneherein
bei an den Schweregrad angepasster Therapie war nach 2 Stunden
(wie eigentlich zu erwarten) signifikant besser,(52.7%)
gegenüber den beiden anderen Gruppen (40.6%; P<.001) oder
(36.4%; P<.001). Die Ausfallzeiten waren ebenfalls bei
diesen 6 Attacken in dieser Gruppe signifikant geringer.
Allerdings waren auch die Nebenwirkungen signifikant häufiger
(321 Ereignisse) gegenüber (159 oder 217 in den beiden anderen
Gruppen), die meisten Nebenwirkungen wurden als mild bis
mäßig in ihrer Intensität beschrieben.
Eine von vorneherein an den Schweregrad angepasste Therapie
erwies sich damit den anderen Verfahren als überlegen.
Kommentar der DKMG: Die Tatsache, dass in
Deutschland in der Regel die Stufentherapie benutzt wird, beruht
darauf, dass ein Arzneimittelbudget besteht und bei der häufigen
Verschreibung von Triptanen der Nachweis geführt werden muss,
dass die Patienten auf eine Behandlung mit Analgetika in
Kombination mit Metoclopramid nicht angesprochen haben.
Hinweis: Statt Zolmitriptan sind sicherlich auch alle anderen
Triptane ähnlich verwendbar.
Stratified Care vs Step Care
Strategies for Migraine The Disability in Strategies of Care
(DISC) Study: A Randomized Trial Richard B. Lipton, MD; Walter
F. Stewart, PhD, MPH; Andrew M. Stone, MSc; Miguel J. A. Láinez,
MD; James P. C. Sawyer, MB, ChB JAMA. 2000;284:2599-2605 -
November 22/29, 2000Vol 284, No. 20, pp 2551-2672
Migräne-Kopfschmerzen bei Kindern
Kopfschmerzen bei Kindern unterscheiden sich
in den Symptomen nur wenig von denen bei Erwachsenen. Die
Internationale Kopfschmerzklassifikation legt für die Einordnung
des kindlichen Kopfschmerzes die gleichen Kriterien wie für
Kopfschmerzen im Erwachsenenalter zugrunde, lediglich für
Migräneattacken wird eine kürzere Dauer (2 Stunden im Vergleich
zu 4 Stunden) gefordert.
Bei kindlichen Kopfschmerzen sollten
nicht-medikamentöse und medikamentöse Behandlungsmaßnahmen
kombiniert werden, und nicht-medikamentöse Maßnahmen wie das
Erlernen eines Entspannungsverfahrens oder
verhaltentherapeutische Gruppenbehandlungen den Vorrang haben.
Gelegentliche Kopfschmerzen hat fast jedes
Kind: 83 % der 8 bis 9-jährigen bzw. 90 % der 11 bis
12-jährigen Kinder leiden gelegentliche an Kopfschmerzen. 60 %
aller Kinder und Jugendliche leiden an Kopfschmerzen vom
Spannungstyp, 10 bis 12 % unter Migräne. Erstmanifestation der
Migräne ist meist zwischen 6. und 8. Lebensjahr. Mädchen sind
nach dem Alter von 10 Jahren signifikant häufiger von Migräne
betroffen als Jungen.
Je früher sich Migräne manifestiert, desto
wahrscheinlicher ist ein schlechter Verlauf. Bei etwa einem
Viertel verschwindet die Migräne im Laufe der nächsten Jahre
wieder. Sekundäre Kopfschmerzen im Kindesalter (meist infolge
einer Infektion) werden häufig in Eigenregie von Eltern
therapiert. Neben Bettruhe, Kühlung der Stirn, Entspannung,
Unterbrechung der ursprünglichen Tagesaktivität,
Reizabschirmung, Entspannung, ätherische Ölen oder Akupressur,
kommen dabei medikamentös Paracetamol oder Ibuprofen in Frage.
Für Ibuprofen gibt es eine bessere Studienlage und eher weniger
Nebenwirkungen.
Zur medikamentösen Attackentherapie der Migräne
kommt wie bei Erwachsenen für leichte Migräneattacken Ibuprofen
in Betracht. Auf Acetylsalicylsäure sollte bei Kindern wegen des
Risikos eines Reye-Syndroms verzichtet werden. Paracetamol kann
möglicherweise die Entwicklung von Allergien bei Kindern
begünstigen. Bei sehr starken Migräneattacken können auch bei
Jugendlichen Triptane erwogen werden. Bezüglich Metoclopramid
ist wegen des relativ hohen Risikos von Dyskinesien eher
abzuraten.
Dringend empfohlen wird auch das Führen eines
Kopfschmerztagebuches. Als Migräneprophylaxe kommen Metoprolol
in Frage (Metoprolol 1 bis 2 mg pro kg Körpergewicht pro Tag,
als abendliche Einmaldosis, wobei die Behandlungsdauer zwischen
4 und 6 Monaten liegen sollte).
|