manuelle Medizin

= Chirotherapie, in den USA auch Osteopathie. Die manuelle Medizin nutzt für Diagnostik und Therapie von Funktionsstörungen am Bewegungsapparat definierte Handgriffe und differenzierte manuelle Techniken (Weichteiltechniken, Mobilisationen). Angriffspunkte sind funktionelle, reversible Störungen im Regelkreis Gelenkspiel -nozizeptive Afferenz – motorische Efferenz – Schmerzempfindung. Durch die Wiederherstellung eines regelrechten Gelenkspieles bessern sich nicht nur Schmerzen, Voraussetzung zur manuellen Therapie sind sorgfältige klinische Untersuchungen unter Einschluss bildgebender Verfahren, eine manuell-medizinische Untersuchung sowie die korrekte Lagerung und Fixierung. Bei nachweisbaren Gelenkblockierungen ergeben sich als Indikation für eine manuelle Therapie in der Rheumatologie: Wegen der Gefahr von induzierten Gefügestörungen müssen Kontraindikationen der manuellen Therapie in der Behandlung beachtet werden: akute Arthritis oder Spondylitis, Knochenerkrankungen (hochgradige Osteoporose, schwere Osteomalazie, M. Paget), Neoplasien (Primäre Knochentumore, Knochenmetastasen), Radikuläre, medulläre Kompression, akuter Bandscheibenprolaps, Hypermobilität der Wirbelsäule oder der peripheren Gelenke, Gefügelockerungen von Bewegungssegmenten der Wirbelsäule (Cervikalarthritis) oder peripherer Gelenke, frische Frakturen, schwere arterielle Durchblutungsstörungen (Halswirbelsäule). Vorsicht bei hohem Lebensalter! Die manuelle Therapie darf nur von einem entsprechend weitergebildeten Arzt/Physiotherapeuten unter Kenntnis von Indikationen und Kontraindikationen durchgeführt werden. Auch bei Behandlung durch den Fachmann sind bei Manipulationen an der Halswirbelsäule Schlaganfälle beschrieben, wie hoch das Risiko ist, ist strittig, es wird von Verfechtern der Methode als sehr gering angesehen, Neurologen schätzen es teilweise wesentlich höher ein. Ob die Statistiken zuverlässig sind, ist Gegenstand der Diskussion. Von Neurologen immer wieder beschrieben und in ihrer Inzidenz unbekannt sind die Komplikationen mit Dissektion der A. vertebralis und Schlaganfall bei jungen bis dahin gesunden Menschen. Hier die Ergebnisse einer in der Zeitschrift Manuelle Medizin veröffentlichten Metaananalyse der Literatur. Die niedrige Inzidenz, die die Studie vermuten lässt, beruhigt. Allein vieles bleibt weiter offen. Dies ist umso bedeutsamer, als der therapeutische Nutzen als umstritten gilt. Schätzungsweise sind nur 1,3 von 1000 Schlaganfällen auf eine Dissektion im vertebrobasilären Stromgebiet zurückzuführen. In einem großen medizinischen Zentrum können maximal 0,5 bis 3 Fälle pro Jahr erwartet werden. Nach einer Metaanalyse der Literatur traten 160 Fälle spontan auf, 115 Fälle nach einer Manipulation (Chiropraxis), 58 Fälle nach einem Bagatelltrauma und 37 Fälle nach einem massiven Trauma. Die subjektiven Beschreibungen der Manipulationen reichen von gewaltsam bis sanft. Beteiligt ist nahezu jede Art der Manipulation. Inzidenzschätzung der Veröffentlichung zwischen 1 von 1,3 Millionen Behandlungssitzungen und 1 von 400.000 Behandlungssitzungen. Es ist allerdings anzunehmen, dass bei weitem nicht alle Fälle veröffentlicht werden, die Dunkelziffer bleibt unklar. Als mögliche Erklärung für den Zusammenhang zwischen der Wirbelsäulenmanipulation und einer Dissektion im vertebrobasilären Stromgebiet wird diskutiert, dass die zervikale Manipulation in vielen Fällen bei Patienten eingesetzt wird, die bereits an einer fortschreitenden Dissektion leiden. Diese Theorie stützt sich auf die Beobachtung, dass viele Patienten mit einer spontanen Dissektion akute Nacken- und Kopfschmerzen als initiale Symptome angeben, was sich mit fortschreitender Zeit zu einem Hirninfarkt entwickelt. Da die meisten zervikalen Manipulationen zur Therapie von Nacken- und Kopfschmerzen durchgeführt werden, erscheint es wahrscheinlich, dass Patienten mit einer fortschreitenden Dissektion, die von einem Therapeuten gesehen werden, einer Manipulationsbehandlung zugeführt werden. Diese kann wiederum eine Gefäßokklusion induzieren oder zur Dislokation eines Embolus führen. Die Durchsicht der Artikel ermöglichte keine Beurteilung über die Anzahl der Fälle, die dieser Kategorie zugeordnet werden könnten.

 

Quellen / Literatur:

S. Haldeman 1 · F. J. Kohlbeck 2 · M. McGregor 3, Manuelle Medizin, 2000 38: 3-16 DGMM Deutsche Gesellschaft für Manuelle Medizin kritisches bei Quackwatch„ausgerenkt“: das schwer fassbare Zauberwort der Chiropraktoren Verdeckte Ermittlungen Wenn Chiropraktoren sich zu gut verkaufen Mein Besuch bei einem „orthodoxen“ Chiropraktor Innenansichten aus der Chiropraxis Office Kontakt Reflex Analyse Was kann ein vernünftiger Chiropraktiker für Sie tun? Tips wie man einen Chiropraktiker auswählt Hilfskommittee für Chiropraxie-Opfer Gruppen-Klage (Class Action Suit) gegen Life University möglich

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur