Meinungsfreiheit

Meinungsfreiheit und Ärzte ist ein kompliziertes Thema. Im Volkmund heißt es „eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“. Für den Umgang von Ärzten untereinander trifft dies weniger zu, als gemeinhin angenommen wird. Nicht jede Kritik an Kollegen oder dessen Diagnose oder Behandlung ist berechtigt. Ohne Kritik am bisherigen Vorgehen, kann es allerdings auch wenig Veränderung geben. Selten ist bei solcher Kritik der Kollege persönlich gemeint. Ärztliche Berufsordnungen versuchen zum Schutz des Vertrauens der Patienten in den Arzt die Kollegenschelte in enge Grenzen einzudämmen. Ziel ist dabei die Erhaltung des Vertrauens in den Berufsstand des Arztes was auch der Gesundheit der Patienten dient. Recht schnell werden dabei auch Bußgelder ausgesprochen. Das Bundesverfassungsgericht hat in 2 Urteilen eindeutig und zurecht der Meinungsfreiheit einen sehr hohen Stellenwert eingeräumt. BVerfG, 1 BvR 244/98 vom 18.12.2002, Absatz-Nr. (1 – 24), http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20021218_1bvr024498.html und BVerfG, 1 BvR 390/95 vom 14.2.2000, Absatz-Nr. (1 – 52), http://www.bverfg.de/ Das Grundrecht der Meinungsfreiheit schützt nicht die erwiesen oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptung (BVerfGE 61, 1 <7 f.>). In der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Meinungsfreiheit regelmäßig zurücktreten muss, wenn sich die Äußerung als Angriff auf die Menschenwürde oder als Formalbeleidigung oder Schmähung darstellt. Liegt Schmähkritik vor, muss die Meinungsfreiheit allerdings stets zurücktreten (vgl. BVerfGE 93, 266 <293 f.>). Schmähkritik ist eine Äußerung nur dann, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern jenseits auch polemischer oder überstürzter Kritik die Diffamierung der Person im Vordergrund steht (vgl. BVerfGE 82, 272 <283 f.>; stRspr). Anderenfalls kommt es für die Abwägung auf die Schwere der Beeinträchtigung der betroffenen Rechtsgüter an. Bei Äußerungen, die einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung darstellen, spricht eine Vermutung zugunsten der Freiheit der Rede. Bei Äußerungen, die im Zuge einer ausschließlich privaten Auseinandersetzung gefallen sind, gilt hingegen keine derartige Vermutungsregel (vgl. BVerfGE 93, 266 <293 f.>). Sachlichkeit setzt nicht inhaltliche Richtigkeit voraus.

 

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur