Hypoliquorrhoesyndrom

Spontane Hypoliquorrhoesyndrome oder auch spontane Liquorunterdruck-Syndrome ohne bekannte Ursache. Inzidenz 5:100000. Neben oft heftigen lageabhängigen Kopfschmerzen kommen Tinnitus, Hörstörungen und selten Hirnnervenparesen, leichter Meningismus, Photophobie, Übelkeit und Erbrechen, selten auch Trigeminusneuralgien, Fazialisparesen, visuelle Obskurationen, Gesichtsfelddefekte und Dysgeusien bei diesen spontane Liquorunterdruck-Syndromen vor. Sehr selten sollen sogar neuropsychologische Defizite bis hin zur Demenz sowie Vigilanzstörungen bis zum Koma vorkommen. Eine Verwechslung mit einer Subarachnoidalblutung ist von den Symptomen her leicht möglich. Entscheidend ist der langsamere Beginn und die zumindest anfangs immer vorhandene Lageabhängigkeit der Kopfschmerzen, die sich bei Liquorunterdruck-Syndromen im Liegen bessern. Spontane Liquorfisteln bei Wurzeltaschenzysten, Marfan-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom Typ II, autosomal- dominant vererbte polyzystische Nieren und andere Bindegewebserkrankungen können ursächlich sein. Bagatelltraumen, körperliche Anstrengung, Husten oder sexuelle Aktivität können auslösend sein. Nicht jeder Unterdruck muss Symptome machen. Als Ursache der Kopfschmerzen nimmt eine überschießende Erweiterung der Venen im Kopf an. Das CCT zeigt häufig eine erhöhte Dichte in den basalen Zisternen entlang des Tentorium cerebelli oder der Falx cerebri, was einer SAB ähnelt, ohne dass allerdings Blut zu sehen ist. Das MRT zeigt MRI ein pachymeningeales Gadolinium-Enhancement, eine Kaudalverlagerung des Gehirns, und subdurale Flüssigkeitsansammlungen. Neben den oben genannte radiologischen Befunden und den typischen Symptomen findet sich bei der Lumbalpunktion eine leicht erhöhte Zellzahl (meist um 200 Leukos) und eine Eiweißerhöhung. Die Lumbalpunktion kann bei dem Liquormangel schwierig sein, und wird dann leichter auch traumatisch, was die Unterscheidung zur SAB wieder erschweren kann. Therapeutisch sind Koffein, Theophyllin oder Indometacin (Vorsicht macht selten selbst eine aseptische Meningitis) möglicherweise wirksam, die epidurale Eigenblutinjektion soll bei kurzer Vorgeschichte schnell wirksam sein, bei längeren Beschwerden auch innerhalb von Wochen ihre Wirkung entfalten. Manchmal ist eine Myelographie zur Lokalisation des Liquorlecks sinnvoll, damit der Blutpatch an der richtigen Stelle eingesetzt werden kann. Hygrome oder Subduralhämatome sollen als Komplikation von spontanen Liquorunterdruck-Syndromen auftreten können.

IHS-Klassifikation des spontanen Liquorunterdruckkopfschmerz

7.2.3

Kopfschmerz zurückzuführen auf ein spontanes (oder idiopathisches) Liquorunterdrucksyndrom

Diagnostische Kriterien

A

Diffuser und/oder dumpfer Kopfschmerz, der sich innerhalb von weniger als 15 min nach Aufsetzen oder Aufstehen verstärkt, von wenigstens einem der folgenden Symptome begleitet wird und das Kriterium D erfüllt:

1. Nackensteifigkeit

2. Tinnitus

3. Hypakusis

4. Photophobie

5. Übelkeit

B

Wenigstens einer der folgenden Punkte ist erfüllt:

1. Zeichen eines Liquorunterdrucks im MRT (z. B. pachymeningeales Enhancement)

2. Nachweis eines Liquorlecks mittels konventioneller Myelographie, CT-Myelographie oder Zisternographie

3. Liquoröffnungsdruck in sitzender Haltung <60 mm H2O

C

In der Vorgeschichte kein Hinweis auf eine durale Punktion oder eine andere Ursache für eine Liquorfistel

D

Der Kopfschmerz verschwindet innerhalb von 7 Tagen nach Anlage eines epiduralen Blutpflasters (auch dann wenn keine Lumbalpunktion ursächlich war)

 

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur