Priming

senorische Reize oder Wahrnehmungen sensibilisieren die neuronalen Schaltungen im Gehirn für diesen oder ähnliche Reize, die zum selben Kontext gehören. Hierdurch wird die Reaktionszeit auf bestimmte Umweltreize verkürzt. Gemeint ist eine Art Vorbereiten durch Einordnung einer Situation oder Wahrnehmung in eine Bestimmte Kategorie. Die Suche nach Assoziationen und Mustern kann damit auf vorgefertigte Schablonen dieser Kategorie zentriert werden und beschleunigt werden. Es handelt sich beim Priming um einen automatischen Prozess. der keine bewusste absichtliche Kontrolle benötigt und der damit auch schneller abläuft als dies unter bewusster Kontrolle möglich wäre. Priming ist damit dem wissentlichen Bewusstsein verborgen, nicht intentional (absichtlich), und benötigt wenig Aufmerksamkeitsressourcen. Ein Hinweisreiz (= prime) führt zu einer Voraktivierung der Wahrnehmung (Aufmerksamkeitseffekt) in einer bestimmten Kategorie, eines Zielverhaltens (= target) oder beim Sprechen eines Zielwortes. Bestimmte Hirnstrukturen werden durch sie ansprechender Reize oder Informationen aktiviert, Erinnerungen aktivieren bestimmte Bedeutungskategorien, die Funktionsbereitschaft in dieser Kategorie wird dann beschleunigt und verbessert. Die Wahrscheinlichkeit dass bestimmte Assoziationen auftauchen, bestimmte Reaktionen erfolgen oder ein bestimmtes Wort aus dem semantischen Gedächtnis abgerufen wird, wird erhöht, wenn die Assoziation, die Reaktion oder das Wort durch einen Hinweisreiz voraktiviert wurden. Das Aufleuchten der Bremslichter des vorausfahrenden Autos bereitet deshalb auch schon dann auf eine Bremsreaktion vor, wenn noch kein eigentlicher Grund hierfür vorhanden ist. Dies führt zum einen zu einer schnelleren Reaktion um eventuelle Unfallereignisse zu verhindern, andererseits kann die so erhöhte Bremsbereitschaft über einen Ketteneffekt den Stau begünstigen. Priming führt als Folge einer früheren Wahrnehmung und Verarbeitung einer Information zu einer Verbesserung der Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit bei Entscheidungen, ohne dass eine entsprechende Planung oder Absicht vorhanden ist. Es handelt sich um ein unwillkürliches und möglicherweise auch unbewusstes Phänomen. Durch Priming wird das Erkennen von Reizen verbessert, ohne dass der oft zufällige vorausgehende Kontakt zu der Information oder Situation bewusst werden muss. Akustische, haptische, gustatorische oder visuelle Reize („Primes“) können dadurch sehr schnell bestimmte Reaktionen auslösen. Dieser Vorgang ist auch teilweise vorhersehbar und manipulierbar (Werbung, Beeinflussung, Erziehung…) dahingehend, dass es gelingt mit bestimmten Reizen eine beabsichtigte Reaktion auszulösen. Der Prime muss dabei nicht bewusst wahrnehmbar oder erkennbar sein. (Maskierte Primes). Priming führt damit zu einer Präselektion von Wahrnehmungsobjekten aus den dargebotenen Sinnesreizen für den schnelleren und effizienteren Zugang zur Handlungskontrolle, die eingeschränkten Kapazitäten der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung und des Gedächtnisses können hierdurch besser genutzt werden. Die bewusste Identifikation von Objekten wird dadurch erleichtert, der Kontext durch Vorselektion schneller erfasst. (Fokusierung der Aufmerksamkeit). Entsprechend spricht man von einem Negativen Priming Effekt wenn es durch Hemmungen zu einer Verlängerung der Wahrnehmungs- und Reaktionszeiten oder einer Zunahme der Fehler bei der Wahrnehmung und Reaktion kommt. Eine wesentliche Rolle beim negativen Priming Effekt haben Distraktoren. Unter Distraktoren versteht man in der Wahrnehmungs- und Gedächtnispsychologie Reize (falsche Alternativen, Ablenker, falsche Antworten bei Tests..), die dem zu beachtenden Reiz möglichst ähnlich, aber dennoch nicht zu beachten sind. Distraktoren stellen also Stimuli dar, die unsere Aufmerksamkeit vom Zielstimulus ablenken. Semantisches Priming: Semantisches Priming entsteht vermutlich durch die sich schneller ausbreitende (spreading) Aktivierung semantischer Netzwerke. Ein Wort, das zum assoziativen Kontext eines vorausgegangenen Wortes gehört, führt dabei zu einer schnelleren Antwort als ein Wort dessen Kontext noch nicht angesprochen wurde, es handelt sich also um eine assoziative Voraktivierung von Teilen des semantischen Wissens durch einen Hinweisreiz . Beispielsweise erzeugt das Wort Grapefruit ein Priming für das Wort Zitrone, das Wort Birne aber kein Priming für das Wort Lastwagen. Eine abnormale sich ausbreitende Aktivierung durch die semantischen Netzwerke könnte eine Erklärung für einen Teil der positiven Symptome einer Schizophrenie sein. Worte erzeugen dann irrelevante, wenig zusammenhängende oder bizarre Assoziationen. Mittels evozierter Potentiale wird versucht diesen Unterschied in der Verarbeitung von Wörtern zu messen. Wörter ohne Priming rufen dabei hohe Potentialausschläge bei N400 hervor, während Wörter nach einem Priming kaum noch einen oder gar keinen Ausschlag mehr hervorbringen. Bei an einer Schizophrenie erkrankten Menschen scheinen bereits weniger verwandte bildliche Kontexte zu einem Priming zu führen.

 

Quellen / Literatur:

Mathalon et al Arch. Gen Psychiatry; 59;2002; 641 ff

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur