Hämochromatose

Eisenspeicherkrankheit oder Eisenüberladung der Leber und des Organismus. Die primäre autosomal rezessiv vererbte Hämochromatose ist bei Menschen nordeuropäischer Abstammung nicht selten. Eine Homozygotie für die C282Y Mutation findet sich bei 5 von 1000 Personen Nordeuropäischer Abstammung, was nicht bedeutet, dass jeder 200. krank ist, bei diesen Menschen besteht aber ein hohes Risiko einer solchen Erkrankung (N Engl J Med 2004;350:2383-97). 1996 wurde das Hämochromatosegen HFE identifiziert. Die genetische Testung hat die Diagnosestellung der hereditären Hämochromatose erheblich verbessert, man weiß inzwischen, dass die phänotypische Expression bei nachgewiesenem identischem genetischem Defekt im Eisenstoffwechsel sehr unterschiedlich sein kann, dass also bei der selben Veranlagung der Krankheitsverlauf sehr unterschiedlich sein kann. (N Engl J Med 2004;350:2383-97). Die Plasmaeisenspiegel werden im Körper normalerweise genau reguliert, um die Versorgung mit Eisen zu gewährleisten. Etwa 20 mg Eisen werden täglich zum Knochenmark transportiert um für die Blutbildung genutzt zu werden. Das meiste Eisen im Blutplasma kommt von abgestorbenen roten Blutkörperchen. 1 – 2 mg werden täglich im Zwölffingerdarm resorbiert und je nach Bedarf ins Plasma transportiert oder in den Enterozyten (Darmzellen) als Ferritin gespeichert. Diese Speicher werden durch das normale Absterben der Darmzellen mit ihrem Eisen im Stuhl ausgeschieden, neben der Menstruation ist dies der bedeutenste Weg der Eisenausscheidung bei gesunden Menschen. Eisen wird aber auch aus den abgestorbenen Enterozyten aus dem Darm zurückresorbiert und auch von den Makrophagen recycelt. Das aus dem Darm resorbierte Eisen und das in den Makrophagen befindliche Eisen wird an das Serumtransferrin gebunden um es zum Knochenmark für die Blutbildung zu transportieren. Das restliche Körpereisen etwa 1g wird überwiegend in den Leberzellen gespeichert. Bei Menschen mit einer Hämochromatose ist die Resorption des Eisens aud dem Zwölffingerdarm in das Plasma höher als es dem Bedarf des Köpers entspricht. Bei gesunden Menschen führt eine Blutspende zu einen schnellen und vorübergehenden Anstieg der Eisenabsorption von 1-2 mg/Tag auf 5 mg/Tag um die Eisenversorgung des Knochenmarkes sicherzustellen. Bei der erblichen Hämochromatose ist diese Reaktion des Körpers überschießend, so dass die Eisenabsorption Werte von 8-10 mg/Tag erreicht und diese überschießende Reaktion bleibt über Jahre erhalten. Auch wenn die Bedürfnisse des Knochenmarkes bereits lange erfüllt sind fahren die Enterzyten fort das an sich nicht benötigte Eisen aus der Nahrung ins Plasma zu transportieren anstatt es in Form von Ferritin zu speichern. Die Diagnose der Hämochromatose stützt sich auf die erhöhte Serumtransferrin- Sättigung in Kombination mit erhöhten Serumferritinspiegeln und eine Homozygotie für die Cys282Tyr-Mutation im HFE-Gen auf dem Chromosom 6 . Das Vorliegen eines erhöhten Serumtransferrin- Sättigung in Kombination mit erhöhten Serumferritinspiegeln ist nicht immer ausreichend für die Diagnose, da diese Kombination auch bei anderen Krankheiten vorkommen kann. Außerdem gibt es Eisenüberladungen des Organismus durch andere Formen der Hämochromatose die nicht durch das HFE-Gen verursacht sind. Im Zweifel kann zusätzlich eine histologische Untersuchung eines Leberbiopsats erforderlich sein. Eine andere wesentlich seltenere Erbkrankheit mit anderem genetischem Defekt ist die Juvenile Hämochromatose mit oft schwerem Verlauf. Mehrfache Transfusionen, Porphyrien, Atransferrinämie und Thalassämie können sekundär ebenfalls zu einer nicht genetisch bedingten Hämochromatose führen. Eisenspeicherkrankheiten können eine Vielzahl psychiatrischer Symptome verursachen und leicht mit einer psychischen Störung verwechselt werden. Symptome beginnen meist zwischen dem 20. und 60. Lebensjahr, Frauen sind wegen der Regelblutungen mit regelmäßigem Eisenverlust später betroffen als Männer. Symptome: Fatiguesyndrom (Müdigkeit/Abgeschlagenheit), allgemeines Krankheitsgefühl, Schwäche, Bauchweh, Gelenkschmerzen, Verlust der Libido, Impotenz, Diabetes m., Amenorrhoe, Herzinsuffizienz, Arrhythmien, Hyperpigmentation =dunkle Pigmentierung der Haut besonders an Brustwarzen, Damm, Handinnenflächen, die im Zusammenwirken mit dem Diabetes als Bronzediabetes bezeichnet wird. Klinische Zeichen: Hepatomegalie, Splenomegalie, Arthritis, Dilatative Kardiomyopathie, Hodenatrophie, Hypogonadismus, Hypothyroidismus, Folgen können auch Leber-Zirrhosen, Leberkarzinome, und Bauchspeicheldrüsenkrebs sein. Verschlechterung durch Alkohol, nicht alkoholische Fettleber, chronische Hepatitis B und C, Hepatische Porphyrie, Thalassämie, Aderlasstherapie (auch vorbeugend bei bekannter Veranlagung) bis der Serumferritinwert unter 50 µg/l abfällt ist die Behandlung der Wahl. Nachdem das überschüssige Eisen beseitigt ist, ist meist weiterhin eine 2-4malige Aderlassbehandlung lebenslang notwendig. Hierdurch kann die Symptomatik wesentlich gebessert werden und die Lebenserwartung fast normalisiert werden. Genetische Untersuchung der Verwandten ersten Grades kann sehr sinnvoll sein. Eine erheblich Anzahl homozygoter Verwandter von Patienten mit Hämochromatose, meist mehr Männer als Frauen haben leichtere Symptome oder klinische Auffälligkeiten die auf eine Hämochromatose zurückgehen und noch nicht diagnostiziert wurden.(N Engl J Med 2000;343:1529-35.)

 

Quellen / Literatur:

Raymond T. Chung, Case 33-2006: A 43-Year-Old Man with Diabetes, Hypogonadism, Cirrhosis,Arthralgias, and Fatigue N Engl J Med 2006;355:1812-9., Cutler P Iron overload and psychiatric illness. Can J Psychiatry. 1994 Feb;39(1):8-11, Hämochromatose-Vereinigung Deutschland e.V.;

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur