Anton-Syndrom

Anosognosie (Verleugnen der Krankheit) bei einer Rindenblindheit, also die fehlende Einsicht, blind zu sein. Nach dem österreichischen Neurologen und Psychiater Gabriel Anton (1858-1933) benannt.

Das seltene Anton- Syndrom meist tritt meist nach bilateralen (beidseitigen) Läsionen der Okzipitalrinde (Sehrinde) auf. Ursächlich kommen alle Arten der Hirnläsion wie Gefäßverschlüsse der Aa. cerebri posteriores mit Infarkt, Hirnkontusionen, posteriores reversibles Enzephalopathiesyndrom (PRES), virale Enzephalitis, toxisch-metabolische Enzephalopathien, posthypoxischer Hirnschaden, Spasmen nach Subarachnoidalblutungen oder angiographische Untersuchungen in Betracht. Manchmal ist es von visuellen Halluzinationen begleitet. Es gibt aber auch Berichte, bei denen es nach einseitiger linksseitiger Läsion der Okzipitalrinde auftrat, in Verbindung mit einer Schädigung des Balkens, so dass es sich möglicherweise um ein Diskonnektionsyndrom (Störung der Verbindung) der Okzipitalrinden handelt. (Behav Neurol. 2007;18(3):183-6). Es sind auch Fälle nach peripheren Läsionen bekannt, beispielsweise ist auch ein Fall berichtet, bei dem es nach Optikusnervenschädigung und bifrontalen Kontusionen auftrat. (Arch Neurol. 1991 Jan;48(1):101-5) Auch nach peripheren Läsionen in Verbindung mit einem Delirium oder einer schweren Demenz ist das Anton- Syndrom berichtet. So ist beispielsweise ein Fall eines blinden Mannes berichtet, bei dem im Alkoholentzugsdelir visuelle Halluzinationen auftraten. Dieser konfabulierte visuell auch seine Umgebung und glaubte während des Delirs wieder sehen zu können. ( Neurology. 1984 Jul;34(7):969-73.).

Selten scheint es Fälle zu geben, bei denen es sich um ein reversibles und behandelbares epileptisches Phänomen handelt. So berichten Roos et al. ( Clin Electroencephalogr. 1990 Apr;21(2):104-9) über einen Fall bei dem das EEG unabhängig von einander beidseitige temporal-occipital-posterior lokalisierte periodische lateralisierte epileptiforme Entladungen (PLEDs) zeigte. Das Anfallsgeschehen war hier verantwortlich für die vorübergehende Blindheit = Status epilepticus amauroticus. Siehe auch Schäffler Fortschr Neurol Psychiatr. 1988 Sep;56(9):286-99.

Nach G. Anton benannt ist auch das Anton-Babinski-Syndrom mit Hemiasomatognosie, oder halbseitigem Nichtwahrnehmen des eigenen Körpers und der dortigen neurologische Ausfälle, durch Läsion im Parietal- und Temporallappen.

 

Quellen / Literatur:

Anton, Gabriel: Über die Selbstwahrnehmung der Herderkrankungen durch den Kranken bei Rindenblindheit und Rindentaubheit. In: Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten. Bd. 32. 1899, S. 86

Matthias Dahmena, Rasche Erblindung nach Candida-Sepsis und akutem Nierenversagen Schweiz Med Forum 2006;6:129–131

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur