Selbstbeobachtung

Die Person begegnet emotionalen Konflikten oder Belastungsfaktoren, indem sie ihre eigenen Gedanken, Gefühle, Beweggründe und Verhaltensweisen reflektiert und angemessen reagiert. Die Person begegnet emotionalen Konflikten oder inneren oder äußeren Belastungsfaktoren, indem sie gegensätzliche Affektzustande aufsplittert, wobei sie daran scheitert, die positiven und negativen Eigenschaften der eigenen Person und anderer in ein zusammenhängendes Bild zu integrieren. Weil ambivalente Affekte nicht simultan erlebt werden können, werden ausgeglichene Sichtweisen und Erwartungen über sich selbst und andere vom emotionalen Bewusstsein ausgeschlossen. Selbst- und Objektbilder wechseln dann zwischen entgegengesetzten Polen ab: ausschließlich liebevoll, stark, wertvoll, versorgend und freundlich – oder ausschließlich schlecht, verhasst, ärgerlich, zerstörerisch, zurückweisend oder wertlos. „Im ersten Jahr reagieren Kinder enthusiastisch auf ihr Spiegelbild, sie lächeln, fangen an zu plappern, wackeln begeistert mit dem Körper, küssen und berühren es. Ein verzerrtes Spiegelbild beunruhigt sie nicht. Im Spiegel läuft ein interessantes Spektakel ab, das sie dirigieren, und es gibt keine sicheren Anzeichen dafür, dass sie sich erkennen. Ab zwölf Monaten fangen die meisten Kinder an, ihr Spiel zu unterbrechen und hinter dem Spiegel zu suchen, wenn sie sich darin sehen. Zwischen zwölf und 18 Monaten interagieren sie weniger mit ihrem Spiegelbild und sind gelegentlich ernüchtert. Reibt man ihnen heimlich einen roten Fleck auf die Nase, und macht sie dann darauf aufmerksam, indem man ihnen den Spiegel zeigt und „schau” ruft, greifen sie nicht an die eigene Nase, sondern auf die des Spiegelbildes. Erst mit 18 bis 24 Monaten fassen sich die meisten Kinder in dieser Situation an die eigene Nase. Keines der Kinder sucht ab 18 Monaten noch hinter dem Spiegel. Ein verzerrtes Spiegelbild ihrer selbst versuchen sie aktiv zu vermeiden. ”Daraus ist zu schließen, dass ein Kind erst mit 18 bis 24 Monaten ein sicheres Bewusstsein seiner selbst entwickelt.

 

Quellen / Literatur:

Dornes M. Die frühe Kindheit. Entwicklungspsychologie der ersten Lebensjahre In: Fischer 1997;

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur