Sneddon-Syndrom

Vom britischen Hautarzt Sneddon erstmals 1965 beschriebenes Syndrom mit Hautveränderungen und Schlaganfällen bei jungen Patienten. Sneddon Syndrom meint eine Kombination von Schlaganfällen und Durchblutungsstörungen der Haut, ohne dass eine nachweisbare Kollagenose oder andere vaskluäre Erkrankung vorhanden ist. Man vermutet eine Autoimmunerkrankung, die genaue Ursache ist aber nicht bekannt. Ein familiäres Vorkommen insbesondere bei Vorliegen von Antiphospholipid- Antikörpern ist aber gesichert, man findet dann in den Familien gehäuft Schlaganfälle bei Menschen unter 60 Jahren. Man geht von einer Inzidenz von 4/Million Einwohner und Jahr aus. Es handelt sich um eine nicht-entzündliche myoproliferative thrombo-occlusive Vaskulopathie der kleinen und mittleren Arterien der Haut und des Gehirns unbekannter Ätiologie. Häufig (80%) kombiniert mit Antiphospholipid-Antikörpern. Andere assoziierte Auffälligkeiten sind eine Blutplättchenaktivierung durch erhöhte Spiegel von von Willebrand Faktor, Factor VII, vermindertes Protein S, aktivierte Protein C Resistenz. Aus diesen Laborwerten wird gefolgert, dass es sich um eine Kombination von Vaskulopathie (Gefäßleiden) und einer primären Koagulopathie (Gerinnungsstörung) handelt.

Symptome: Ein diffuser Kopfschmerz und Schwindel gehen den Hauterscheinungen bei 80% der Patienten voraus. Hauptsymptome sind Livedo reticularis und rezidivierende Schlaganfälle bei jungen Patienten ohne sonstige vaskuläre Risikofaktoren, Frauen > Männer betroffen. Die als Livedo reticularis bezeichneten Hautveränderungen resultieren aus einer Thrombose der subcutanen Arteriolen und kompensatorischen Erweiterung der Kapillaren mit Stagnation des Blutflusses was dann einen netzförmige fleckige livide Verfärbung auslöst. Andere meistens keine oder geringe Symptome hervorrufenden systemischen Manifestationen der Erkrankung sind Veränderungen am Augenhintergrund, den peripheren Nerven, der Herzklappen, und der Nieren. Bei genauer Suche sollen die Hälfte bis 2/3 der Patienten solche Veränderungen haben. Bei Frauen kommen auch Fehlgeburten und tiefe Venenthrombosen im Rahmen der Schwangerschaft vor. Bilder der Livedo racemosa bei Dermis.de. Hautbiopsien zeigen entzündliche Veränderungen („Endothelitis“) der kleinen und mittleren Arterien gefolgt von subendothelialer Proliferation und Fibrose. Die Verwendung der Terminologie „Livedo reticularis“‚ und „Livedo racemosa“ ist uneinheitlich. „Livedo reticularis“ wird meist benutzt, wenn die Hautveränderungen beim Erwärmen der Haut verschwinden, während „Livedo racemosa“ meist Hautveränderungen meint, die auch bei Erwärmung der Haut bleiben. „Livedo reticularis“ wird in den USA allerdings meist für die dauerhaften Hautveränderungen verwendet, die auch nach Erwärmung bleiben, dort werden die netzförmigen Hautveränderungen, die bei Erwärmen zurück gehen als „Cutis marmorata“ bezeichnet. Sneddon selbst verwendete für letzteres den Begriff Livedo reticularis. Differenzialdiagnose: Livedo reticularis tritt auch bei einer Panarteriitis nodosa, systemischem Lupus erythematodes , und zentraler Thrombozythämie auf, die 3 letztgenannten Syndrome können ebenfalls zu Schlaganfällen führen.

Die Therapieempfehlungen sind kontrovers. Ein allgemein gültiges Therapieregime gibt es nicht. Da es sich beim reinen Sneddon-Syndrom nicht um eine entzündliche Erkrankung im Sinne einer Vaskulitis handelt kommt eine immunsupressive Therapie (Corticosteroide oder Azathioprin) eher nicht in Frage, nach den bisherigen Beobachtungen in der Literatur besteht für Corticosteroide oder Azathioprin keine Wirksamkeit. Im Vordergrund der therapeutischen Entscheidungen steht die Frage nach der Schlaganfallsprophylaxe: in der Regel mit Aspirin, ggf. Medium dose-Marcumarisierung. Marcumarisierung kann auch vor dem Hintergrund der Herklappenveränderungen, von denen Mikroembolien ausgehen können, sinnvoll sein. Diese Entscheidung muss individuell nach gründlicher stationärer Abklärung in einer neurologischen Klinik (Klinik, Gerinnungsstatus mit Antiphospholipid-Antikörpern und Vaskulitis-Diagnostik, Ultraschall, Bildgebung, ggf. Angiographie) erfolgen. Nifedipin hilft gegen die Hautveränderungen bessert aber die Schlaganfallneigung nicht. Eine Verlaufsbeobachtung von 13 Patienten über 6 Jahre fand bei 62% eine Kopfschmerzsymptomatik bei 54% Schwindel, bei 54% traten TIA s auf bei keinem ein Schlaganfall, bei 10 der 13 Patienten war ein Fortschreiten der Läsionen der weißen Hirn- Substanz im Kernspin beobachtbar. Ín einer anderen Verlaufsbeobachtung wurde nach 10 Jahren bei 60% der Patienten eine kognitive Beeinträchtigung beobachtet. Die Mortalität wurde mit 9,5% in 6 Jahren angegeben. Bei gleichzeitig bestehendem Bluthochdruck ist der Verlauf schlechter.

 

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  • Dr. Johannes Werle

    Dr. med Johannes Werle

    Redakteur