Tetraparesen (zentralnervös)

Hirnstammläsionen: Eindeutig bei diskonjugierten Augenmotilitäts- oder Pupillenstörungen, wahrscheinlicher bei Bewusstseinsstörung. Begleitende Hirnnervenlähmungen können fehlen, bei Lokalisation im kaudalen Hirnstamm auch Bewusstseinsstörung. Möglich sind dann aber eine doppelseitige Vagusläsion mit kardialer Krise sowie eine zentrale Atemantriebsstörung mit Gefahr des nächtlichen Erstickens ohne warnende Atemnot. Bilaterale Großhirnläsionen: Im Akutstadium ebenfalls Bewusstseinsstörung. Typisch ist bilateraler Ausfall kaudaler Hirnnerven (Pseudobulbärparalyse) mit „kloßiger“, verlangsamter Artikulation, Schlucklähmung (Aspirationsgefahr) und meistens unkontrollierbaren Lach- und/ oder Weinimpulsen. Konjugierte Blickparesen nach oben und unten sind möglich. Halsmarkläsionen: Das Bewusstsein ist klar, kaudale Hirnnervenausfälle sind möglich (N. accessorius, N. hypoglossus). Niveaubestimmung durch radikuläre Symptome an den Armen, denen sich nach kaudal spastische Paresen und eine dissoziierte oder komplette Sensibilitätsstörung anschließt. Verschiebung knöcherner gegen gleichnamige medulläre Segmente beachten.

Häufigste Fehler bei der Diagnose zentraler Tetra- und Paraparesen:
• Übersehen zerebraler Ursachen.
• Lumbale Diagnostik bei zentraler Paraparese.
• Diskrepanz zwischen medullärem und knöchernem Niveau wird nicht berücksichtigt.
• Kraniale Grenze von Sensibilitätsstörungen gleichgesetzt mit Läsionsniveau: kann noch aufsteigen.
• Medulläre Schwellung (MRT) wird gleichgesetzt mit Tumor: kann auch Folge akuter Ischämie oder Entzündung sein.

 

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur