Traum

Alle Menschen träumen. Ein normaler Nachtschlaf enthält stets mehrere Traumperioden. Der Glaube an das Gewicht der Träume hat die Zeiten, da man sie für Botschaften der Götter hielt weit überlebt. Umstritten sind bis heute die Funktionen der Träume. Freud ging davon aus, dass diese Ausdruck unbewusster Impulse sind, als Wunscherfüllungen aufgefasst werden können und somit eine psychohygienisch wichtige Funktion erfüllen. Freud behauptet, Träume seien keinesfalls zufällige, vielleicht sogar durch äußere Reize ausgelöste Irrungen, sondern im Gegenteil äußerst wichtige Offenbarungen unseres Innenlebens – verschleierte Erfüllungen der manchmal geheimsten Wünsche, die man sich im wachen Zustand oftmals nicht eingestand. Zwar gibt es nach Freud eine Art Gerüst aus wirren und möglicherweise sinnlosen Bildern (die er den manifesten Inhalt des Traumes nannte), aber dieses Gerüst stützte „Traumgedanken“ – den latenten Inhalt – , die völlig logisch sind und in einer Psychoanalyse interpretiert werden können. Freud zufolge vereinigten Träume zwei Funktionen: Sie erlaubten, dass verlorene Wünsche in verschleierter Form ausgedrückt wurden, und indem sie wahre Natur dieser Wünsche eingestanden, ließen sie den Schläfer oder Träumer ungestört weiterschlafen. Der Traum, sagte Freud, ist der Wächter der Schlafes. Diese Annahmen ist nicht unwidersprochen geblieben. Eine extreme Gegenposition wird von manchen Neurophysiologen eingenommen, die in Träumen „lediglich“ Epiphänomene nächtlicher kognitiver Aktivitäten sehen, die im wesentlichen in der Löschung überflüssiger Gedächtnisinhalte bestehen; in diesem Lichte erscheinen Traumerinnerung oder gar Traumdeutung nicht nur als sinnlos, sondern als potentiell eher schädlich zu sein („Never recall a dream“; Crick F, Mitchison G (1983) The function of dream sleep. Nature 304:111-114 Nach heutigen Erkenntnissen beginnen gegen Ende des NREM-Schlafes vermehrt Nervenzellen im Hirnstamm, die den Neurotransmitter Acetylcholin enthalten, zu „feuern“. Die aus dem Hirnstamm aufsteigenden Signale wandern zum Großhirn hinauf und aktivieren dort insbesondere die für das Sehen zuständigen Areale im Hinterkopf, gleichzeitig innervieren sie über Umwege die Augenmuskeln und rufen so die ;rapid eye movements; hervor. Unabhängig von dieser Kontroverse über die Bedeutung der Träume herrscht heute weitgehend Einigkeit darüber, dass in REM-Phasen Prozesse ablaufen, deren Korrelate kognitive Vorgänge sind die mit der Speicherung von Erinnerungen, Konsolidierung von Gedächtnisinhalten und Lernen zu tun haben. Seit Jahrhunderten wird ein Zusammenhang zwischen Träumen und dem Gedächtnis vermutet. Jetzt scheinen Wissenschaftler weitere Indizien gefunden zu haben, die erklären, warum das Lernen manchmal ,,wie im Schlaf ‘ funktioniert (New Scientist 1999; 2205: 27-30). Der Neurowissenschaftler Robert Stickgold von der Harvard Medical School vermutet, dass die verschiedenen Schlafphasen wichtig für die Verarbeitung der tagsüber erhaltenen Informationen sind und dabei helfen, die Musterbildung in unserem Gedächtnis zu strukturieren. Der Forscher geht sogar soweit zu vermuten, dass manche Lernprozesse ohne Schlaf gar nicht erfolgen können. Untersuchungen an Ratten scheinen diese Hypothese zu bestätigen. Bei den Tieren verlängerte sich die REM-Phase ihres Schlafes, wenn sie tags zuvor viele neue Dinge erlebten. Ratten, bei denen der REM-Schlaf gezielt unterbrochen wurde, lernten deutlich schlechter als ihre Kollegen, die man in dieser Ruhephase unbehelligt ließ. Bei Menschen zeigte sich, dass sie ein bestimmtes Muster deutlich schneller wieder erkannten, wenn sie zwischen der ersten und der zweiten Betrachtung des Testbildes geschlafen hatten. Wurden die Schläfer während ihrer REM-Phase unterbrochen, erhöhte sich die Geschwindigkeit der Wiedererkennung indes nicht. Durch den Schlaf scheint allerdings eher das prozedurale Gedächtnis gefördert zu werden: Eine vergessene Telefonnummer wird nach dem Schlaf nicht unbedingt besser erinnert, wohl aber die Melodie eines Musikstückes. Auch sind für die verschiedenen Leistungen unseres Gedächtnisses verschiedene Schlafphasen von Bedeutung, nicht nur die Zeit des REM-Schlafes. Werner Plihal und Jan Born von der Universität Bamberg haben beobachtet, dass sich die Unterbrechung unterschiedlicher Schlafphasen auf jeweils andere Erinnerungsleistungen auswirkte. Damit geht einher, dass verschiedene Arbeitsgruppen herausgefunden haben, dass die Interaktion zwischen verschiedenen Hirnregionen in den unterschiedlichen Schlafphasen wechselte und auch die Neubildung von Synapsen zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich stark war. Um keine der das Gedächtnis stabilisierenden Vorgänge im Gehirn zu unterbrechen oder gar zu verpassen, kann für alle lernschwachen und vergesslichen Zeitgenossen daher nur gelten: Das Wichtigste sind regelmäßig 8 Stunden Schlaf.