Unfall rechtliche Definition

Der Begriff des Unfalls ist in der RVO nicht bestimmt. Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum seit langem und im wesentlichen einhellig vertretenen Auffassung ist Unfall ein körperlich schädigendes, zeitlich begrenztes Ereignis (s ua BSGE 23, 139, 141 = SozR Nr 1 zu § 555 RVO; BSGE 46, 283 = SozR 2200 § 530 Nr 47; BSG SozR 2200 § 548 Nr 56; Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII, 12. Aufl, § 8 Nr 7; Schulin, HS-UV, § 28 RdNr 1, jeweils mwN; KassKomm-Ricke § 548 RVO RdNr 5). Soweit daneben zum Teil auch gefordert wird, das Ereignis müsse „von außen“ auf den Menschen einwirken, soll damit lediglich ausgedrückt werden, dass ein aus innerer Ursache, aus dem Menschen selbst kommendes Ereignis nicht als Unfall anzusehen ist (s BSG SozR aaO; Brackmann/Krasney, aaO, § 8 RdNr 10; Schulin, aaO, § 28 RdNr 5). Wesentlich für den Begriff des Unfalls sind hiernach ein („äußeres“) Ereignis als Ursache und eine Körperschädigung als Wirkung. Die Körperschädigung kann verursacht sein durch körperlich gegenständliche Einwirkungen (zB Verletzung beim Aufschlag nach Sturz), aber auch durch geistig-seelische Einwirkungen in einem eng begrenzten Zeitraum (BSGE 18, 173, 175 = SozR Nr 61 zu § 542 RVO aF; KassKomm-Ricke, aaO, RdNr 6; s auch BSGE 61, 113, 116 = SozR 2200 § 1252 Nr 6). Damit sind den körperlichen Schäden die im Bereich der Psyche und des Geistigen gleichgestellt. Bei der rechtlichen Wertung der seelischen Auswirkungen des Unfalles darf nicht von vornherein darauf abgestellt werden, wie ein „normaler“ Versicherter reagiert hätte. Ebenso wie bei körperlichen Auswirkungen eines Unfalles darf auch bei Vorgängen im Bereich des Psychischen und Geistigen nicht unter Anlegung eines generalisierenden Maßstabs darauf abgestellt werden, ob die Auswirkungen des Unfalls auch bei einem durchschnittlichen Menschen erfahrungsgemäß gleiche oder ähnliche Folgen gehabt hätten; vielmehr ist grundsätzlich zu prüfen, welche Folgen die Auswirkungen des Unfalls, dh die seelische Belastung, gerade bei dem betroffenen Menschen infolge der Eigenart seiner Persönlichkeit gehabt hat (BSG Urteil vom 24. Februar 1967 – 2 RU 114/65 – SGb 1967, 542, 543; Schönberger/Mehrtens/Valentin, aaO, S 255). Aus: BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 8.12.1998, B 2 U 1/98 R

 

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur