Berufsunfähigkeit

Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn eine Person infolge von Krankheit bzw. Behinderung in ihrer Arbeitsfähigkeit zu mehr als 50% im Vergleich zu Personen mit ähnlichen/gleichwertigen Ausbildungen/Kenntnissen/Fähigkeiten eingeschränkt ist. Voraussetzung ist, dass der/die Betroffene einen Beruf erlernt hat oder mehr als 6 Jahre in einem Beruf gearbeitet hat (altes Rentenrecht). Berufsunfähig sind nach § 43 Abs 2 SGB VI (in der bis zum 31. Dezember 2000 gültigen Fassung) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und den besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Nach den Übergangsvorschriften des § 300 Abs 2 und § 302b Abs 1 SGB VI, letztere neugefasst durch Gesetz vom 20. Dezember 2000 (BGBl I 1827), ist diese Vorschrift für einen am 31. Dezember 2000 bestehenden Anspruch auf Rente wegen BU weiterhin maßgebend (vgl auch BSG Urteil vom 24. Februar 1999 – B 5 RJ 28/98 R – SozR 3-2600 § 300 Nr 14 mwN). Ein danach entstehender Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei BU richtet sich nach § 240 SGB VI, neugefasst durch Gesetz vom 20. Dezember 2000, dessen Definition der BU im Vergleich zu der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Definition nur geringfügig verändert ist, sodass auch insoweit die bisherige Rechtsprechung des BSG herangezogen werden kann. Ausgangspunkt bei der Prüfung der BU ist der bisherige Beruf des Versicherten. Darunter ist im Allgemeinen diejenige der Versicherungspflicht unterliegende Tätigkeit zu verstehen, die zuletzt auf Dauer, dh mit dem Ziel verrichtet wurde, sie bis zum Eintritt der gesundheitlichen Unfähigkeit oder bis zum Erreichen der Altersgrenze auszuüben; in der Regel ist das die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls wenn sie die qualitativ höchste ist (vgl BSG Urteile vom 22. März 1988 – 8/5a RKn 9/86 – SozR 2200 § 1246 Nr 158, vom 22. Oktober 1996 – 13 RJ 35/96 – SozR 3-2200 § 1246 Nr 55 und vom 18. Februar 1998 – B 5 RJ 34/97 R – SozR 3-2200 § 1246 Nr 61 mwN). Kann der bisherige Beruf nicht mehr ausgeübt werden, hängt der Rentenanspruch davon ab, ob es zumindest eine Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar ist und gesundheitlich wie fachlich noch bewältigt werden kann. Dabei richtet sich die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) mit Unterscheidung in einen oberen und unteren Bereich, und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl z.B. BSG Urteile vom 22. Oktober 1996 – 13 RJ 35/96 – SozR 3-2200 § 1246 Nr 55 und vom 18. Februar 1998 – B 5 RJ 34/97 R – SozR 3-2200 § 1246 Nr 61, jeweils mwN). Im Rahmen der sozialen Zumutbarkeit kann auf eine Tätigkeit der jeweils nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden. Für die Verweisbarkeit eines angelernten Arbeiters ist es von Bedeutung, ob er dem oberen oder dem unteren Bereich dieser Gruppe angehört (vgl eingehend dazu BSG Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – SozR 3-2200 § 1246 Nr 45 mwN). Während den Angehörigen des unteren Bereiches grundsätzlich alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts sozial zuzumuten sind, müssen sich Verweisungstätigkeiten für die Angehörigen des oberen Bereichs durch Qualitätsmerkmale auszeichnen, z.B. das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse. Aus der eingeschränkten Verweisbarkeit folgt, dass mindestens eine zumutbar in Betracht kommende Tätigkeit konkret zu bezeichnen ist (vgl mwN BSG Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – SozR 3-2200 § 1246 Nr 45). (´Nach BSG 3.7.2002, B 5 RJ 18/01 R)

 

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur