Affekt

Der Begriff Affekt wird oft im engen Sinn verwendet als besonders intensiver emotionaler Zustand. Im weiteren Sinn synonym mit Emotion. Ein beobachtbares Verhaltensmuster als Ausdruck eines subjektiv empfundenen Gefühlszustandes (Emotion).

Geläufige Beispiele für Affekt sind Angst, Furcht, Ärger, Traurigkeit, Freude und Wut. Im Gegensatz zur Stimmung, die als ausgedehnteres und überdauernderes emotionales ,,Klima“ angesehen wird, bedeuten Affekte eher fluktuierende Änderungen des emotionalen ,,Wetters“.

Manche Autoren verstehen unter Affekt die körperlichen Reaktionen ohne bewusste Repräsentanz und Erleben derselben. Sie können ohne Beteiligung höherer Zentren des Zentralnervensystems im Wesentlichen in den Hirnarealen ablaufen, die man das limbische System nennt, d.h. eine Beteiligung höherer kognitiver Funktionen ist für ihre Auslösung nicht notwendig. So haben auch schwer geistig Behinderte oder schwer Demenzkranke die körperlichen Korrelate von Affekten.

Die an Mimik, Gestik und Lautäußerungen sichtbare Komponente des Affektes nennt man Affektausdruck, der für den Kommunikationspartner als Hinweis auf den Affekt des Gegenübers dient und in der Kommunikation schnelle Reaktionen auf das Befinden es anderen ermöglicht. Affekte sind damit Teil einer jeden Kommunikation und werden wechselseitig von den Kommunikationspartnern nicht nur gelesen, sondern auch angepasst und auch beim Gegenüber auch unbewusst gesteuert (Affektinduktionen).

Affekte sind flexibel und können schnell in Anpassung an den Austausch wechseln und prägen dabei auch Inhalt und Ergebnis des Austausches zwischen Kommunikationspartnern. Affekte werden dabei im Rahmen der Kommunikation von den Partnern aufeinander abgestimmt.

Primäraffekte

Grundlegende Affekte wie Furcht, Ärger, Trauer, Überraschung, Verachtung, Freude und Wut sind in allen Kulturen ähnlich. Auch Säuglinge haben bereits einen Affektausdruck. Da diese Affekte auch bei Tieren zu beobachten sind, werden sie auch Primäraffekte genannt. Dies bedeutet, dass wir den Ausdruck solcher Affekte auch bei Menschen aus anderen Kulturen mit sehr hoher Treffsicherheit identifizieren können.

In kollektivistischen Kulturen- in denen die Bedürfnisse der Gruppe vor den individuellen Bedürfnissen im Vordergrund stehen,- sind negative Affekte durch die Gruppennormen allerdings stärker reglementiert. Menschen in kollektivistischen Kulturen meiden deshalb solche negativen Affektausdrücke, um in der Gruppe keine Unzufriedenheit oder Dissonanz zu erzeugen.

Die autonomen Reaktionen (wie Anstieg des Pulses, Hauttemperatur, Schweißneigung, ..) hingegen scheinen nicht kulturspezifisch zu sein. In allen Kulturen hängt aber das Wohlbefinden und die Wahrscheinlichkeit, dass positive Affekte auftreten bei den meisten Menschen auch entscheidend davon ab, ob wir den Eindruck haben, dass wir prosozial sind, d.h. ob wir in der Lage sind unseren sozialen Verpflichtungen nachzukommen.

Sinn und (evolutionärer) Nutzen von Affekten

Affekte helfen Situationen zu bewerten. Neben dem Erleben des Gefühls rufen sie einen bestimmten Erregungszustand hervor. Dies gilt auch für gut schauspielerisch dargestellte Affekte beim Schauspieler. Dieser Erregungszustand stellt auch die Energie und Handlungsbereitschaft für eine Reaktion auf die Situation bereit.

Affekte sind die tragende Säule der Motivation. Hier kommt es aber auf das Maß und die Aufgabe an. Einfache Aufgaben werden bei etwas erhöhter physiologischer Erregung besser bewältigt. Wenn es zuviel physiologische Erregung wird, wird die Leistung auch bei einfachen Aufgaben wieder schlechter. Bei komplexen Aufgaben spielt die physiologische Erregung im Rahmen von Affekten eine geringere Rolle.

Aus evolutionärer Perspektive sind Gefühle nicht dazu da, uns glücklich zu machen oder ethische Ziele zu befördern, sondern weil sie unsere Vorfahren dazu veranlassten, Dinge zu tun, die ihrem Schutz, ihrem Überleben und letztlich ihrer Fortpflanzung dienten: zur rechten Zeit zu fliehen, anzugreifen, sexuell aktiv zu werden, die rechte Nahrung zu suchen und vieles mehr. Das Affektverhalten von ganzen Völkern ist möglicherweise von deren spezifischer Evolution geprägt.

Eine größere Angstbereitschaft in nördlicheren Ländern wird so darauf zurückgeführt, dass dort Ängstliche, die sich größere Vorräte anlegten, besser für das Überleben im kalten Winter gerüstet waren. (nach: Dietrich Klusmann – Warum gibt es Gefühle? Eine Einführung in die Evolutionspsychologie).

Fehlinterpretation von Affekten

Das Erleben eines Affektes ist neben der physiologischen Erregung auch von der bewussten Bewertung der Situation abhängig, in die Vorerfahrungen und bewusste Entscheidungen eingehen. Die physiologische Erregung kann auch fehlinterpretiert werden, sodass es sein kann, dass wir unsere eigenen Gefühle und die des Gegenübers falsch deuten. 

Erst die Kombination kognitiver Prozesse und physiologischer Erregung bestimmt die eigene Wahrnehmung und Deutung eines eigenen Affektes. Erst hieraus leiten sich dann Handlungen ab. Nicht immer gelingt diese eindeutige Zuordnung.

Gefühle die wir nicht einordnen können, verunsichern uns. Solche Verunsicherungen können anzeigen, dass in einer Situation tatsächlich etwas nicht stimmt, und wir uns nicht entscheiden können. Solche Verunsicherungen können jedoch auch, wenn sie anhaltend sind, Hinweis auf eine psychische Störung sein.

Affektregulation

Affektregulation
Bild: Affektregulation. An der Regulation des Affektes sind verschiedene Strukturen des Hirnstamms und Großhirns wie auch des limbischen Systems beteiligt.

Pathologische Veränderungen des Affekts

  • Affektstarre: Verminderung der affektiven Modulationsfahigkeit. Der Patient verharrt ohne Modulation, Schwingungen in bestimmten Stimmungen oder Affekten, unabhängig von der äußeren Situation, z. B. in gereizter Gehässigkeit, misstrauischer Ablehnung, depressiver Erstarrung.
  • Affektverflachung: Ein wesentliches Negativsymptom der Schizophrenie, ist die Unfähigkeit, Emotionen zu erleben oder auszudrücken. Sie manifestiert sich durch die Armut an expressiven Gesten, einen sich nicht ändernden Gesichtsausdruck, ein Fehlen an melodischen Veränderungen beim Sprechen, verminderte spontane Bewegungen, wenig Augenkontakt, verlangsamte Sprache und verstärkte Latenz der Reaktionen. Wird auch als flacher Affekt bezeichnet.
  • Inadäquater Affekt: Es besteht eine deutliche Diskrepanz zwischen affektivem Ausdruck und Inhalt von Rede und Vorstellungen.
  • Labilität: Abnorme Variabilität der Affekte mit wiederholten, schnellen und abrupten Wechseln im affektiven Ausdruck. Schneller Stimmungswechsel. Vergrößerung der affektiven Ablenkbarkeit, wobei die Affekte meist eine sehr kurze Dauer haben und vielfachen Schwankungen unterliegen bzw. in ihren ,, Vorzeichen“ wechseln. Dies unter Berücksichtigung des landesüblichen Temperamentes
  • Affektinkontinenz: Rasches Anspringen von allen Affekten, die nicht beherrscht werden können und manchmal eine übermäßige Stärke haben können.
  • Affektisolierung: Die Person begegnet emotionalen Konflikten oder inneren oder äußeren Belastungsfaktoren, indem sie bestimmte Vorstellungen von den ursprünglich mit diesen verbundenen Gefühlen trennt. Die Person verliert Berührung mit den Gefühlen, die mit einer bestimmten Vorstellung (z.B. einem traumatischen Ereignis) verbunden sind, während sie sich der kognitiven Elemente (z. B. deskriptive Details) derselben bewusst ist.