Enuresis

Enuresis = Einnässen oder nicht gewolltes Urinieren, nachts auch als Enuresis nocturna oder Bettnässen bezeichnet, tagsüber als Enuresis diurna.

Der Lernprozeß, durch den eine sichere Blasenkontrolle geübt wird, und der abgeschlossen ist, wenn keine unwillkürlichen Blasenentleerungen mehr stattfinden, kann sich über viele Jahre hinziehen. Noch im Alter von fünf Jahren sind zwischen 10 und 20% der Kinder nicht in der Lage, nächtliches Einnässen zu verhindern. Von ihnen lernen in der dann kommenden Zeit Jahr für Jahr 15%, die Entleerungsfunktion zu beherrschen. Weniger als 1% erwirbt die Kontrolle nie. Zu 75% ist eine Veranlagung für die verspätete Blasenkontrolle verantwortlich, Jungs sind 5x häufiger betroffen.

Ohne die Mechanismen, die für das verspätete Trockenwerden verantwortlich sind, im einzelnen zu kennen, gilt als ein pauschales Erklärungsmodell die Schwäche des Wechselspiels zwischen dem Stimulus, der von der Blase ausgeht, und dem kontrollierenden Sensor, der im Zentralnervensystem lokalisiert ist. Der zerebralen Komponente wird in der Übersicht des Monats besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Das nächtliche Einnässen gewinnt Krankheitswert, wenn es für die Umgebung belastend und für das Kind selbst diskriminierend wird. Auch wenn keine körperlichen Gesundheitsschäden zu befürchten sind, ergibt sich aus psychologischen und sozialen Gründen eine Behandlungsbedürftigkeit. Je nach Gewichtung der Befunde, die Bedeutung für die Manifestation der Enuresis nocturna haben könnten, werden psychologische, psychiatrische, endokrinologische und auch nephrologische Methoden eingesetzt.

Wichtigste Voraussetzung für die erfolgreiche Therapie ist die Bereitschaft des Kindes zur Mitarbeit. Die Bereitschaft gründet sich auf den unbedingten Wunsch und den Willen, das Symptom zu verlieren.

Nach den klinischen Kriterien der ICD-10 wird Enuresis F98.0 als ein unwillkürlicher Harnabgang ab einem chronologischen Alter von 5 Jahren und einem geistiges Intelligenzalter von 4 Jahre definiert. Organische Grunderkrankungen wie Epilepsie, neurologische Inkontinenz, strukturelle Veränderungen des Harntraktes, medizinische Erkrankungen müssen ausgeschlossen werden. Die Mindestdauer der Symptomatik beträgt 3 Monate, die Häufigkeit 2x pro Monat unter einem Alter von 7 Jahren und 1x pro Monat bei älteren Kindern (ICD-10 Forschungskriterien). Nach ICD-10 soll eine Enuresis bei Vorhandensein von anderen psychiatrischen Störungen und von Enkopresis nicht diagnostiziert werden. Diese Einschränkungen sind nicht sinnvoll, da dadurch die spezifische psychiatrische Komorbidität einzelner Subgruppen verloren geht. Deskriptiv wird an der Einteilung nach Tageszeit in Enuresis nocturna, diurna, nocturna et diurna festgehalten. Dagegen wird nach ICD-10 auf eine exakte Einteilung in primäre und sekundäre Formen der Enuresis nach Dauer eines trockenen Intervalls verzichtet. Auch die wichtige Differenzierung zwischen einer Enuresis und einer Harninkontinenz wird nach ICD-10 nicht vorgenommen. Enuresis bezeichnet eine normale, vollständige Blasenentleerung am falschen Platz und zur falschen Zeit. Sie tritt überwiegend nachts auf und ist tagsüber sehr selten.

Eine Harninkontinenz ist gekennzeichnet durch einen ungewollten Harnabgang mit Blasendysfunktion. Diese kann strukturell, neurogen oder funktionell bedingt sein. Bei Einnässen bei Tage sollte immer an eine organische Ursache gedacht werden. Enuresis Alarm- Systeme wie „Klingelmatratzen oder Klingelhosen sind die effektivste Behandlung, wenn genügende Kooperation der Eltern und des Kindes besteht. Desmopressin und Imipramin sind beide als medikamentöse Therapie geeignet, aber mit erheblichen Nebenwirkungen behaftet.

Bei Kindergartenkindern und Schulkindern, Empfehlungen zum Umgang mit Enuresis

  • Manche Kinder sind im Bezug auf die Kontrolle der Ausscheidungen Spätentwickler, die Kontrolle der Blasenfunktion entsteht bei ihnen später als bei anderen Kindern, wahrscheinlich (zu 75%) ist dies vererbt.
  • Bleiben Sie gelassen, drohen Sie dem Kind nicht, keine Schimpfen und Misshandeln, keine Schuldgefühle machen, keine nächtlichen Familiendramen. Dem Kind ist das Entwicklungsdefizit so peinlich wie seinen Eltern.
  • Bringen Sie dem Kind entsprechend seinem Alter und seinen Fähigkeiten bei, bei dem nächtlichen Wechsel der Bettwäsche zu helfen und dies später selbst zu übernehmen
  • Geduldige respektvolle Zusammenarbeit mit Kind ist angesagt. Lob und Belohnungen für kleine Erfolge können helfen
  • Stellen Sie ihr Kind nicht vor anderen Kindern oder Verwandten oder Bekannten bloß, Bettnässen sollte zunächst ein Familiengeheimnis sein.
  • Sorgen Sie für morgendliches Duschen oder Baden, damit das Kind in der Schule nicht nach Urin riecht .
  • Schlafhosen mit einer Alarmfunktion oder Klingel Matratzen können den Lernvorgang erheblich beschleunigen.
  • Windelhosen können Hautauschläge begünstigen.
  • Medikamente wie Desmopressin wirken, aber nur so lange sie eingenommen werden. Sie sind daher insbesondere für besondere Gelegenheiten wie Schulausflüge oder die Übernachtung bei Verwandten oder dem Schulfreund geeignet.
  • Lassen Sie das Kind früh morgens ohne Unterhose laufen und dann jeden Morgen in die Toilette urinieren.
  • Raten Sie dem Kind das Halten des Urins zu vermeiden.
  • Raten Sie dem Kind mindestens alle 2 Stunden und mehrfach am Vormittag im Kindergarten zur Toilette zu gehen, insgesamt mindestens so oft, dass in starker Harndrang und Inkontinenz vermieden wird.
  • Reden Sie mit den Erziehern, dass das Kind schnell zur Toilette darf.
  • Lassen Sie das Kind am Vormittag und frühen Nachmittag genügend trinken und fördern sie dies, schränken Sie den Flüssigkeitskonsum am Spätnachmittag und Abend etwas ein, außer das Kind treibt Sport oder schwitzt wegen der Hitze.
  • Versuchen Sie eine tägliche morgendliche Stuhlentleerung vor das Kind das Haus verlässt zu erreichen.
  • Erklären Sie dem Kind wie es eine optimal entspannte Position auf der Toilette einnehmen kann ,damit die Stuhlentleerung vollständiger und einfacher erfolgt.
  • Unterstützen Sie den Konsum von Nahrungsmitteln, die den Stuhl weicher machen.
  • Unterstützen Sie sportliche Aktivitäten des Kindes und versuchen sie langes Sitzen vor dem PC und Fernseher zu vermeiden.

 

Quellen / Literatur:

C M A Glazener, R E Peto and J H C Evans Effects of interventions for the treatment of nocturnal enuresis in children Quality and Safety in Health Care 2003;12:390-394; doi:10.1136/qhc.12.5.390 Drugs for nocturnal enuresis in children (other than desmopressin and tricyclics) (Cochrane Review Issue 4, 2003) W. Lane M. Robson, Evaluation and Management of Enuresis, N Engl J Med 2009;360:1429-36.

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur