Interozeptives System

Interozeption ist die Wahrnehmung von Innenreizen, gemeint sind Vorgänge aus dem Körperinnern. Die Wahrnehmung von Reizen aus dem eigenen Körpers ist wesentliche Voraussetzung für das subjektive Wohlbefinden. Ob man sich als gesund oder krank erlebt, hängt ebenso von der Interzeption ab, wie die Bewertung ob man sich wohl fühlt, glücklich oder unglücklich ist. Das Befinden ist dabei subjektiv. Interozeptive Wahrnehmung ermöglicht die Bildung eines Körperschemas. Die Wahrnehmung von Körpersignalen ist dabei nicht immer voll bewusst. Teilbereiche davon sind die Propriozeption gemeint die Wahrnehmung von Reizen aus dem Bereich der Haut und des Bewegungsapparats, die Viszerozeption Wahrnehmung von Körpersignalen aus den inneren Organen und die Nozizeption oder Schmerzwahrnehmung. Interozeption und die Fähigkeit hierzu ist genetisch determiniert aber durch Lernen veränderbar. Bei Menschen und Primaten gibt es eine spezielle Hirnregion, die die alle Aspekte der Homöostase aller physiologischen Zustände in allen Körpergeweben abbildet. Dieses interozeptive System hat eine autonome motorische Kontrollfunktion. Es kann vom exterozeptiven System (Hautmechanorezeption und Propriozeption) unterschieden werden, letzteres steuert die somatische Motoraktivität. Als Vorgang wird Interozeption unterteilt in Encoding = Umwandlung von Reizen (z.B. Druck, Dehnung, Wärme) an den Interozeptoren in Impulsmuster (d.h. in afferente Signale) und deren Weiterleitung („Transmission“) an das zentrale Nervensystem Awareness: Bewusstwerden der interozeptiven Prozesse im Verlauf der kortikalen Verarbeitung der afferenten Signale sowie Reporting = Verbale und/oder motorische Äußerung von interozeptiven Wahrnehmungen (Berichtsverhalten). Das primäre interozeptives System ist bei Primaten in der dorsalen posterioren Insel und bei Menschen in der rechten vorderen Insel lokalisiert, es lokalisiert genau die Körperwahrnehmungen von Schmerzen, Temperatur, Juckreiz, Berührung, muskuläre und Eingeweideempfindungen, vasomotorische Aktivität, Hunger, Durst und Lufthunger. Es bildet die Basis für das subjektive Bild des körperlichen Selbst als Gefühl der Körpereinheit und der Eigenwahrnehmung der Emotionen. Erworbene kognitive Schemata beeinflussen die Interozeption. Welche Reize dabei die Aufmerksamkeit des Bewusstseins erlangen ist abhängig von Lernprozessen und Erfahrungen. Je nach Krankheitsbild kann eine mangelhafte Wahrnehmung von Körpervorgängen oder mangelhafte Interozeption oder eine gesteigerte Interozeption (Angstkrankheiten) vorliegen. Die Überinterpretation kleiner Veränderungen mit dadurch provozierten Angstreaktionen und begleitenden körperlichen Reaktionen kommt ebenso vor, wie die verminderte Wahrnehmung und das Ignorieren von sinnvollen Alarmzeichen. Je nach Krankheitsbild kann die Interozeption damit gesteigert oder vermindert sein, entsprechend ist manchmal eine Wahrnehmungsförderung bzw. Förderung der Körperwahrnehmung und des Körpererlebens sinnvoll, manchmal hat aber auch eine verminderte Beachtung günstigere Auswirkungen.

 

Quellen / Literatur:

AD (Bud) Craig, Interoception: the sense of the physiological condition of the body, Current Opinion in Neurobiology Volume 13, Issue 4 , August 2003, Pages 500-505

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur