Nervus ischiadicus

N. ischiadicus (L4-S3) kräftigster und längster periferer Nerv. Er zieht durch die infrapiriforme Abteilung des Foramen ischiadicum majus in die Gesäßgegend und weiter zwischen Sitzbeinhöcker und großem Rollhügel (Trochanter major) zur Dorsalseite des Oberschenkels (bedeckt von den ischiocruralen Muskeln etwa in der Mittellinie des Oberschenkels) und weiter zur Fossa poplitea (Kniekehle), wo er sich in den N. tibialis und den N. fibularis (peronaeus) communis teilt. Der N. ischiadicus wird normalerweise von keinem stärkeren Blutgefäß begleitet. Innervationsgebiete: ischiocrurale Muskeln; alle Muskeln distal des Kniegelenkes. Sensibel: Unterschenkel und Fuß ohne Medialseite (Innervation durch N. saphenus aus N. femoralis). Tritt die Schädigung im Bereich des Gesäßes ein, können neben der von den Nn. peronaeus et tibialis versorgten Muskulatur auch die Kniebeuger betroffen sein. Schäden kommen durch proximale Femurfraktur, Tumorkompression, intraglutäale Injektion und Hüftoperation vor. Langes unbewegtes Sitzen auf harter, unregelmäßiger Unterlage kann zu schweren Schäden führen, wenn der Betroffene z. B. durch Rausch oder Sedation (Suizidversuch) muskulär besonders entspannt ist und unbeweglich sitzt. Scheinbar eindeutige Peronäuslähmungen sind tatsächlich nicht selten partielle Ischiadikusparesen.Spritzenlähmungen des N. ischiadicus: Am häufigsten durch Wahl der falschen Injektionsstelle. Es darf nur in das obere äußere Viertel der Gesäßmuskulatur injiziert werden. Dabei muss die Nadelführung senkrecht zur Körperoberfläche sein. Wird in die Nähe des Nerven injiziert kommt es zu einer Fremdkörperreaktion um den Nerven herum und der Nerv wird durch das narbige Bindegewebe stranguliert. Meist entsteht die Lähmung in direktem Anschluß an die Injektion. Nur bei jedem sechsten Patienten ist diese sofort von heftigen Schmerzen begleitet. Bei 10% der Patienten kommt es erst Stunden oder Tage nach der Spritze zu Lähmungen. Maximum der Lähmungen nach 1 bis 2 Tagen. Es können sich sehr intensive Schmerzen entwickeln. Neurologisch ist der peronäale Anteil des Muskels meist am stärksten betroffen. Die Schweißsekretion ist im Gegensatz zu von Bandscheibenleiden ausgehenden Lähmungen praktisch immer mitbetroffen (Ninhydrintest bringt die Klärung). Zu Beginn kann ein Versuch einer Verdünnung des Medikamentes mit 50-100ml Kochsalzlösung sinnvoll sein. Bei schweren Symptomen muss unter Umständen rasch eine operative Behandlung erwogen werden. Sehr schwere Nervenschäden können letztlich bis zur Beinamputation führen. Nikolau- Syndrom: Wird versehentlich in ein Gefäß (besonders in eine Arterie) gespritzt kann es zu einer Gewebsnekrose (Nekrose = Absterben) von Muskeln und Haut kommen. Es tritt ein intensiver Sofortschmerz auf, Schwellung, Blauverfärbung der Haut, und schließlich ein Absterben der selben. Sekundär kann es dabei sogar zu einer Schädigung des Plexus (Neven-Geflecht) lumbalis kommen. Dies ist bedingt durch Spasmen von Arterienästen im Becken sekundär zur Injektion in eine Arterie in der Gesäßmuskulatur. Fazit alles was geschluckt werden kann, sollte nicht gespritzt werden. Ischiadicuslähmungen kommen auch nach Becken- und Oberschenkelknochenbrüchen vor. Auch als Folge einer operativen Versorung solcher Brüche mit Marknageln, Hüftprothesen usw. Hier kann 6 Wochen gewartet werden ob sich Zeichen einer Besserung finden, wenn nicht muss operiert werden. Ausgedehnte Blutergüsse, Aneurismen (z.B. der A. glutealis inferior) Tumore wie Schwannome, Neurofibrome und Neurofibrosarkome kommen vor, selten auch Drucklähmungen nach langem Sitzen, Liegen unter Alkohol oder Schlafmitteleinfluß, bei Endometriose, Lipomen, versteckte ventrale Menigozelen, bei vaskulitsichen Neuropathien, bei sportlern durch Riß eines ischiokruralen Muskels, Riß des M, semitendinosus mit Muskelhernie usw.

 

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur