Krankheitstheorien

auch Krankheitskonzepte oder Laientheorien. Subjektive Krankheitstheorien lassen sich als gedankliche Konstruktionen über das Wesen, die Entstehung und Behandlung einer Erkrankung definieren. Gemeint sind subjektive Annahmen über die Ursache einer Krankheit, deren Verlauf und den dazugehörigen Heilmitteln, manchmal auch deren Sinn. Gespeist werden diese Theorien von einem Kausalitätsbedürfnis. Je nach Persönlichkeitsstruktur werden dabei die Ursachen eher bei sich oder bei der Umwelt einschließlich der anderen gesucht (internale vs. externale Attribution). Diese Zuordnung hat Konsequenzen hinsichtlich der subjektiven Einschätzung der Kontrollierbarkeit. Die Attributionstheorie und die Kontrollüberzeugung sind Bestandteile der subjektiven Krankheitstheorie. Neben der Kontrollüberzeugung kommt es auf die Annahme der (Un-)Vermeidbarkeit einer Krankheit an. In einer subjektiven Krankheitstheorie können Inkonsistenzen auftreten, d. h. auch logisch unvereinbare oder widersprüchliche Sachverhalte finden sich nebeneinander. Es liegen kognitive Dissonanzen vor, die ihrerseits einer Bewältigung bedürfen. Subjektive Krankheitstheorien weisen eine zeitliche Variabilität auf und können sich je nach dem aktuellen Erfahrungskontext ändern. Bei der Konstruktion einer subjektiven Krankheitstheorie spielen persönlichkeitsspezifische oder stereotype Merkmale eine Rolle, die durch kulturelle oder soziale Übereinkünfte geprägt sind. Diese können auch als individuelle soziale Repräsentationen oder soziale Repräsentationen verstanden werden. Individuelle soziale Repräsentationen können sich zum Beispiel in einer Ärzte-, Medizin- oder Technikgläubigkeit widerspiegeln und die Risikohaltung umfassen. Die Auseinandersetzung mit einer Krankheit löst Ängste aus, die wiederum Abwehrprozesse nach sich ziehen können, die entweder zu einer Neubewertung oder einer Abwehr führen. Eine subjektive Krankheitstheorie kann handlungsleitend für den Erfolg oder Misserfolg im Umgang mit und der Bewältigung von einer Krankheit sein. Tiefenpsychologisch orientierte Ansätze verstehen eine gebildete subjektive Krankheitstheorie hingegen eher als Ausdruck oder Resultat einer bestimmten Art einer Krankheitsbewältigung.

 

Quellen / Literatur:

Kerstin Wüstner Subjektive Krankheitstheorien PPmP Psychother Psychosom med Psychol 2001; 51, 308-319

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur