Lactose- oder Milchzuckerintoleranz

Menschen mit Lactose- oder Milchzuckerintoleranz sind wegen eines angeborenen Enzymmangels in den Mikrovilli des Dünndarms nicht in der Lage eine größere Mengen von Milchzucker zu verdauen. Die verantwortlichen Gene sind geographisch unterschiedlich verteilt, mit deutlichem Nord-Süd- und West- Ost- Gefälle (siehe Tabelle). Neben der genetisch bedingten (kongenitale und primäre adulte Form) gibt es eine sekundäre Form durch einen Schaden der Dünndarm-Schleimhaut. Das Alter des Auftretens ist regional unterschiedlich, während bei europäischen Kindern meist erst ab dem 5.Lebensjahr ein ein Laktasemangel nachweisbar ist, kann das Syndrom bei Afrikanern oder Asiaten deutlich früher auftreten. Symptome treten meist er im jungen Erwachsenenalter auf. Symptome sind meist Bauchweh, Blähungen und Durchfälle nach Einnahme von laktosehaltiger Nahrung. Wässriger Stuhl nach Konsum von Milchprodukten kommt dadurch zustande, dass der nicht wie üblich zerlegbare Milchzucker osmotisch Flüssigkeit in den Darm anzieht. Bakterien im Dickdarm zerlegen dann zwar den Milchzucker, dort kann der so zerlegte Zucker aber nicht mehr absorbiert werden. Durch die Bakterien wird dort vermehrt Gas produziert, das für die Blähungen verantwortlich ist, der zerlegte Zucker zieht noch mehr Wasser an.

Lactose- oder Milchzuckerintoleranz ist zwar häufig, dennoch hat sie auch etwas den Charakter einer Modekrankheit angenommen. Viele Erwachsenen glauben an einer Lactoseintoleranz zu leiden, obwohl sie ganz normal Michzucker verdauen können. Die Diagnose kann in der Regel durch genaue Beobachtung der Symptome in Verbindung mit der Nahrungsaufnahme gestellt werden. Alternativ ist auch ein Lactosetoleranztest oder eine Messung des Wasserstoffgehalts der Atemluft möglich (80-90% Zuverlässigkeit der Tests). Zu unterscheiden ist eine angeborene Lactose- oder Milchzuckerintoleranz von einer erworbenen sekundären bei oder nach einer Darmerkrankung. Letztere ist reversibel. Sekundäre Lactose- oder Milchzuckerintoleranz kommt beispielsweise bei Morbus Crohn und anderen entzündlichen Darmerkrankungen , Sprue, Morbus Whipple, nach fast jeder schwereren Gastroenteritis, Strahlentherapie, Chemotherapie, Parasitosen, bei schwerer Mangelernährung Kurzdarmsyndrom usw. vor. Nach Behandlung der Grunderkrankung verschwindet sie wieder bei langsamer Gewöhnung an den Milchzucker.

Symptomatisch kann das Enzym Lactase zur Nahrung hinzugegenben werden, dies gleicht allerdings den Mangel nicht ganz aus. Die meisten Menschen mit einer Lactose- oder Milchzuckerintoleranz können durchaus geringe oder mäßige Mengen an Milchprodukten verzehren ohne Symptome zu bekommen, da der Mangel selten absolut und meist nur partiell ist. Diese Menschen sollten auch regelmäßig Milchprodukte zu sich nehmen, da dadurch Mangelerscheinungen vorgebeugt werden kann. Die Toleranz von Milchzucker kann durch Adaptation gesteigert werden. Die Menge an Milchprodukuten die jemand verträgt, ist individuell einfach per Versuch und Irrtum feststellbar. Für viele Betroffene ist die Menge an Lactose in Tabletten nicht ausreichend für Symptome, im Einzelfall kann dies aber so sein. Fermentierte Milchprodukte (Käse außer Mozarella und Butter) haben einen geringen Laktosegehalt. Extrahartkäse (Sbrinz, Parmesan) und Hartkäse (Emmentaler, Greyerzer) enthalten in der Regel keine Lactose mehr. Unterschiedliche gekaufte Fertigprodukte vom Würstchen über Backwaren bis zur Suppe können unerwartet Lactose enthalten, hier muss auf die Produktbeschreibung geachtet werden. Wenn keine Milchprodukte verzehrt werden, muss auf ausreichende Kalziumzufuhr, Vitamins A und D, Riboflavin, und Phosphor geachtet werden. Eine Milchallergie ist sehr selten und hat nichts mit Lactose- oder Milchzuckerintoleranz zu tun. siehe auch Kuhmilchallergie -ein vielfältiges Krankheitsbild K.-M. Keller MID 2. Ausgabe 2003

Bevölkerungsgruppe Prävalenz des Lactosemangels(%)
Nordeuropäer 2 bis 15
Weiße Amerikaner 6 bis 22
Zentraleuropäer 9 bis 23
Inder 20 bis 70
Spanier 50 bis 80
Ashkenazi Juden 60 bis 80
Schwarze 60 bis 80
Asiaten 95 bis 100

 

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur