Sport und Depression

Menschen mit schweren Depressionen leiden oft an schweren Antriebsstörungen, dann fällt sportliche Betätigung schwer. Wenn die Antriebsstörung sehr schwer ist, ist es manchmal schon eine Leistung aufzustehen, sich zu waschen, die Zähne putzen und sich anzuziehen.

Die Empfehlung ist, in der Depression wann immer möglich aufzustehen und das morgendliche Grübeln im Bett zu unterbrechen. Ein wesentlicher Schritt nach vorne ist es bereits, täglich morgens das Haus zu verlassen. Und sei es nur um sich morgens ein Brötchen vom Bäcker zu holen. Passen Sie Ihre Ansprüche an das an, was sie in ihrem derzeitigen Zustand leisten können. 

Sport meint selbstverständlich mehr und ist für Menschen gedacht, die nicht mehr an einer schweren Depression leiden. Sport ist geplant, strukturiert, wiederholt, und zielgerichtet auf die Verbesserung und Erhaltung der körperlichen Fitness ausgerichtet. Dabei verbessert Sport auch die psychische Gesundheit.

Regelmäßige sportliche Betätigung bessert bei den meisten Menschen die Stimmung, dies gilt auch für Menschen mit Depressionen. Möglicherweise beugt Sport und Fitness sogar bis zu einem gewissen Grad Depressionen vor.

In einer großen Studie wurden 11258 Männer und 3085 Frauen, die ein Aerobics Center besuchten, nach 12 Jahren nachuntersucht. je länger die Probanden in der Lage waren auf einem Ergometer zu treten, umso geringer war die Wahrscheinlichkeit, dass sie später eine Depression entwickelten (Sui et al 2009). Diese Empfehlung in der Vorbeugung gilt auch für ältere und behinderte Menschen. Am J Epidemiol 156: 328-334.

Auch nach größeren Metanalysen gilt Sport als ein wirksames Antidepressivum (Am J Psychiatry 158:289-294, February 2001).

Andere Analysen der Datenlage bemängeln die oft schlechte Qualität der Studien zu diesem Thema, so dass keine ausreichende Aussage möglich sei (BMJ 2001;322:763). Strittig ist auch ob es nicht eine gemeinsame Anlage zur körperlichen Passivität und zu Depressionen gibt (Arch Gen Psychiatry. 2008;65(8):897-905). 

Depressionen verschlechtern die Prognose koronarer Herzkrankheiten und begünstigen allgemein vaskuläre Erkrankungen. Diese Nebenwirkung der Depression geht in hohem Maße auf die Passivität durch die Antriebsminderung zurück. Sport kann diesen Risiken entgegen wirken. Eine gesunde Lebensweise einschließlich körperlicher Aktivität fördert nicht nur die körperliche sonder auch die seelische Gesundheit (Am J Public Health, May 1, 2007; 97(5): 887 – 894. [Abstract]).

Bewegung in Maßen ist gesünder als Übertreibung. Nach einigen Studien (NEJM 2002; 347: 716-25) hat bereits forsches Spazierengehen (ohne Schweißentwicklung) eine schützenden Effekt auf das Herz, der allerdings bei steigender Betätigung ansteigt. Wer sich bewegt lebt länger und besser, bereits kurze tägliche Strecken verlängern die Lebenserwartung signifikant (NEJM 1998; 338:94-99).  Dies gilt unbegrenzt bis ins sehr hohe Alter (The Gerontologist 48:349-357 (2008)British Journal of Sports Medicine 2008;42:238-243,  Am J Epidemiol 169: 1191-1200)

Dennoch es gibt keinen Grund für zu hohe Leistungsansprüche, weder für die körperlich noch für die seelische Gesundheit. Die Hälfte aller Menschen in den Industrieländern ereicht nicht einmal das Minimum an empfohlener körperlicher Betätigung.  (Arch Intern Med 167: 2453-2460).  Einigermaßen normale Bewegung verbessert die Überlebensrate ähnlich wie wenn ein Raucher das Rauchen einstellt (BMJ 2009;338:b688).

Häufig treten im Rahmen von Depressionen auch Schmerzsyndrome auf. Bei Spannungskopfschmerzen gilt Ausdauer als die beste Vorbeugung. Bei generalisierten Schmerzen wie der Fibromyalgie oder somatoformen Schmerzstörungen gilt Sport und Bewegung als die effektivste Behandlung. Cochrane Database of Systematic Reviews 2009 Issue 2,

Bei allen Ausdauersportarten steigt die Belastbarkeit des Herzens und das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen sinkt langfristig. Damit Sie von diesem Effekt auch wirklich mit einem längerem Leben profitieren, sollten Sie vor Aufnahme einer sportlichen Aktivität sicher sein, dass Sie körperlich auch wirklich gesund sind.

Durch Sport werden die Blutgefäße elastischer, und dadurch sinkt der Blutdruck. Darüber hinaus senkt Sport den Cholesterinspiegel und reduziert so das Risiko der Arteriosklerose. Krafttraining kann die Knochen stärken: Die Knochendichte steig, und das wirkt Osteoporose und Knochenbrüchen entgegen.

Aber nicht nur den Körper macht Sport fit, er ist auch Medizin für die Seele. Sport scheint dabei sogar wirksamer als eine Gewichtsreduktion was die Herzkreislauferkrankungen betrifft. Übergewichtige, die fit sind, haben ein geringeres Herz-Kreislaufrisiko als schlanke Menschen, die körperlich nicht fit sind. Allerdings ist es einfacher fit zu sein oder zu werden, wenn das Gewicht stimmt. 

Nach dem Bundes-Gesundheitssurveys 1998 können 50% der 50- bis 59-jährigen Frauen und um 30 % der altersentsprechenden Männer keine drei Stockwerke ersteigen. Bei den 70- bis 79-Jährigen sind es 60% der Frauen und 50 % der Männern. Nur die Hälfte der 30- 59-jährigen treibt überhaupt Sport.

Mehr Bewegung ist oft einfacher zu beginnen, als an Gewicht abzunehmen, letzteres oft eine willkommene Folge von Bewegung.  Die Amerikanische Krebsgesellschaft geht sogar davon aus, dass Bewegung das Krebsrisiko reduziert.

Es wird geschätzt, dass eine Viertelmillion Amerikaner jährlich an den Folgen des Bewegungsmangels sterben. Mindestens 20 schwere und potentiell tödliche Krankheiten werden durch Bewegungsmangel begünstigt. 

  1. In der Gruppe oder mit konkreter Verabredung macht Sport mehr Spaß und die Wahrscheinlichkeit, dass Sie dabei bleiben ist wesentlich größer.
  2. Wie allgemein im Leben gilt: Setzen Sie sich Ziele, die realistisch erreichbar sind. Kleine Ziele sind realistischer, Sie können sich immer noch ein größeres Ziel stecken.
  3. Auch bisher Unsportliche können von mehr Bewegung und Sport profitieren. Im Zweifel lohnt sich immer eine fachmännische Beratung.  
  4. Neben dem Sport zur definierten Zeit ist es sinnvoll sich grundsätzlich möglichst viel zu bewegen. Also, wenn möglich Treppe statt Rolltreppe oder Aufzug, zu Fuß zum Bäcker um die Ecke oder zur Post. Bei Kurzstrecken bringt das Auto meist auch keinen relevanten Zeitgewinn.

Entdecken Sie Bewegung als angenehmen Bestandteil ihres täglichen Lebens.  Bewegung bringt auch mehr Entspannung in Ihr Leben. Sie erholen so Ihren Körper und Ihre Seele. Sport am Abend kann Schlafstörungen fördern. Der ideale Sport am Vormittag ist allerdings nicht für alle machbar. Erwarten Sie jedenfalls nicht, direkt nach sportlicher Aktivität schlafen zu können, gönnen Sie sich danach die Zeit zum Umschalten.

Je älter Sie sind (das fängt ab 30 an) und je mehr orthopädische oder Herz- Kreislauf- Risikofaktoren Sie haben um so eher sollten Sie sich vor Aufnahme eines regelmäßigen Trainings ärztlich beraten lassen. Mit Herz- Kreislauf- Risikofaktoren gemeint ist Rauchen, Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselstörung und selbstverständlich bekannte koronare Herzerkrankungen, Herzrhythmusstörungen, Schlaganfälle…..

Stellen Sie die Ausdauer (Gewichtsregulierung kommt dabei von selbst) in den Vordergrund ihrer sportlichen Bemühungen. Dies ist nicht nur für Ihr Herz- Kreislaufsystem sondern auch für die Stabilisierung Ihrer Stimmung am sinnvollsten.

Die Ausdauerleistung des Körpers wird verbessert, wenn das Herz- Kreislaufsystem über längere Zeit (>30 min) belastet wird ohne die maximale Herzfrequenz (maxHF) zu erreichen. Idealerweise mindestens 5x die Woche. Ab 3x pro Woche gibt es bereits einen eindeutig positiven Effekt auf die Belastbarkeit des Herzkreislaufsystems.

Berechnung der maximalen Herzfrequenz für Freizeitsportler: 220 minus Lebensalter = maxHF.

Idealerweise sollte der Pulswert 65-85% der maxHF erreichen, bei Anfängern 55%

Ein 40- Jähriger hat demnach eine maxHF von 180. Diesen Pulswert sollte er nicht überschreiten.

Man kann sich wenn man hier auf Nummer sicher gehen will, einen Pulsmesser kaufen. Alternativ zur Messung der Herzfrequenz könne Sie auch darauf achten, ob sie sich neben der sportlichen Tätigkeit noch bequem unterhalten können ohne aus der Puste zu kommen. Exakt individuell ist die Laktatbestimmung, mit dieser Messung der Blutmilchsäure- Konzentration lässt sich nachweisen, ob die sportliche Aktivität sich noch im aeroben Trainingsbereich bewegt.

Wirksamkeit von Sport in der Depressionsbehandlung

Die Wirksamkeit von Sport in der Depressionsbehandlung ist gut belegt. In manchen Studien schneidet Sport besser ab als Antidepressiva. Eine Wirksamkeit ist auch für bis dahin therapieresistente Depressionen bekannt. Auch dann, wenn bisher nichts geholfen hat, lohnt ein Versuch mit regelmäßigem Sport. Wenn das Training fortgesetzt wird, ist der Effekt von Sport auch anhaltend, dies ist immerhin für einen Zeitraum von 10 Monaten untersucht.   

Den besten antidepressiven Effekt hat Ausdauertraining. Ausdauertraining ist auch sonst die gesündeste Art Sport zu treiben.

Es bedarf auch nicht notwendigerweise eines finanziellen Aufwandes. Wandern, Radfahren oder Walking sind auch ohne Kosten möglich. Hier bedarf es bei vernünftigem Beginn auch am wenigsten Vorsicht hinsichtlich der Gesundheitsrisiken, die Sport auch haben kann. Sport um die Stimmung anhaltend zu verbessern, macht nur Sinn, wenn es regelmäßig durchgeführt wird. Pausen lassen den Trainingseffekt rasch schwinden. Einmal pro Woche kann den momentanen Trainings- Status halten. Einen wirklichen Trainingseffekt gibt es erst ab 2x /Woche, 3-5x /Woche sind ideal. Laufen und Schwimmen haben bezüglich des Ausdauersportes vermutlich das geringste Verletzungsrisiko.

Die Trainingsdauer sollte dabei jeweils bei 30-60 min liegen. Für den Anfänger können aber auch bereits 15 min genug sein. Wichtig ist, von Anfang an: Überfordern Sie sich nicht. Erst die Zeit oder den Umfang, dann langsam die Intensität erhöhen. Geben Sie ihrem Körper Zeit, sich an das Training anzupassen. Länger unterwegs bringt mehr als in kurzer Zeit alles zu erreichen wollen.

Eine Analyse von 25 Studien, die Sport mit keiner Behandlung oder mit etablierten Behandlungen vergleicht, kommt 2009 zu dem Ergebnis, dass Sport die Symptome der Depression bessert. Angesichts der Heterogenität der Studien lässt sich aber zur genauen Wirkstärke und dazu, welche Art von Sport am besten geeignet ist, keine sichere Aussage treffen. 

Die vorhandenen Studien lassen vermuten, dass Sport eine längere Zeit durchgehalten werden muss, um den Nutzen auf die Stimmung zu erhalten. Insgesamt ist der Effekt des körperlichen Trainings gut belegt (Cochrane Database of Systematic Reviews 2008).

Englische Leitlinien zur Depressionsbehandlung empfehlen Sportprogramme mit 3x wöchentlich 45-60 min sportlicher Aktivität zu Behandlung leichter Depressionen. Depressive Menschen sind häufig körperlich inaktiv. Körperliche Aktivität kann von den depressiven Gedanken ablenken, Fitness und das Erlernen neuer Sportarten das Selbstbewusstsein bessern. Sport kann auch neue soziale Kontakte schaffen. 

Die Endorphinausschüttung kann auch die Konzentration antidepressiv wirksamer Monoamine anheben und das Stresshormon Kortison absenken. Studien lassen vermuten, dass durch Sport neue Nervenzellen wachsen und das Überleben der Nervenzellen verlängert wird. 

Sport und mehr Bewegung im allgemeinen sind sicherlich die besten alternativen Heilmethoden überhaupt. Ihre Wirksamkeit ist auch deutlich besser belegt als die vieler teurer Präparate oder Nahrungsergänzungsmittel  aus der Apotheke oder dem Reformhaus. Die Nebenwirkungen (Verletzungsrisiko usw.) sind im Verhältnis zur positiven Wirkung sehr gering.  Die Kosten sind weniger von der Wirkung abhängig, als von Ihren Ansprüchen etwas besonderes zu tun.

Insgesamt ist Sport also eine sehr preisgünstige, effektive und nebenwirkungsarme Ergänzung der medizinischen Behandlung  vieler Krankheiten, auch von Depressionen.

Gemeinsam hält man besser durch, auch das Internet bietet hier Angebote um sich zu verabreden. z. B.: www.lauftreff.de

 Medizinsiche Infos und Expertenrat findet man auch bei der Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention e.V.  

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur